# taz.de -- Nach Attac-Urteil zu Gemeinnützigkeit: Verhaltene Freude | |
> Die Finanzbehörden wollen zunächst keinen weiteren Organisationen die | |
> Gemeinnützigkeit entziehen. Das hilft aber nicht allen. | |
Bild: Offiziell weiter nicht gemeinnützig: Attac beim Protest gegen ein Freiha… | |
„Dieser Schritt ist überfällig und absolut notwendig“: Mit diesen Worten | |
hat das globalisierungskritische Netzwerk Attac auf die Entscheidung | |
reagiert, dass bis Ende 2021 keine weiteren politischen Organisationen auf | |
der Grundlage des sogenannten Attac-Urteils ihre Gemeinnützigkeit verlieren | |
sollen. Selbst profitieren wird Attac von der Entscheidung aber zunächst | |
nicht. | |
Die sogenannte Vertrauensschutzregelung, auf die sich die Finanzbehörden | |
von Bund und Ländern [1][am vergangenen Freitag geeinigt hatten], gilt nur | |
für Organisationen, die aktuell noch gemeinnützig sind. Für sie sollen aus | |
dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Gemeinnützigkeit von Attac bis | |
Ende 2021 „keine negativen Konsequenzen gezogen“ werden, hieß es in der | |
Beschlussvorlage. | |
Auch für die Kampagnenorganisation Campact und das Demokratische Zentrum | |
Ludwigsburg, denen aufgrund des Attac-Urteils die Gemeinnützigkeit | |
[2][entzogen worden war], ändert sich darum zunächst nichts. Trotzdem | |
begrüßte auch Campact-Vorstand Felix Kolb die Einigung ausdrücklich: „Sie | |
zeigt, dass bei den Finanzbehörden jetzt endlich ein Problembewusstsein | |
über die neue Sachlage besteht, die das Urteil geschaffen hat“, sagte er | |
der taz. | |
Der BFH hatte vor gut einem Jahr entschieden, dass politische | |
Bildungsarbeit nicht als gemeinnützig gilt, wenn damit ein bestimmter | |
politischer Kurs vertreten wird. Attac hatte deshalb die Gemeinnützigkeit | |
verloren, was unter anderem dazu führt, dass Spenden nicht mehr steuerlich | |
absetzbar sind und Projekte nicht mehr von gemeinnützigen Stiftungen | |
mitfinanziert werden können. | |
Groß ist auch die Erleichterung von Stefan Diefenbach-Trommer von der | |
Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, zu der sich | |
zahlreiche gemeinnützige Organisationen zusammengeschlossen haben. „Ohne | |
dieses Moratorium hätte Hunderten weiterer Vereine der Verlust ihrer | |
Gemeinnützigkeit gedroht“, sagte er. „Nun haben sie erst mal eine | |
Atempause.“ | |
## „Kritische Zivilgesellschaft ist elementar“ | |
Offen ist, ob das auch für die Petitionsplattform Change.org gilt. Dieser | |
droht nach eigenen Angaben ebenfalls der Entzug der Gemeinnützigkeit. | |
Anders als bei Attac ist hier der geförderte Zweck aber nicht politische | |
Bildung, sondern Förderung der demokratischen Willensbildung. | |
Geschäftsführer Gregor Hackmack ist trotzdem verhalten optimistisch: „Wir | |
sehen im aktuellen Beschluss einen politischen Willen und hoffen, dass das | |
auch in unserer Auseinandersetzung hilft“, sagte er. | |
Die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen, die für Change.org zuständig | |
ist, äußerte sich mit Verweis auf das Steuergeheimnis nicht zu dem Fall. | |
Grundsätzlich plädiere das Land für eine Erweiterung von | |
Steuerbefreiungsvorschriften, erklärte Finanzsenator Matthias Kollatz | |
(SPD): „Für unsere Demokratie ist eine aktive und kritische | |
Zivilgesellschaft elementar.“ | |
Attac forderte die Finanzbehörden unterdessen auf, die Entscheidung auch | |
für jene Organisationen zu revidieren, die die Gemeinnützigkeit bereits | |
verloren haben. Das ist laut Bundesfinanzministerium aber nicht möglich. | |
Profitieren könnten die betroffenen Organisationen aber von der geplanten | |
Reform des Gemeinnützigkeitsrechts. | |
Hier wird schon lange auf einen Gesetzentwurf gewartet; nach Angaben aus | |
Ministeriumskreisen soll er noch in diesem Frühjahr vorgelegt werden. | |
Darauf drängt auch Stefan Diefenbach-Trommer von der Allianz für | |
Rechtssicherheit. Notwendig sei ein „gut durchdachter Gesetzentwurf“, der | |
vielfältiges politisches Engagement von Organisationen ermögliche. | |
4 Mar 2020 | |
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## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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