| # taz.de -- Fußball-EM der Frauen: Solidarität? Denkste! | |
| > Der Fußball sortiert sich in der Krise neu. Dabei müssen die Frauen der | |
| > Männer-EM weichen und werden weiter an den Rand der Aufmerksamkeit | |
| > gedrückt. | |
| Bild: Eingeholte Fahne: die Frauen-EM muss – na klar – den Männern weichen | |
| Das Coronavirus hat die Männerfußball-EM in diesem Jahr zunichte gemacht. | |
| Die Männerfußball-EM hat die Frauenfußball-EM im nächsten Jahr zunichte | |
| gemacht. So kann man die Geschehnisse der letzten Tage knapp und ungeschönt | |
| zusammenfassen. | |
| So viel Ernüchterung muss schon sein angesichts der vielen blumigen und | |
| salbungsvollen Worte, die derzeit vorgetragen werden. Die Uefa etwa pries | |
| ihre eigene Opferbereitschaft und teilte mit, „in einer einzigartigen | |
| Solidaritätsaktion“ habe man den nationalen Männer-Wettbewerben Vorrang | |
| eingeräumt und die [1][Männer-EM auf 2021 verschoben]. | |
| Dass man dafür den Platz der Frauen-EM freiräumen musste, offenbarte mehr | |
| oder weniger erst der letzte kleine Satz am Ende der [2][Mitteilung]: | |
| „Entscheidungen über die Termine anderer Klub- und | |
| Nationalmannschaftswettbewerbe der Männer und Frauen werden zu gegebener | |
| Zeit bekanntgegeben.“ | |
| Enthaltsamkeit will sich plötzlich auch [3][Fifa-Präsident Gianni | |
| Infantino] auf die Fahnen schreiben. Er bezeichnete die Epidemie als | |
| Chance, den Fußball zu verändern. Zur Sicherheit flocht er noch das Wort | |
| „vielleicht“ ein. Der notorische Turniererfinder und -erweiterer dachte | |
| laut über „einen Schritt zurück“ nach. Weniger könnte mehr sein, so seine | |
| neue Einsicht. Vielleicht. Und auch Uli Hoeneß, der ehemalige Lenker vom | |
| millionenschwersten Fußballunternehmens Deutschlands, tat seine Gedanken | |
| von einem weniger kapitalistischen und solidarischeren Fußball nach der | |
| Coronakrise kund. | |
| Grundsätzlich sind Zäsuren ein guter Nährboden für große Vorsätze und | |
| tatsächlich auch auf für einen Neuanfang. Doch die ersten Entscheidungen | |
| der großen Fußballfunktionäre bilden lediglich alte Verhaltensmuster ab. | |
| ## Vertane Chance | |
| Dabei hätte die Uefa die Chance gehabt, zu zeigen, dass ihre im Sommer 2019 | |
| vorgestellte Strategie für den Frauenfußball mit dem Titel „Zeit zu | |
| handeln“ mehr als nur ein Papier ist. Dass der darin enthaltene Appell, | |
| „das Wohlergehen des europäischen Fußballs insgesamt im Blick zu halten“ | |
| mit Leben gefüllt werden kann. Die verschobene Jubiläums-EM der Männer | |
| hätte mit der Frauen-EM zusammengedacht werden können. | |
| Als ein gemeinsam vermarktetes Event, bei dem die im Idealfall geteilten | |
| Einnahmen, eine gute Anschubfinanzierung für die Förderung des | |
| Frauenfußballs hätten sein können. Gedacht als ein Großturnier, bei dem am | |
| Endspieltag der Männer, dem 11. Juli 2021, wenige Stunden zuvor das | |
| Eröffnungsspiel der Frauen angepfiffen wird. Denn beim zeitgleichen | |
| Wettbewerb würde der Frauenfußball wieder vom Männerfußball kannibalisiert | |
| werden. | |
| Das wäre tatsächlich ein Zeichen von solidarischem Fußball, wenn vielleicht | |
| auch nicht ganz im Sinne von Uli Hoeneß. So aber feiert sich die Uefa als | |
| solidarisch auf Kosten des Frauenfußballs. | |
| Das funktioniert sogar ganz gut, weil deren Vertreterinnen in den | |
| vergangenen Jahren ausdauernd trainiert wurden in der Fähigkeit, Opfer zu | |
| bringen. So [4][erklärte die Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg] auf | |
| der Website des Deutschen Fußball-Bundes, dass man dem Männerturnier | |
| weiche, sei keine Zurücksetzung des Frauenfußballs. | |
| In der Krise müssten eben alle zusammenstehen. Mit Krisensituationen kennt | |
| sich der Frauenfußball aus. Die nun auch auf 2021 verschobenen Olympischen | |
| Spiele zwingen den europäischen Frauenfußball nun wohl dazu, sein Turnier | |
| 2022 auszutragen. | |
| Der Frauenfußball ist unterdessen noch randständiger geworden. Die eh schon | |
| mickrige Scheinwerferlicht verliert weiter an Kraft. Schlagzeilen macht | |
| Jürgen Klinsmann, weil er angeblich Mario Götze nicht ans Telefon bekommen | |
| hat. Oder Bayern Profi Thomas Müller, weil er fürs Gemeinwohl arbeitenden | |
| Menschen Schweinebraten mit Kartoffelknödeln spendiert. Oder der Mainzer | |
| Coach Achim Beierlorzer, weil er die Situation derzeit „befremdlich“ | |
| findet. | |
| 27 Mar 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Verlegung-der-Fussball-EM/!5672165 | |
| [2] https://www.uefa.com/insideuefa/about-uefa/news/newsid=2641071.html | |
| [3] /Fifa-Chef-in-der-Coronakrise/!5670665 | |
| [4] https://www.dfb.de/news/detail/voss-tecklenburg-der-fussball-muss-solidaris… | |
| ## AUTOREN | |
| Johannes Kopp | |
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