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# taz.de -- Private Kliniken in der Coronakrise: Kurzarbeit? Lieber doch nicht
> Die Asklepios-Kliniken im Harz sind von Konflikten gebeutelt. Die
> wochenlange Debatte um Kurzarbeit belastet die Mitarbeiter:innen
> zusätzlich.
Bild: Aus der Ruhe vor dem Sturm ist in vielen Kliniken Leerlauf geworden
Hannover taz | Ein Schritt vor und zwei zurück: Nach diesem alten Lied
sieht das aus, was Asklepios in seinen Harzer Kliniken zur Kurzarbeit
veranstaltet. [1][Dabei ist das Hamburger Unternehmen nicht der einzige
private Klinikbetreiber,] der versucht, alle Mittel auszuschöpfen, um in
der Coronakrise drohende Verluste zu minimieren.
Im Harz betreibt Asklepios gleich zwei Klinikverbände: Die
Schildautal-Kliniken mit Sitz in Seesen und die Harzkliniken mit ihrem
Hauptsitz in Goslar. Schon vor der Coronakrise gab es bei beiden Konflikte,
die immer wieder für öffentliche Unruhe sorgten.
Im Fall der Harzkliniken gibt es gerichtliche Auseinandersetzungen um den
Standort Clausthal-Zellerfeld – und zwar sowohl mit dem Verband der
Ersatzkassen als auch mit dem Landkreis. Die Ersatzkassen hatten versucht,
den Versorgungsvertrag zu kündigen – zum ersten Mal in ganz Niedersachsen –
weil sie durch den Rückbau des Standortes die Patient:innenversorgung nicht
mehr vollumfänglich sichergestellt sahen. Sie unterlagen aus formalen
Gründen in der ersten Instanz, jetzt liegt der Fall beim
Oberverwaltungsgericht.
Der Landkreis wiederum sieht die Verpflichtungen aus dem
Privatisierungsvertrag verletzt, auch dieses Verfahren ist noch nicht
abgeschlossen. Bei den Schildautal-Kliniken hingegen eskalierte ein
Tarifkonflikt mit Ver.di über Monate hinweg, gestritten wurde darum, wer
überhaupt am Verhandlungstisch Platz nehmen dürfte und wie die
Notdienstvereinbarungen an den Streiktagen aussehen müssten – bis Corona
für eine Gefechtspause sorgte.
## „Das Vorgehen macht keinen Sinn“
Mitte März machte nun der empörte Marburger Bund öffentlich, dass Asklepios
wohl in beiden Klinikverbänden Kurzarbeit anstrebt. In Seesen habe der
Betriebsrat schon einer Rahmenvereinbarung zugestimmt, in Goslar werde noch
verhandelt, meldete der Ärzteverband.
„[2][Das Vorgehen macht] absolut keinen Sinn, ist geringschätzend und
demoralisierend“, kritisierte der stellvertretende Vorsitzende des
Marburger Bundes Niedersachsen, Andreas Hammerschmidt: „Wir brauchen in
dieser Situation alle Beschäftigten. Alles andere ist unverantwortlich.“
Die öffentliche Empörung folgte prompt. Asklepios verteidigte sich damit,
dass es dem Unternehmen hier vor allem um die Beschäftigten der Rehaklinik
gegangen sei. Und da wird es kompliziert: Die Asklepios-Klinik Schildautal
umfasst nämlich sowohl ein Akutkrankenhaus als auch eine Rehaklinik – und
für die gelten beim Rettungsschirm des Bundesgesundheitsministeriums
unterschiedliche Spielregeln.
Während es [3][im normalen Klinikbetrieb für jedes] freigehaltene Bett 560
Euro pro Patient:in und Tag gibt, sind bei den Rehakliniken nur 60
Prozent der Tagespauschale als Ausgleich vorgesehen. Den Rest müsste man
über Kurzarbeit kompensieren, dass sei vom Gesetzgeber ja auch so
vorgesehen, betonte Vorstandsvorsitzender Kai Hankeln auf der
Jahrespressekonferenz des Konzerns am vergangenen Donnerstag in Hamburg
noch einmal.
