Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Weniger Patient*innen in der Notaufnahme: Angst vor dem Virus in de…
> Ärzt*innen fürchten, dass Menschen aus Angst vor einer Corona-Infektion
> wichtige Behandlungen vermeiden. Notaufnahmen sind deutlich leerer als
> sonst.
Bild: In der Notaufnahme ist es derzeit ruhiger als sonst: Das Universitätskli…
Hamburg taz | Die Notaufnahmen einiger Krankenhäuser sind derzeit offenbar
verdächtig leer. Ärzt*innen befürchten deshalb, dass sich Menschen, die
unabhängig von der Pandemie krank werden, aus Angst vor einer
[1][Corona-Infektion] keine Hilfe im Krankenhaus suchen und sich damit in
Lebensgefahr begeben.
Am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE) beispielsweise verzeichnet
die Notaufnahme derzeit mehr als 50 Prozent weniger Fälle als
normalerweise, wie dessen Leiter Ulrich Mayer-Runge sagt. So sei die Zahl
derer zurückgegangen, die bisher trotz weniger dringender Beschwerden in
die Notaufnahme kamen. Es gebe auch deutlich weniger unfallchirurgische
Notfälle, also Patient*innen, die beispielsweise einen Autounfall hatten.
Zudem kämen weniger ältere Menschen mit typischen Problemen wie
Harnwegsinfekten oder mangelnder Flüssigkeitsaufnahme in die Notaufnahme,
sagt Mayer-Runge. Dies gelte auch für Menschen mit chronischen Krankheiten,
die sich akut verschlechtert hätten. Derzeit würden in den Kliniken zwar
noch nicht vermehrt Menschen behandelt, die eine notwendige Therapie
hinausgezögert hätten, „jedoch rechnen wir in den kommenden Wochen damit,
spätestens bei einem deutlichen Abflauen der Corona-Erkrankungen.“
Auch die Zahl der Herzinfarkt-Patient*innen hat am UKE abgenommen. „Wir
behandeln normalerweise jeden Tag zwei bis vier Patienten mit einem
Herzinfarkt“, sagt Stefan Blankenberg, Klinikdirektor des Herzzentrums. „Im
Moment ist es etwa jeden zweiten Tag einer, maximal zwei.“ In den letzten
Tagen bis Wochen habe das Herzzentrum 60 bis 70 Prozent weniger
Patient*innen aus der Notaufnahme übernommen.
„Es fügt sich ein Bild zusammen, das mich extrem sorgenvoll stimmt“, sagt
Blankenberg. Bei Herzkrankheiten steige das Risiko, je länger eine Therapie
abgewartet werde.
Der Direktor der Klinik für Neurologie am UKE, Christian Gerloff,
berichtet, dass vor allem Patient*innen mit vorübergehenden Symptomen eines
Schlaganfalls oder mit leichteren Schlaganfällen derzeit seltener seien.
„Dabei haben diese Patienten viel zu verlieren, da vorübergehende oder
leichte Symptome Vorboten eines schwereren Schlaganfalls sein können“, sagt
Gerloff.
Die Ärzt*innen des UKE teilen ihre Sorge mit Mediziner*innen der Hamburger
Asklepios Kliniken. „Wir haben weniger Patienten mit Schlaganfall, mit
Herzinfarkt oder Beschwerden, bei denen dann in der Klärung der Ursache
eine Tumorerkrankung festgestellt wird“, sagt Dirk Arnold, Ärztlicher
Leiter des dortigen Tumorzentrums.
Dass diese Krankheiten plötzlich einfach weniger würden, sei
unwahrscheinlich. „Deshalb müssen wir davon ausgehen, dass Menschen zu
Hause bleiben und eventuelle Beschwerden einfach aussitzen“, sagt Arnold.
„Das ist fatal, Krankheiten lassen sich nicht aussitzen.“
Es werde immer abgewogen, ob eine Therapie verschiebbar sei oder nicht,
sagt Arnold. „Die wichtigste Frage dabei ist: Verändert sich die Prognose,
wenn eine Behandlung um zwei oder drei Monate verschoben wird.“ Arnold
glaubt, dass die rückläufigen Patient*innenzahlen auf Angst zurückzuführen
sind. „Das ist zum einen die Angst vor einer eigenen Infektion,
andererseits vielleicht auch die Angst in so katastrophale Zustände zu
kommen, wie man sie im Fernsehen aus New York [2][oder Italien] sieht“,
sagt er.
