# taz.de -- Corona-Rettungspaket der Regierung: Der Sozialstaat ist zurück | |
> Im Sozialpaket: Hartz-IV-Zugang ohne Hürden, extra Kindergeld, | |
> MieterInnenschutz. Geht doch, Bundestag! | |
Bild: Abgeordnete geben ihre Stimmkarte ab | |
Bei allem Fluchen über die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen: Die | |
derzeitige Ausnahmesituation ist auch ein Segen. Bringt sie doch ein oft | |
kritisiertes und verspottetes deutsches Relikt zum Leuchten: den | |
Sozialstaat. Das im Grundgesetz verankerte Sozialstaatsprinzip gewinnt in | |
der Krise an Wert und erweist sich als Basis und Bindeglied, um die | |
Gesellschaft zu stabilisieren und die Folgen für die Menschen abzumildern. | |
In Deutschland gab es keine Schlangen vor Waffengeschäften, niemand, ein | |
paar rechte Prepper mal ausgenommen, hält es für nötig, sich gegen mögliche | |
Diebe und Plünderer mit Gewehren und Munition einzudecken, wie es [1][in | |
den USA] gang und gäbe ist. Die Deutschen horten höchstens Klopapier und | |
vertrauen ansonsten auf den Staat. | |
Und der ist tatsächlich da und beweist, dass nicht nur Banken geholfen | |
wird, sondern auch BürgerInnen vor dem Fall ins Bodenlose bewahrt werden. | |
Das am Mittwoch mit Hochgeschwindigkeit im Bundestag verabschiedete | |
Rettungspaket enthält neben Kreditgarantien für Unternehmen und | |
Milliardenhilfen für Krankenhäuser auch ein dickes Sozialschutz-Paket. | |
Menschen, die plötzlich ohne Einnahmen sind, können ab Montag | |
Grundsicherung beantragen, ohne ihr Ersparnisse offen legen oder nachweisen | |
zu müssen, dass ihre Wohnung eng und billig genug ist. Bedürftige Familien | |
können online einen Kinderzuschlag beantragen, den Notfall-KIZ, | |
VermieterInnen dürfen ihren MieterInnen nicht wegen krisenbedingter | |
Mietschulden kündigen. | |
Natürlich gibt es noch Verbesserungsbedarf – zum Beispiel dürfte sich der | |
Regelsatz für [2][Hartz-IV-EmpfängerInnen] in Höhe von 432 Euro in Zeiten | |
von Homeschooling und geschlossener Tafeln endgültig als zu niedrig | |
erweisen. Dennoch: Die Politik hat gerade Sozialleistungen in nie | |
dagewesener Einmütigkeit beschlossen. Jahrelang von linker Seite gestellte | |
Forderungen, wie der Verzicht auf komplizierte Vermögensprüfungen bei | |
Bedürftigen, werden plötzlich ohne Zucken durchgewunken. Selbst FDP-Chef | |
Christian Lindner sieht nun „die Stunde des Staates“ gekommen. Kaum jemals | |
war [3][im Bundestag] so viel von Solidarität und „Wir-Gefühl“ die Rede. | |
Wie viel diese hehren Worte Wert sind, wird sich erst zeigen, wenn die | |
Pandemie unter Kontrolle ist und die Frage aufkommt, wer eigentlich die | |
Rechnung bezahlt. Im Sinne der Solidarität müssen die Milliardenschulden, | |
die der Finanzminister jetzt aufnimmt, auch gerecht geschultert werden. | |
Steuern für Vermögende, Erben und Aktienspekulanten dürften im Sinne der | |
Solidarität selbstverständlich sein. Mal sehen. | |
25 Mar 2020 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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