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# taz.de -- Scholz will klammen Kommunen helfen: Geld rettet die Demokratie
> Finanzminister Olaf Scholz will klamme Gemeinden entlasten. Das Problem
> dabei: Die Finanzverfassung lässt sie noch ärmer werden.
Bild: Gibt sich spendabel: Finanzminister Olaf Scholz
Berlin taz | Kann das gerecht sein? Finanzminister Olaf Scholz will 2.500
klamme Kommunen von ihren Altschulden befreien. Gemeinden mit soliden
Haushalten hingegen sollen nicht profitieren und würden keinen einzigen
Cent erhalten. Konservative wittern daher einen perfiden Plan: Der
Finanzminister wolle Verschwendung belohnen und Ausgabendisziplin
bestrafen!
Doch mit Verschwendung hat es nichts zu tun, wenn Gemeinden in Not sind.
Die Kommunen sind so reich oder so arm wie ihre Bürger und Firmen. Wer
einen Großkonzern beheimatet, hat ausgesorgt. Die drei reichsten Kommunen
sind daher München, Coburg und Frankfurt, während sich die drei ärmsten
Gemeinden im Osten befinden. Es sind der Kreis Mansfeld-Südharz, die Stadt
Halle und der Kreis Altenburger Land. Das Gefälle ist enorm: Die Stadt
München kam im Jahr 2017 auf 3.816 Euro Steuereinnahmen pro Einwohner,
während es im Kreis Mansfeld-Südharz ganze 564 Euro waren.
Doch nicht nur bei den Einnahmen, auch bei den Ausgaben klaffen riesige
Unterschiede. Denn die Gemeinden müssen einen Teil der Sozialausgaben
tragen – was gerade die finanzschwachen Kommunen trifft, weil dort
besonders viele Bedürftige leben. Vielen klammen Gemeinden blieb daher nur,
ihre kommunale Gewerbe- und Grundsteuer anzuheben, was aber nun zur Folge
hat, dass sich dort erst recht keine Unternehmen ansiedeln. Die deutsche
Finanzverfassung ist abstrus: Ausgerechnet die armen Kommunen werden noch
ärmer gemacht. Obwohl das Grundgesetz fordert, dass überall
[1][„gleichwertige Lebensverhältnisse“] herrschen sollen.
## Blase der sozialen Netzwerke
Es ist daher überfällig, dass der Bund die Altschulden der klammen Kommunen
übernimmt. Zumal diese Operation nicht schwierig ist: Es entstehen keine
neuen Schulden, sondern die bestehenden Darlehen werden nur anders
verteilt. Allerdings [2][reicht es nicht, nur die Altschulden abzuräumen].
In den armen Kommunen dürften sich bald neue Defizite auftürmen, wenn sich
die enorme Steuerkluft zwischen München und dem Ruhrgebiet oder Coburg und
Halle nicht schließt. Diese Korrektur ist nicht nur nötig, um
„gleichwertige Lebensverhältnisse“ zu gewährleisten. Um es pathetisch zu
formulieren: Es geht auch um das Überleben der Demokratie.
Es macht keinen Spaß, sich in den kommunalen Parlamenten zu engagieren,
wenn man nur den permanenten Mangel verwalten soll. Wenn aber die Basis vor
Ort fehlt, ist die Gefahr groß, dass die Politik in Berlin in einem
luftleeren Raum agiert, in dem nur noch die Blase der sozialen Netzwerke
zählt.
23 Dec 2019
## LINKS
[1] /Armutsrisiko-in-Deutschland/!5608814
[2] /Urbanist-ueber-Stadt-und-Wirtschaft/!5611307
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
## TAGS
Kommunen
Verschuldung
Olaf Scholz
Schwerpunkt Grundgesetz
Kommunen
5G-Technologie
Schwerpunkt Armut
Stadtentwicklung
Wahlen in Ostdeutschland 2024
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