# taz.de -- Vorbereitungen auf Covid-19-Patienten: Kurzarbeit im Krankenhaus? | |
> Krankenhäuser sollen sich auf mehr Covid-19-Patient*innen vorbereiten. | |
> Dass eine Klinik nun Kurzarbeit vorbereitet, scheint nicht recht zu | |
> passen. | |
Bild: Könnten Mediziner*innen in Hamburg das Stethoskop bald an den Nagel hän… | |
HAMBURG taz | Kurzarbeit im Krankenhaus? Das klingt in den Zeiten der | |
[1][Corona-Pandemie], in der alle Ärzt*innen und Pflegekräfte gebraucht | |
werden, um die steigende Zahl der Covid-19-Patient*innen zu behandeln, | |
seltsam. Doch eine Hamburger Klinik bereitet dies Instrument für ihre | |
Angestellten derzeit vor. | |
Wie die Gewerkschaft Ver.di mitteilt, hat die Schön Klinik in | |
Hamburg-Eilbek dem Betriebsrat einen Entwurf für eine Vereinbarung über | |
Kurzarbeit vorgelegt. Die Klinikgruppe bestätigt das auf Anfrage der taz. | |
Betriebsvereinbarungen zur Kurzarbeit seien in allen Standorten vorgelegt | |
und auch beschlossen worden. Der Betriebsrat in Hamburg sei der einzige, | |
der diese noch nicht unterschrieben habe, sagt Konzernsprecherin Astrid | |
Reining. Die Klinikgruppe plane, das Kurzarbeitgeld aufzustocken, sodass | |
die Mitarbeiter*innen 100 Prozent ihres Gehaltes erhalten, „das ist in der | |
deutschen Wirtschaft die absolute Ausnahme!“ | |
Die Klinikgruppe betreibt nach eigenen Angaben Krankenhäuser an 26 | |
Standorten in Großbritannien und Deutschland. „Viele Krankenhäuser stehen | |
angesichts der derzeitigen Lage vor großen finanziellen Herausforderungen | |
und geraten in Liquiditätsengpässe“, sagt Schön-Klinik-Sprecherin Astrid | |
Reining. Kurzarbeit sei eine Maßnahme, um diese Engpässe zumindest | |
teilweise zu beheben. Sie sei aber noch nicht angemeldet, sondern nur | |
vorbereitet worden. | |
„Es geht nicht, dass dieses Unternehmen den Gewinn für sich privatisiert | |
und mögliche Verluste vergesellschaftet“, findet Hilke Stein, | |
Fachbereichsleiterin für das Gesundheitswesen bei Ver.di Hamburg. Es sei | |
skandalös, dass die Klinik überhaupt über Kurzarbeit nachdenke, „während | |
klar ist, dass medizinisches Personal speziell geschult werden muss, damit | |
es die Krise bewältigen kann.“ | |
## Appell des Bundesgesundheitsministers | |
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte die Kliniken schon am 13. | |
März gebeten, auf planbare Operationen zu verzichten, um Bettenkapazitäten | |
zu schaffen und Personal [2][für den Ernstfall] zu schulen. Er kündigte an, | |
Boni für zusätzliche Intensivbetten zahlen zu wollen, die Bundesregierung | |
werde alle entstandenen wirtschaftlichen Kosten ausgleichen. Der | |
entsprechende, seit Samstag vorliegende Gesetzentwurf sorgte jedoch für | |
harsche Kritik, auch von den Schön Kliniken. | |
Offenbar kommen auch nicht alle Krankenhäuser Spahns Wunsch nach | |
OP-Verschiebungen nach. So beschwerte sich eine Pflegekraft der Hamburger | |
Endo-Klinik, die zum Helios-Konzern gehört, [3][in der Hamburger | |
Morgenpost], in der Klinik würde „business as usual“ betrieben. In einem | |
Schreiben an die Mitarbeiter*innen soll die Geschäftsführung das damit | |
gerechtfertigt haben, dass die Klinik als „orthopädisches Elektivhaus“ | |
nicht Bestandteil der Katastrophenplanung der Stadt sei. | |
Auch die Hamburger Asklepios-Kliniken fahren elektive Operationen offenbar | |
nicht komplett herunter. In einem Schreiben an Mitarbeiter*innen vom 16. | |
März, das der taz vorliegt, heißt es, elektiven Patient*innen werde nicht | |
pauschal abgesagt. Gemäß der Aufforderung der Bundesregierung würden die | |
internistischen Intensivkapazitäten sukzessiv geräumt. Abgesagt würden nur | |
nicht notwendige elektive Operationen, die absehbar eine intensivpflichtige | |
