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# taz.de -- Abgesagte Fußball-EM: Die Hackordnung
> Corona hin oder her: Wenn die Männer für ihre EM einen neuen Termin
> suchen, haben die Fußballkonzerne Vortritt.
Bild: Schon in großer Zahl produziert: Bälle der verschobenen Fußball-EM der…
Als die paar Dutzend Herren, die sich für die Personifizierung des
europäischen Fußballs halten, am Dienstag ihre Videokonferenz beendet und
die [1][Verschiebung der Europameisterschaft] von diesem auf den nächsten
Sommer verkündet hatten, da war viel von „Alternativlosigkeit“ die Rede.
Mag sein, [2][die Coronakrise] duldet ja wirklich keinen Aufschub mehr beim
„social distancing“. Aber dafür, dass anscheinend keine andere Entscheidung
möglich war, hat sich der europäische Fußballverband Uefa bemerkenswert
lange gegen sie gesträubt. Das liegt daran, dass es ihm nicht um den
Gesundheitsschutz in den Stadien ging, sondern darum, wie die jeweiligen
Akteure – Verbände, nationale Ligen, Klubs – durch die Krise kommen und
vielleicht noch, kleiner Krisengewinn, danach noch besser aufgestellt sind.
Die [3][EM gehört zu den Goldeseln der Uefa], mit Verkauf von Fernseh- und
Sponsorenrechten wurde sie reich. Große Klubs wie der FC Liverpool, Bayern
München oder Paris Saint-Germain machen mit einer EM kein Geld. Für die
gibt es die Uefa Champions League, bei der 2019 über 2 Milliarden Euro an
die Klubs ausgeschüttet wurden. Dennoch drohen die Großen der Branche immer
wieder damit, eine eigene Liga zu organisieren, um noch mehr zu kassieren.
Für die Spitzenklubs gibt es zudem ab 2021 die neue Klub-WM der Fifa – mit
1 Milliarde Dollar Preisgeld.
Um beim Reibach mitzumachen, hat die Uefa vor nicht allzu langer Zeit die
Nations League für Auswahlteams eingeführt. Damit hat sie aktiv dazu
beigetragen, dass der internationale Fußballterminkalender voller und
voller und sportlich eigentlich nicht mehr vertretbar ist: WM und EM mit
immer größeren Teilnehmerfeldern, Champions und Europa League, Klub-WM und
Nations League, Liga- und Pokalwettbewerbe, dazu noch PR-Spiele auf
Kontinenten, die für den Fußball-TV- und Merchandising-Markt erschlossen
werden sollen.
Diese unglaubliche Fülle an Terminen wäre dem Profifußball wegen der
Coronakrise nun beinah um die Ohren geflogen: Rückt die EM nämlich ins
nächste Jahr, muss die Fifa-Klub-WM, die genau dann stattfinden sollte,
umplanen. Zudem gibt es Terminprobleme mit der gleichfalls für den Sommer
geplanten Frauen-EM und der U21-EM.
Das ist der Kern der Uefa-Entscheidung vom Dienstag: Wenn der Männerfußball
für seine EM einen neuen Termin sucht, müssen alle anderen weichen. Die
Hackordnung lautet: Am wichtigsten sind die großen Fußballkonzerne; danach
kommen Uefa und Landesverbände mit ihren Nationalmannschaften; dann der
Rest mit Frauen, Jungen, Mädchen. Und an weitere gesellschaftliche Gruppen,
die auch Fußball spielen, wird wie selbstverständlich gar nicht mehr erst
gedacht, denn die rechnen sich nicht.
Nach der EM- kommt die Olympiadebatte. Noch heißt es, die Spiele im Sommer
fänden in Tokio statt. Aber noch tüftelt das IOC ja sehr ähnlich an der
Rettung seines Geschäftsmodells, wie es die Uefa schon getan hat.
18 Mar 2020
## LINKS
[1] https://de.uefa.com/insideuefa/news/newsid=2641070.html
[2] /Corona-Ausgangssperre-in-Frankreich/!5672039
[3] /Verlegung-der-Fussball-EM/!5672165
## AUTOREN
Martin Krauss
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