# taz.de -- Wahl in Togo: Machtwechsel? Eher nicht | |
> In Togo regiert Westafrikas letzte Langzeitherrscherfamilie. Daran wird | |
> sich wohl nichts ändern – auch weil die Opposition gespalten ist. | |
Bild: Ein Anhängerin feiert ihn: Langzeitherrscher von Togo Faure Gnassingbé | |
Lomé taz | Plötzlich geht das Hupkonzert los. Zwei Dutzend junge Männer und | |
Frauen fahren auf Mopeds durch den Norden von Togos Hauptstadt Lomé. In den | |
Händen halten sie Plakate in Orange und Grün mit dem Gesicht von | |
Präsidentschaftskandidat Wolou Komi. Für einen Moment legen sie den Verkehr | |
lahm, um dann wieder so unauffällig wie ihr Kandidat zu werden. | |
Er ist zwar einer von sieben Bewerbern um das höchste Staatsamt bei Togos | |
Präsidentschaftswahl am Samstag. Im Stadtbild fällt jedoch nur Amtsinhaber | |
Faure Gnassingbé auf. Der 53-Jährige übernahm das Amt 2005 nach dem Tod | |
seines Vaters Gnassingbé Eyadéma, der seit 1967 als Militärdiktator | |
geherrscht hatte. In Togo regiert die letzte Langzeitherrscherfamilie | |
Westafrikas. | |
Offen wird in diesen Tagen ungern über diese Familie gesprochen, vor allem | |
nicht vor einem Mikrofon. Viele sind vorsichtig. In den vergangenen Jahren | |
hat die Polizei immer wieder Gewalt gegen oppositionelle Demonstranten | |
eingesetzt, laut Amnesty International kamen seit der letzten Wahl 2015 bei | |
Protesten mindestens 25 Menschen ums Leben. Zur Wahl gehen wolle er schon, | |
sagt ein Mann in den Vierzigern. Vorsichtshalber bezeichnet er sich als | |
„unpolitisch“. | |
Laut offiziellen Angaben sind in Togo etwas über 3,6 Millionen Menschen – | |
bei 7,9 Millionen Einwohner*innen – wahlberechtigt. Von denen haben | |
wiederum 86,6 Prozent eine Wählerkarte. „Wir gehen davon aus, dass die | |
Wahlbeteiligung bei 35 Prozent liegen wird“, sagt David Dosseh, Arzt und | |
Sprecher der Bürgerrechtsbewegung Togo Debout. Viele Menschen hätten den | |
Eindruck, dass die Regierung keine Wahlniederlage zulassen würde. „Um eine | |
kleine Chance auf den Sieg zu haben, tun wir alles, um die Menschen zu | |
mobilisieren. Wir sagen ihnen: Geht wählen.“ | |
Auf einen Kandidaten hat sich die Protestbewegung gegen die Regierung, die | |
sich 2017 gründete, nicht festgelegt. Ihr einziges Ziel ist, die Herrschaft | |
von Faure Gnassingbé zu beenden. Als dafür entscheidend galt lange eine | |
geeinte Opposition. Die aber gibt es nicht. Auch ist die Oppositionsallianz | |
C14 längst zerbrochen. Ein Teil der ehemaligen Mitglieder, etwa die „Partei | |
der Togoer“, tritt gar nicht erst an und ruft zum Boykott auf. | |
Dosseh gewinnt den sechs Oppositionskandidaten dennoch etwas Positives ab: | |
Sie haben alle das Recht, in jedes der 9.389 Wahllokale Beobachter zu | |
entsenden. Gleichzeitig sind die Wähler*innen aufgefordert, bis zur | |
Auszählung und Übermittlung der Ergebnisse in den Wahllokalen zu bleiben. | |
## Opposition gibt sich dennoch siegessicher | |
Bekanntester Oppositionskandidat ist Jean-Pierre Fabre, der zum dritten Mal | |
gegen den Amtsinhaber antritt. Im Gegensatz zu Agbéyomé Kodjo, der einst | |
Premierminister war, gilt der 67-jährige Fabre als jemand, der nie mit der | |
Herrscherfamilie zusammengearbeitet hat. Offiziell erhielt er 2010 und 2015 | |
jeweils rund ein Drittel der Stimmen, kritisierte jedoch, dass ihm der Sieg | |
gestohlen worden sei. Seine Partei Nationale Allianz für den Wandel | |
erinnert mit ihrem Kürzel ANC an Nelson Mandela und Südafrikas | |
Freiheitskampf; ihr Logo zeigt zwei Hände mit aufgesprungenen Ketten. | |
In seiner Parteizentrale spricht Fabre am Dienstagabend vor | |
Journalist*innen und Unterstützer*innen. Mopeds und Autos blockieren die | |
Straße. Fabre kritisiert Gnassingbés regierende Union für die Republik | |
(UNIR). Bei Wahlkampfauftritten im Norden des Landes, Herkunftsregion der | |
Präsidentenfamilie und Hochburg der UNIR, habe es geheißen, Fabre habe dort | |
nichts zu suchen. Mitunter sei es schwierig gewesen, überhaupt einen | |
Veranstaltungsort zu mieten. Obwohl er den Wahlkampf nicht für fair hält, | |
versucht der Oppositionskandidat sich siegessicher zu geben: „Ich will die | |
Präsidentschaftswahl gewinnen, und dafür arbeite ich.“ Wirklich kämpferisch | |
klingt das nicht. | |
Ein bloßer Machtwechsel als Wahlziel ist vielen Leuten zu wenig. Erstwähler | |
Angèlo Yawo Bagbonon, der in diesem Jahr sein Abitur machen wird, fordert | |
vom künftigen Präsidenten, dass er mehr für die junge Generation tut: „Er | |
muss ihr helfen.“ In Togo lebt über die Hälfte der Bevölkerung unterhalb | |
der Armutsgrenze. Als David Dosseh vor zwei Wochen im Operationssaal stand | |
und einen Kropf operierte, funktionierten nur drei von 24 Lampen, sagt er. | |
21 Feb 2020 | |
## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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