Über solche Ängste berichten auch Beratungsstellen. Die
[3][Patientenberatung Hamburg] erhält nach Angaben einer Sprecherin der
Ärztekammer, die das Angebot gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung
betreibt, vermehrt „Anfragen von Patient*innen, die sich fragen, ob sie
eine vorgesehene Behandlung absagen oder verschieben sollen“. Dabei gehe es
meist um Behandlungen, die auch später durchgeführt werden könnten.
„Viele sagen, sie hätten Angst vor einer Ansteckung“, sagt die Sprecherin.
„Manche äußern auch die Sorge, dass die Versorgung im Krankenhaus oder
danach nicht sichergestellt sein könnte, weil Kapazitäten für
Corona-Patient*innen freigehalten werden müssen.“
Dass sich auch umgekehrt Menschen melden, bei denen das Krankenhaus eine
Behandlung abgesagt hat, und die Patient*innen deshalb unglücklich seien,
weil sie sich fragten, ob diese nicht trotzdem wichtig sei, berichtet
Miriam Mailahn, Ärztin bei der [4][Unabhängigen Patientenberatung
Deutschland (UPD)].
## Bei Symptomen unbedingt Hilfe suchen
Menschen mit klaren Hinweisen auf Notfälle wie Brustschmerzen würden sich
selten bei der UPD melden. Doch auch sie bestätigt, dass Anrufer*innen beim
Gang in die Klinik zögern: Beispielsweise habe eine Frau angerufen, die
gestürzt war und starke Schmerzen gehabt habe. „Sie wollte aber nicht ins
Krankenhaus, aus Angst, sich mit Corona zu infizieren“, sagt Mailahn. „Auch
Angehörige melden sich, weil ihre Verwandten starke Beschwerden haben, aber
wegen Corona nicht ins Krankenhaus wollen.“ Die UPD rate den Menschen, sich
wie sonst auch schnell ärztliche Hilfe zu suchen, wenn sie das Gefühl
haben, ein Notfall zu sein.
Und auch die Klinikärzte betonen, dass die Versorgung von Patient*innen
ohne Corona gewährleistet sei, und [5][appellieren an die Menschen], sich
bei entsprechenden Symptomen unbedingt Hilfe zu holen und behandeln zu
lassen.
„In der Klinik sind sämtliche Vorkehrungen getroffen, um Patienten vor
einer Infektion zu schützen“, sagt Arnold aus der Asklepios Klinik. Auch
UKE-Arzt Blankenberg meint, man brauche keine Angst zu haben, sich im
Herzzentrum mit Corona anzustecken. Die Versorgung von Covid-Patient*innen
erfolge räumlich getrennt.
9 Apr 2020
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746
[2] /Auf-einer-Intensivstation-in-Bergamo/!5676117
[3] https://www.patientenberatung-hamburg.de/
[4] https://www.patientenberatung.de/de
[5] https://www.uke.de/allgemein/presse/pressemitteilungen/detailseite_92676.ht…
## AUTOREN
Marthe Ruddat
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Hamburg
Krankenhäuser
Notaufnahme
UKE
Asklepios
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
American Pie
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Private Kliniken in der Coronakrise: Kurzarbeit? Lieber doch nicht
Die Asklepios-Kliniken im Harz sind von Konflikten gebeutelt. Die
wochenlange Debatte um Kurzarbeit belastet die Mitarbeiter:innen
zusätzlich.
Ermittlungen wegen Corona am UKE: Meldepflicht versäumt?
Nach den Corona-Infizierungen auf der Krebsstation des
Universitätsklinikums Eppendorf sieht die Staatsanwaltschaft Hinweise auf
Straftaten.
Corona-Ansteckung in Hamburg Uniklinik: Virus auf der Krebsstation
In der Abteilung für Krebskranke des Hamburger Universitätsklinikums sind
mehrere Menschen mit Covid-19 infiziert. Wie konnte das passieren?
Kritik an privilegierten US-Sportlern: Die Ellenbogen-Sache
Im US-Sport wird über unsinnige Operationen in Zeiten des Notstands
diskutiert, vor allem aber über Pitcher Noah Syndergaard.
Gebären in Corona-Zeiten: Mutterseelenallein im Kreißsaal
Einige Kliniken wollen bei der Geburt keine Begleitperson mehr zulassen.
Für Schwangere ist das beängstigend – auch weil es an Hebammen fehlt.
Strategiepapier des Innenministeriums: Schockwirkung erwünscht
Im Kampf gegen Corona setzt das Ministerium Horst Seehofers auf Massentests
und Tracking. Und auf eine härtere Kommunikationsstrategie.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.