# taz.de -- Aussetzen der Schuldenbremse: Scholz will Milliarden wegzaubern | |
> Der SPD-Finanzminister will armen Städten einen Teil ihrer alten Schulden | |
> abnehmen. Die Union lehnt das ab. Der Plan ist dennoch nicht | |
> unrealistisch. | |
Bild: Straßenbahn in Oberhausen | |
Berlin taz | Ökonomisch geht es Deutschland derzeit ziemlich gut. | |
Allerdings ist der Wohlstand ungleich verteilt – auch zwischen Bund, | |
Ländern und Kommunen. Etwa 2.500 Städte und [1][Gemeinden sind so hoch | |
verschuldet], dass sie Leistungen einschränken müssen und kaum investieren | |
können. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) schlug deshalb vor, dass der | |
Bund ihnen einen Teil der Lasten abnimmt. | |
Was ist das Problem? | |
Unter dem Strich erzielten Städte und Gemeinden 2019 zwar ein Plus von gut | |
6 Milliarden Euro. Manche Kommunen leiden aber unter hohen | |
Sozialleistungen, geringen Gewerbesteuereinnahmen und Zinszahlungen für | |
alte Kredite. Betroffen sind vor allem Kommunen in NRW, Rheinland-Pfalz und | |
dem Saarland, etwa Pirmasens, Ludwigshafen, Zweibrücken, Oberhausen, | |
Wuppertal, Hagen, Remscheid oder Herne. Laut Städtetag liegen die | |
[2][drückenden Altschulden bei rund 40 Milliarden Euro]. Scholz’ Vorschlag: | |
20 Milliarden Euro übernimmt der Bund, 20 Milliarden die Länder. | |
Was spricht dafür? | |
Die Bedingungen für Millionen Menschen würden sich verbessern. | |
Stadtverwaltungen könnten mehr in Kitas, ÖPNV, Personal oder Wohnungsbau | |
investieren. Der Schuldenerlass wäre wie ein Konjunkturprogramm, das auch | |
Firmen und ihren Beschäftigten dient. Deutschland könnte sich diese | |
Schuldentilgung leisten, weil die gesamtstaatliche Schuldenstandsquote | |
unter 60 Prozent gesunken ist – unproblematisch. Mehr Geld auszugeben | |
könnte auch die Inflation antreiben und die Sparzinsen steigen lassen. | |
Was spricht gegen die Hilfe für die Städte? | |
Die Schuldenbremse im Grundgesetz begrenzt die Kreditaufnahme des Bundes. | |
Scholz kann nicht mal eben 20 Milliarden Euro ausschütten. Mit | |
Zweidrittelmehrheit müssten wohl Bundestag und Bundesrat eine Ausnahme | |
beschließen – aber die Union weigert sich. Zudem ist es wahrscheinlich | |
nicht damit getan, den Kommunen alte Schulden abzunehmen. Um nicht immer | |
wieder gezwungen zu sein, neue Kredite aufzunehmen, müssten sie ihre Etats | |
grundsätzlich in Ordnung bringen. Bevor das nicht geklärt ist, habe die | |
Entschuldung keinen Sinn, sagen die Kritiker. | |
Ist der Scholz-Plan realistisch? | |
Der Deutsche Städtetag findet den Vorschlag gut, Unionspolitiker | |
widersprechen. Schuldenbremse und Bundesetat ohne neue Kredite stehen für | |
sie im Range ewiger Wahrheiten. Die SPD hat der Union aber zuletzt | |
Zugeständnisse abgehandelt, die diese zunächst ebenfalls ablehnte, so die | |
Grundrente ohne Vermögensprüfung. Die kommunale Entschuldung liegt nun auf | |
dem Verhandlungstisch – und wird vielleicht Teil eines Kompromisses. | |
28 Feb 2020 | |
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[1] /Wirtschaftsweiser-ueber-die-Konjunktur/!5650208 | |
[2] https://www.morgenpost.de/politik/article226671871/42-Milliarden-Staedtetag… | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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