Betreuung nach sich ziehen. Bei Ausweitung der Lage werde man die | |
Beatmungskapazitäten ausbauen und zusätzliche Intensivbetten bereitstellen. | |
Kai Hankeln, Vorstandschef des Asklepios Konzerns, reagierte auf Spahns | |
ersten Gesetzentwurf mit Unverständnis dafür, dass der Minister „in der | |
historischen Krise nicht alles daransetzt, das Gesundheitssystem in | |
Deutschland sturmfest zu machen“. Kurzarbeit, Massenentlassungen und | |
Insolvenzen seien mit dem Entwurf in vielen Krankenhäusern unabwendbar. | |
Auch Jörn Wessel, Vorsitzender der [4][Hamburgischen | |
Krankenhausgesellschaft], in der 35 öffentliche und private Kliniken | |
Hamburgs zusammengeschlossen sind, kritisierte: „Eine erbsenzählerische, | |
kleinkrämerische Erweiterung eines an sich schon dysfunktionalen | |
Finanzierungssystems ist das Gegenteil von dem, was Krankenhäuser jetzt | |
brauchen.“ | |
Bund und Länder haben inzwischen Änderungen am Gesetzentwurf vorgenommen, | |
der am heutigen Montag ins Bundeskabinett kommt. Die Deutsche | |
Presse-Agentur berichtet unter Berufung auf Regierungskreise, Kliniken | |
sollten für jedes Bett, das wegen der Verschiebung planbarer Behandlungen | |
erst einmal frei bleibt, 560 Euro pro Tag erhalten. Ursprünglich waren 410 | |
bis 540 Euro je nach Klinikgröße geplant gewesen. Für jede neue | |
intensivmedizinische Einheit mit Beatmungsmaschine sollen die Kliniken | |
50.000 statt wie zunächst geplant 30.000 Euro erhalten. Befristet für acht | |
Wochen soll ein Zuschlag je Patient in Höhe von 50 Euro gezahlt werden. | |
In der Eilbeker Schön Klinik scheint die „finanzielle Herausforderung“ | |
nicht deshalb zu bestehen, weil man freiwillig auf Operationen verzichtete. | |
Patient*innen hätten in den letzten Tagen viele Operationen und | |
Behandlungen abgesagt, so die Sprecherin. Auf die Frage, ob in Hamburg auf | |
elektive Operationen und Aufnahmen verzichtet werde, antwortet sie, man | |
halte sich an die Vorgaben und Richtlinien der Standorte. | |
## Hamburg spricht nur Empfehlung aus | |
Doch genau die gibt es in Hamburg nicht. Auf planbare Operationen zu | |
verzichten, ist hier lediglich eine Empfehlung. Anders beispielsweise in | |
Schleswig-Holstein, wo ein entsprechender Erlass gilt. | |
„Mein Eindruck ist, dass die Kliniken insgesamt in Hamburg ihre elektiven | |
Eingriffe bislang zögerlich herunterfahren“, sagt Hilke Stein von Ver.di. | |
Ihrer Meinung nach müsse das konsequenter passieren, damit sich das | |
Personal auf das vorbereiten kann, was da kommt. | |
Laut Schön-Klinik-Sprecherin Reining arbeitet die Klinik in Eilbek gerade | |
daran, ihre Intensivkapazitäten auszubauen, sie spricht von einer | |
Vervierfachung der Bettenzahl auf der interdisziplinären Intensivstation | |
von acht auf 32. Außerdem werde Personal umgeschichtet und im Umgang mit | |
Beatmungsgeräten geschult. | |
Die Vereinbarung zur Kurzarbeit betreffe insbesondere Mitarbeiter*innen aus | |
den medizintechnischen und administrativen Bereichen, beispielsweise der | |
Cafeteria. Prinzipiell könnten aber alle Mitarbeiter*innen, also auch | |
medizinisches Personal, von Kurzarbeit betroffen sein. „Wir werden diese | |
Entscheidungen, wen es letztlich betrifft, erst dann treffen können, wenn | |
es soweit sein sollte“, sagt Reining. | |
22 Mar 2020 | |
## LINKS | |
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[2] /Corona-in-Norditalien/!5669311 | |
[3] https://www.mopo.de/hamburg/trotz-corona-business-as-usual-in-der-endo-klin… | |
[4] https://www.hkgev.de/mitteilungsanzeige/schutzschirm-krankenhaeuser-covid-1… | |
## AUTOREN | |
Marthe Ruddat | |
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