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# taz.de -- Coronavirus in den USA: Nur Trump sorgt sich nicht
> Unklare Fallzahlen, große Gefahr der Ausbreitung: Die Mängel des
> Gesundheitssystems in den USA zeigen sich bei Corona in aller Dramatik.
Bild: US-Vizepräsident Mike Pence lässt sich auch bei Epidemien von seinem Gl…
„Wir haben es unter Kontrolle. Es wird alles gut“, hat Donald Trump ein ums
andere Mal versichert, seit das Coronavirus erstmals in China aufgetaucht
ist. Im Gegensatz dazu versuchten die Spitzen der US-Behörden für Epidemie-
und Seuchenbekämpfung, einzelne Bundesstaaten und Städte, oppositionelle
Demokraten und sogar vereinzelt Republikaner das Land trotz und gegen den
US-Präsidenten auf die Pandemie vorzubereiten. Trump tat derweil das, was
[1][er am besten kann]: desinformieren, prahlen, Verschwörungstheorien
verbreiten.
In Sachen Coronavirus übertraf Trump dabei seine bisherigen Fälle von
Realitätsverweigerung. Unter anderem widersprach er den Zahlen der
Weltgesundheitsorganisation, als er im Fernsehsender FoxNews sagte, nach
seinem „Gefühl“ werde die Sterblichkeit niedriger sein, als die WHO sage.
Bei einer Pressekonferenz prognostizierte er, dass das Virus „im April mit
den höheren Temperaturen auf wundersame Art“ verschwinden werde.
Als eine erste Schule wegen positiver Tests geschlossen werden musste,
konterkarierte der Präsident die Nachricht mit der Behauptung, die meisten
Virusinfektionen verliefen so unauffällig, dass die Infizierten weiter
arbeiten könnten. Und immer wieder lobte er sich selbst für die „große
Entscheidung“, die US-Grenzen frühzeitig für Chinesen zu schließen.
Erst nachdem die New Yorker Börse am Montag ihren schwersten Einbruch seit
mehr als zehn Jahren erlebte, war Trump bereit, zusätzliche Schritte zu
tun. Am Montagabend kündigte er bei einer Pressekonferenz mit der „Corona
Virus Task Force“ finanzielle Unterstützung für einzelne Gruppen von
Betroffenen an.
## Lückenhafte Erfassung von Corona-Infektionen
So will er dem Kongress vorschlagen, die Lohnsteuern zu senken, um
Arbeitgeber vor den ökonomischen Folgen der Pandemie zu schützen. Und so
will er besonders schwer betroffenen Unternehmen – Hotels, Kreuzfahrt- und
Luftfahrtbranche –, aber auch Beschäftigten, die auf Stundenlohnbasis
arbeiten, finanziell unter die Arme greifen.
Unterdessen hat sich das Virus in den USA ausgebreitet. Die Statistiken
suggerieren, dass es dabei deutlich mehr Todesopfer fordert als anderswo.
Nach Angaben der Johns-Hopkins-Universität hatten sich bis Montag 607
Menschen in den USA mit dem Virus infiziert, 22 waren bereits an den Folgen
gestorben. Das ist jeder 28. In Deutschland waren bis zum gleichen Tag
1.176 Menschen infiziert, doch es gab nur zwei Tote. Vermutlich sagen die
US-Zahlen wenig über die tatsächliche Sterblichkeit aus, mehr über die
lückenhafte Erfassung der Ausbreitung des Virus mithilfe von Tests.
Während andere Länder längst Tests in großem Umfang machten, fehlte in den
USA das nötige Material. Erst für diese Woche versprechen Trump und der
Vorsitzende seiner Task Force, Vizepräsident Mike Pence, in dem
320-Millionen-Einwohner-Land eine Million Tests und bis zum Wochenende
weitere vier Millionen Tests zur Verfügung zu stellen.
Wie keine andere Gesundheitskrise weist das Corona-Virus auf die tiefen
Mängel in der medizinischen und sozialen Versorgung in den USA. [2][Rund 20
Millionen Menschen haben gar keine Krankenversicherung], 44 Millionen
weitere sind unterversichert und müssen dermaßen hohe Eigenanteile zahlen,
dass sie sich de facto keine Arztbesuche leisten können. Erschwerend kommt
hinzu, dass es keine Bundesregelung über Krankentage gibt.
## Kaum Hürden für eine Pandemie
Wer wegen Krankheit nicht zur Arbeit kommen kann, bekommt nur selten
Lohnfortzahlungen. Die niedrigen Löhne sowie der Umstand, dass die Mehrheit
US-amerikanischer Haushalte keine Sparrücklagen besitz, tun ein weiteres.
Alles zusammen genommen sorgt dafür, dass viele Beschäftigen gezwungen
sind, auch im Krankheitsfall weiter zu arbeiten. Seit dem Beginn von Trumps
Präsidentschaft sind die staatlichen Forschungseinrichtungen, die
Krankenhäuser und die Behörden zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten und
Epidemien zusätzlich mit Haushaltskürzungen konfrontiert.
Die effiziente Eindämmung einer Pandemie ist unter diesen Umständen
schwierig. Bislang haben nur einzelne Bundesstaaten wie New York
entschieden, dass alle Bewohner – auch solche, die keine
Krankenversicherung haben, und solche, die papierlos in den USA leben – bei
Verdacht auf eine Corona-Infektion einen Test machen können, den sie nicht
aus eigener Tasche bezahlen müssen.
Der Vorsitzende von Trumps „Corona Task Force“, Vizepräsident Pence, hat
schon an einer früheren Station seiner Karriere, als Gouverneur von
Indiana, folgenschwere Fehlentscheidungen in einer Gesundheitskrise im
Scott County getroffen: Der fundamentalistische Christ Pence entzog dem
Familienplanungszentrum den Etat, in der Folge gab es in dem County keine
HIV-Tests mehr. Er verhinderte auch den Austausch von Nadeln. Wenige Monate
später gab es in dem County mehr als 100 neue HIV-Infektionen.
Zur gleichen Zeit, als Trump und Pence im Weißen Haus gestikulierten, hielt
Bernie Sanders in Detroit einen „Corona-Gipfel“ mit Epidemiologen, Ärzten
und Krankenschwestern ab. Der „demokratische Sozialist“ tritt in seinem
Wahlkampf für die demokratische Präsidentschaftskandidatur für eine
allgemeine, staatliche Krankenversicherung für alle ein. Jetzt gibt ihm die
Corona-Krise recht. „Wir sind das einzige große Land, das keine garantierte
Gesundheitsversorgung für alle hat“, sagt Sanders, „das müssen wir änder…
10 Mar 2020
## LINKS
[1] /Streit-nach-US-Rede-zur-Lage-der-Nation/!5662608
[2] /Trumps-neue-Schikane-gegen-Immigranten/!5631341
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
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Kolumne Der rote Faden
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Donald Trump
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