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# taz.de -- Gewalt gegen Frauen: Respekt ist eine sichere Bank
> Rote Bänke mahnen in Italien gegen Gewalt an Frauen. Am Internationalen
> Frauentag wird eine erste „Panchina Rossa“ in Potsdam aufgestellt.
Bild: Eine solche Bank kommt am Sonntag aus der Partnerstadt Perugia nach Potsd…
Als der Jurist Bernd Malzanini vor gut einem Jahr durch Perugia lief, die
Hauptstadt der italienischen Provinz Umbrien, entdeckte er sie zufällig:
die rote Bank. Darauf die Skulptur einer sitzenden Frau, über deren Brust
ein goldenes Tuch gebunden ist. Was ist das? Ein eigenwilliges Kunstobjekt?
Eine Selfie-Attraktion für Tourist*innen? Ein italienisches Statement,
wofür auch immer?
Malzanini, der bei den Medienanstalten Berlin den Bereich
Medienkonzentration leitet, fragte nach und war erstaunt und erschrocken:
Die Panchina Rossa, wie die rote Bank auf Italienisch heißt, ist in Italien
ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen. Alle drei Tage wird in dem
südeuropäischen Land einer dortigen Statistik zufolge eine Frau ermordet.
Drei von vier Femiziden werden von Partnern oder ehemaligen Partnern
verübt. 2018 wurden insgesamt 142 Frauen umgebracht, im Jahr zuvor ebenso
viele.
Gewalt an Frauen und Femizide gibt es weltweit. Aber eine rote Bank als
Symbol dagegen, das gab es bislang nur in Italien. 2016 machte die „La
Panchina Rossa“ in Perugia den Anfang, weitere Städte folgten: Turin,
Mailand, Cambiano, Florenz. Und nun gibt es auch in Deutschland eine rote
Bank. Am Sonntag, am Internationalen Frauentag, wird in Potsdam eine rote
Bank mit einer Frauenskulptur darauf aufgestellt. Am Donnerstag kam sie in
der brandenburgischen Landeshauptstadt an, am Sonntagnachmittag soll die
Panchina Rossa um 16 Uhr im Foyer der Stadt- und Landesbibliothek im
Bildungsforum Potsdam eingeweiht werden.
Die Bank besteht aus Metall, ist feuerverzinkt und pulverbeschichtet mit
roter Farbe. Eine aufwendige Konstruktion, wie Malzanini sagt: „Es darf
Platz genommen werden auf ihr.“ Wer das tut, setzt ein Zeichen gegen Gewalt
an Frauen. Der Künstler Marco Mariucci erklärt es so: „Die Studentinnen und
Studenten, die die Skulptur geschaffen haben, haben sich dafür entschieden,
die Frau nackt zu schaffen, um die volle Freiheit des Menschen von
jeglicher Beschränkung/Bekleidung oder Bedeckung auszudrücken. Aber die
Frau hat ein Band um die Brust, das sie immer noch bindet, weil es nicht
leicht ist, sich, leider noch in unserer Zeit, ganz von mentalen, sozialen,
kulturellen Überstrukturen zu befreien. Es ist ein Prozess, der begonnen
hat und noch immer unendliche Arbeit und Engagement von uns allen fordert.“
## Über 13.000 Opfer in Berlin und Brandenburg
Malzanini hatte die Idee, die rote Bank auch in Potsdam aufzustellen.
Realisiert hat sie schließlich der Freundeskreis Potsdam-Perugia, dessen
Vorstandschef Malzanini ist. Seit 1990 besteht zwischen Potsdam und Perugia
eine Städtepartnerschaft. 25 Jahren lang begleitete der Verein „Il Ponte“
die Zusammenarbeit der beiden Landeshauptstädte mit kulturellen,
politischen und touristischen Aktivitäten. 2016 hat das Malzaninis
Freundeskreis übernommen.
Die Panchina Rossa ist eines der wichtigsten politischen Projekte in diesem
Jahr. Das weiß auch Martina Trauth, Gleichstellungsbeauftragte und Leiterin
des Büros für Chancengleichheit und Vielfalt in Potsdam. „Es ist ein
großartiges Geschenk des Freundeskreises und gleichzeitig ein wichtiges
Mahnmal gegen Gewalt an Frauen“, sagt Trauth. Auch in Berlin und Potsdam
sind die Zahlen der Gewalt an Frauen hoch. Mehr als 10.000 Berlinerinnen
wurden laut Bundeskriminalamt 2018 Opfer von Partnerschaftsgewalt, in
Potsdam waren es laut Brandenburger Polizei 3.131 Frauen. Bundesweit sind
jedes Jahr rund 114.000 Frauen von Partnerschaftsgewalt betroffen, über 100
verlieren jährlich deswegen ihr Leben. Darauf will die rote Bank ab Sonntag
aufmerksam machen. Malzini sagt: „Trotzdem die Zahlen bekannt sind, wird
Gewalt an Frauen selten als solche benannt und oft, auch in den Medien,
verharmlosend dargestellt. Hierauf aufmerksam zu machen und Frauen mit
Respekt und Achtung zu begegnen ist das Anliegen der Aktion.“
Erschaffen hat die Bank der italienische Bildhauer Marco Mariucci,
Professor an der Kunstschule Liceo Artistico Bernardino di Betto in
Perugia. Das Sitzmöbel und die Skulptur hat er zusammen mit Schüler*innen
im Kunstunterricht angefertigt. Einige von ihnen werden am Sonntag dabei
sein, wenn die Bank eingeweiht wird.
Nicht nur das: Ihr Besuch läutet einen regelmäßigen Schüler*innenaustausch
ein, der künftig zwischen dem Einstein-Gymnasium in Potsdam und dem Liceo
Artistico Bernardino de Betto in Perugia stattfinden soll.
6 Mar 2020
## AUTOREN
Simone Schmollack
## TAGS
Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen
Schwerpunkt Femizide
Gewalt gegen Frauen
Schwerpunkt Feministischer Kampftag
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Feminismus
Kolumne Latin Affairs
Gender
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