Und selbst das, versichert der für die Harzer Kliniken zuständige
Pressesprecher Ralf Nehmzow, sei ja nur Ultima Ratio und man würde
natürlich alles versuchen, um sie zu vermeiden und erst einmal Überstunden
abbauen.
## Verhandlungen werden auf später verschoben
Dem wiederum widersprechen die Gewerkschafter:innen vor Ort. In Seesen
seien Kolleg:innen in der Probezeit oder mit befristeten Verträgen massiv
unter Druck gesetzt worden, um die Betriebsvereinbarung durchzuboxen, sagt
der zuständige Ver.di-Sekretär Jens Havemann.
Details hätten dann allerdings noch ausgehandelt werden müssen – und zwar
für jede Abteilung einzeln. Diese Verhandlungen habe der Konzern –
möglicherweise aufgrund der öffentlichen Reaktionen – aber genauso liegen
gelassen, wie die weiteren Verhandlungen um eine Betriebsvereinbarung für
den anderen Klinikverbund, die Harzkliniken in Goslar. Dort gibt es immer
noch keine Rahmenvereinbarung.
Auch die Politik hat mittlerweile reagiert. Sowohl Bundesarbeitsminister
Hubertus Heil als auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn haben in der
vergangenen Woche klargestellt, dass nur eines gehen soll: Entweder Gelder
aus dem Rettungsschirm oder Kurzarbeitergeld für die Mitarbeiter:innen.
Wie sich das im Einzelnen bei den Unternehmen auswirkt, muss sich aber erst
noch herauskristallisieren. Bisher gibt es nicht einmal einen Überblick
darüber, wie viele Kliniken ihre Mitarbeiter:innen am Ende tatsächlich in
Kurzarbeit geschickt haben. Das ist nämlich ein kompliziertes, mehrstufiges
Verfahren – und möglicherweise hat nicht nur Asklepios es vorsorglich
eingeleitet, dann aber auf halber Strecke aufgegeben.
Nachdem der Bundesgesundheitsminister in der vergangenen Woche nun eine
schrittweise Rückkehr zum Normalbetrieb in Kliniken in Aussicht gestellt
hat, dürfte der Bedarf auch noch einmal sinken.
## Kurzarbeit als Deckmantel für Rufbereitschaft?
Der Marburger Bund will dennoch weiter ein wachsames Auge auf diesen
Bereich haben: „Mitglieder unseres Landesverbandes aus verschiedenen
Häusern kommen mit zum Teil sehr fragwürdigen Auslegungen des Begriffs der
Kurzarbeit durch ihre Arbeitgeber auf uns zu. So scheint Kurzarbeit
mancherorts beispielsweise als Deckmantel zu dienen, um eine kostengünstige
24/7 Rufbereitschaft zu generieren“, kritisiert Hans Martin Wollenberg vom
Marburger Bund Niedersachsen.
Der Ärzteverband führt eine länger werdende Liste mit Kliniken, die
Kurzarbeit anstreben oder eingeführt haben. Auffällig daran: Sie versammelt
fast ausschließlich private Klinikkonzerne, darunter große Namen wie
Paracelsus, Asklepios, die Schön-Kliniken und die Marienhausholding.
Einzige Ausnahme in öffentlicher Hand: Die Kreiskrankenhäuser Schleiz und
Greiz in Thüringen. Die waren allerdings auch schon vor Corona in
erheblichen finanziellen Schwierigkeiten.
3 May 2020
## LINKS
[1] /Kliniken-in-der-Coronakrise/!5678773&s=Kurzarbeit/
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[3] /Weniger-Patientinnen-in-der-Notaufnahme/!5674848&s=Asklepios/
## AUTOREN
Nadine Conti
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