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# taz.de -- Kliniken in der Coronakrise: Nur kurz im Krankenhaus
> Während einer Pandemie hat das medizinische Personal alle Hände voll zu
> tun. Trotzdem melden manche Kliniken Kurzarbeit an.
Bild: Durch die Coronakrise schrumpfen die Umsätze der Krankenhäuser
Berlin taz | Kurzarbeit in Krankenhäusern – ein seltsames Phänomen, wenn
zur gleichen Zeit [1][eine Pandemie grassiert]. Und doch reduzieren manche
deutschen Kliniken derzeit Arbeitszeit und Gehalt ihres Personals. Um die
Einbußen der Beschäftigten aufzufangen, beantragen sie außerdem
Kurzarbeitergeld bei der Bundesagentur für Arbeit – was die Politik so
eigentlich nicht geplant hatte.
„An einigen Standorten befindet sich ein Teil unserer Mitarbeiter in
Kurzarbeit“, sagt Astrid Reining, Sprecherin der Schön Klinik. Das private
Unternehmen betreibt Krankenhäuser unter anderem in Bayern, Hamburg, Hessen
und Nordrhein-Westfalen.
Die Sprecherin der Paracelsus-Kliniken, die es unter anderem in Bremen,
Niedersachsen und Sachsen gibt, schreibt: „Derzeit sind an allen Standorten
und in der Unternehmenszentrale Mitarbeiter in Kurzarbeit.“ Bei der
kirchlichen Marienhaus-Gruppe mit Kliniken in Rheinland-Pfalz und weiteren
Regionen heißt es, man prüfe, ob Kurzarbeit nötig sei.
Zu Umfang der Arbeitsreduzierung, Zahl der betroffenen Mitarbeiter*innen
und regionaler Verteilung wollen die Unternehmen keine Angaben machen. Auch
der Deutschen Krankenhausgesellschaft „liegen keine Daten“ vor. Für ein
flächendeckendes Phänomen hält man die Kurzarbeit in Kliniken aber dort
nicht.
## Fachkräftemangel einerseits, Kurzarbeit andererseits
Trotzdem kritisiert etwa [2][die Niedersächsische Pflegekammer], ein
Berufsverband für Heilberufe in der Pflege, die „paradoxe“ Situation.
Während „Pflegeheime und ambulante Dienste dringend nach professioneller
Unterstützung suchen“, würden Krankenhäuser ihre Beschäftigten nach Hause
schicken. Fachkräftemangel einerseits, Kurzarbeit andererseits – das passe
nicht zusammen.
Und die Ärztevereinigung Marburger Bund bemängelt: „Es besteht keine
Notwendigkeit, dass Kliniken Kurzarbeit anmelden.“ Die Krankenhäuser
sollten besser zunächst die „65 Millionen Überstunden“ ausgleichen, die
Klinikärzt*innen pro Jahr leisteten.
Die Unternehmen sehen das anders. Sie verweisen auf die Vorschriften der
Bundesregierung, normale Behandlungen und Operationen zu verschieben sowie
Intensivabteilungen für den [3][befürchteten Corona-Ansturm] in Reserve zu
halten. Deshalb „beträgt die durchschnittliche Belegung der
Akutkrankenhäuser bei Paracelsus derzeit etwa 35 Prozent“, so Schmeling.
„Rehakliniken des Unternehmens sind im Durchschnitt nur zu etwa 20 Prozent
ausgelastet. Einzelne Kliniken mussten komplett von der Versorgung
abgemeldet werden, dort finden derzeit überhaupt keine Behandlungen statt.“
## Streit mit der Bundesagentur
In ihrem Krankenhaus-Entlastungsgesetz hat die Regierungskoalition den
Medizinfirmen zwar garantiert, dass sie für jedes nicht belegte Bett eine
Pauschale in Höhe von 560 Euro pro Tag erhalten. Dieser Unkostenbeitrag
reiche jedoch nicht aus, um die Umsatzausfälle vollständig auszugleichen,
sagen die Kliniken. Zur Kritik am Fachkräftemangel heißt es, durchaus
stelle man Beschäftigte derzeit auch anderen Einrichtungen zur Verfügung,
wenn sie dort dringend gebraucht würden. Am augenblicklichen
Personalüberhang in den Akutkrankenhäusern ändere das aber nichts.
Dass [4][Krankenhäuser Kurzarbeit anmelden] und dafür auch noch
Kurzarbeitergeld bekommen, will die Bundesregierung eigentlich vermeiden.
Die Bundesagentur für Arbeit, die den Lohnersatz für die Beschäftigten
auszahlt, hat sogar eine Weisung herausgegeben: „Für die Gewährung“ von
Kurzarbeitergeld „ist kein Raum“, wenn die Kliniken „eine Ausgleichszahlu…
für die Verschiebung von Operationen etc. erhalten“.
Warum aber beantragen manche Firmen die Leistung dann doch? Die Schön
Klinik will „zu detaillierteren innerbetrieblichen Vorgängen keine
Auskünfte erteilen“. Paracelsus sagt: Zwar seien Beschäftigte in
Kurzarbeit, doch das Unternehmen erhalte „derzeit kein Kurzarbeitergeld“.
Sowohl bei den Unternehmen als auch der Bundesagentur lässt sich
heraushören, dass der strittige Sachverhalt noch nicht geklärt ist.
Bei der Lösung könnte die Ansage von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU)
helfen, ab Mai wieder mehr planbare Operation zuzulassen. Dann brauchen die
Kliniken ihr Personal wohl wieder im Normalbetrieb.
29 Apr 2020
## LINKS
[1] /Corona-Pandemieplaene/!5670089
[2] /Corona-Vorbereitungen-in-Norddeutschland/!5669097
[3] /Karl-Lauterbach-ueber-Covid-19/!5678392
[4] /-Corona-News-vom-28-April-/!5681895
## AUTOREN
Hannes Koch
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