| # taz.de -- Kampf gegen Corona in Deutschland: Die Stunde des Föderalismus | |
| > Das föderale System ermöglicht dezentrale Maßnahmen – beim Kampf gegen | |
| > die Corona-Ausbreitung, die die WHO nun als Pandemie einstuft, eine | |
| > Chance. | |
| Bild: Test de luxe: Aus dem Auto steigen ist in der Münchner Drive-in-Corona-T… | |
| Über den deutschen Föderalismus wird gern und viel gemeckert: | |
| Kleinstaaterei, föderaler Wirrwarr, abschaffen! Auch angesichts der | |
| Ausbreitung des [1][Coronavirus], die die Weltgesundheitsorganisation (WHO) | |
| am Mittwoch als Pandemie einstufte, fühlen sich KritikerInnen wieder | |
| bestätigt: Wieso gibt es keine zentral gesteuerten Notfallpläne, wieso | |
| schweigt die Kanzlerin so lange? Um dann neidvoll nach Italien zu blicken, | |
| wo Ministerpräsident [2][Giuseppe Conte] als oberster Krisenmanager das | |
| Land flächendeckend unter Quarantäne gestellt hat. | |
| Doch ausgerechnet jetzt ist Kritik am Föderalismus völlig unberechtigt. | |
| Deutschland ist eben kein Einheitsstaat mit starker Zentralregierung wie | |
| Italien. Entsprechend zurückhaltend tritt die Kanzlerin auf. Mehr noch: Der | |
| Föderalismus ist sogar das bessere System, um solch eine Krise zu | |
| überstehen. Da behält [3][Angela Merkel,] die sich am Mittwoch in der | |
| Bundespressekonferenz endlich doch noch zu Wort meldete, recht. | |
| Deutschlands föderales Prinzip ist von Vorteil, weil es dezentrales und dem | |
| Problem angepasstes Handeln ermöglicht. Im konkreten Fall heißt das, dass | |
| Merkel eben nicht wie Conte in Italien entscheiden kann, dass etwa | |
| flächendeckend Schulen und Kitas geschlossen werden. In Deutschland | |
| entscheiden darüber die Bundesländer und ihre regionalen Ämter, die die | |
| Lage vor Ort am besten einschätzen können. | |
| ## Merkels Zurückhaltung ist richtig | |
| Wieso sollte auf Hiddensee, wo noch keine Coronavirusinfektion gemeldet | |
| wurde, der Unterricht genauso ausfallen wie aktuell im [4][Kreis | |
| Heinsberg], dem Epizentrum der Epidemie. Das wäre völlig überzogen. Kann | |
| deshalb jedes Land und jede Kommune handeln, wie es beliebt? Natürlich | |
| nicht. Der deutsche Föderalismus ist ein kooperativer und kein dualer wie | |
| in der Schweiz. | |
| Das heißt, es geht nicht vorrangig um Vielfalt und Wettbewerb – auch wenn | |
| das im Bereich der Bildung anders erscheinen mag –, sondern die | |
| Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Ländern steht im Mittelpunkt. | |
| Diese Zusammenarbeit funktioniert in der bisherigen Krise bisher ganz gut. | |
| Die Große Koalition hat sich am Sonntag auf ein erstes, schnelles | |
| Milliardenpaket geeinigt, um die wirtschaftlichen Einbußen abzufedern. | |
| Kurzarbeitergeld kann leichter beantragt werden und Unternehmen bekommen | |
| Liquiditätshilfen. | |
| Gesundheitsminister Jens Spahn hat zudem empfohlen, Großveranstaltungen mit | |
| mehr als 1.000 TeilnehmerInnen abzusagen. Und binnen drei Tagen haben das | |
| alle Bundesländer auch mehr oder weniger so umgesetzt, wenn auch manchmal | |
| erst nach Ermahnung. (Berlin, echt jetzt!) Am Donnerstag treffen sich die | |
| MinisterpräsidentInnen und die KultusministerInnen der Länder, um sich | |
| untereinander weiter abzustimmen. | |
| Das heißt nicht, dass die nächsten Wochen nicht hart werden und viele | |
| Menschen, darunter jene, die in Gesundheitsämtern und Krankenhäusern | |
| arbeiten, an die Grenzen der Belastbarkeit und darüber hinaus kommen | |
| werden. | |
| Dem jahrelangen Personalabbau im öffentlichen Dienst und dem zu großen | |
| Teilen privatisierten und auf Renditeerwartungen ausgerichteten | |
| Gesundheitssystem liegt aber nicht die Idee des Föderalismus zugrunde, | |
| sondern die Ideologie des Neoliberalismus. Und die kann man gerade in einer | |
| nationalen Krise wie dieser noch einmal zu Recht kritisieren. | |
| 11 Mar 2020 | |
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| [1] /Kritik-an-Corona-Hilfsprogramm-der-EU/!5671293 | |
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| [3] /Kanzlerin-zur-Corona-Krise/!5671282 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anna Lehmann | |
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