# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Togo: Die Lage ist angespannt | |
> Nach den Wahlen in Togo umstellt das Militär das Haus des führenden | |
> Oppositionskandidaten. Wahlbeobachter klagen über Behinderung. | |
Bild: Auszählung der Stimmzettel im Wahllokal der Schule Collège Protestant d… | |
LOMÉ taz | Nach Stunden ist das Haus von Agbéyomé Kodjo, | |
Präsidentschaftskandidat der patriotischen Bewegung für Demokratie und | |
Entwicklung (MPDD), im Stadtteil For Ever endlich wieder zugänglich. Kurz | |
nach Schließung der Wahllokale am Samstag um 16 Uhr hatte das Militär dafür | |
gesorgt, dass niemand mehr zum Haus des 65-Jährigen durchgelassen wurde. | |
Ebenfalls betroffen war der emeritierte Erzbischof von Lomé, Philippe | |
Kpodzro (89), Kodjos prominentester Wahlkampfhelfer. | |
Gegen 23 Uhr sagt Kodjo vor Journalisten, man habe behauptet, die Aktion | |
sei eine Maßnahme, um ihn zu schützen. Kodjo, ein dünner Mann mit grauem | |
Haar, hält einen Moment inne: „Im Wahlkampf hat mich auch niemand schützen | |
wollen.“ Dass der einstige Premierminister (2000–2002) plötzlich im | |
Mittelpunkt der Spekulationen steht, gilt als einigermaßen überraschend. In | |
der Vergangenheit hatte er zwar seine Anhängerschaft ausbauen können. | |
Dennoch gilt er nicht als jemand, der Togo einen echten Wandel bringen | |
könnte. | |
Die Aktion des Militärs hatte zuvor in Lomé schnell die Runde gemacht und | |
für Beunruhigung gesorgt. Dass das Militär nun ausgerechnet zu Kodjo | |
geschickt wurde, hat für dessen Anhänger nur einen Grund: Es ist die Angst | |
der Regierung, die Präsidentschaftswahl 2020 zu verlieren, was das Ende der | |
53-jährigen Herrschaft der Familie von [1][Präsident Faure Gnassingbé] | |
bedeuten würde. Ohne Zahlen zu nennen, würden die ersten Ergebnisse | |
schließlich für Kodjo sprechen, sagt dessen Sprecher Carmel Max-Savi. | |
In einigen Wahllokalen im Zentrum sieht es tatsächlich danach aus. Als nach | |
Schließung die Auszählung beginnt, fällt in der Schule Collège Protestant | |
de Lomé-Tokoin immer wieder ein Parteiname: MPDD. Die Zählung wird von | |
Dutzenden Wähler*innen begleitet, die sich vor der offenen Tür der | |
Klassenräume drängen. Die Wahl zu beobachten – im Vorfeld war zwei | |
Missionen mit insgesamt mehr als 9.000 Beobachter*innen die | |
Akkreditierung verweigert worden –, dazu hatte die [2][Bürgerrechtsbewegung | |
Togo Debout] aufgerufen. Ziel war es, Manipulationen so gut es geht zu | |
verhindern. | |
Kein Vertrauen in Institutionen | |
„Wenn man sich die Geschichte unseres Landes anschaut, weiß man, dass die | |
Urnen nicht die Wahrheit sprechen. Wir haben die Pflicht, unsere Wahl zu | |
verteidigen. Wir vertrauen den Institutionen nicht, die die Wahlen | |
organisieren“, sagt Konni Mensah Agbidi, der deshalb viele Stunden auf dem | |
Gelände der Schule zugebracht hat. Er ist 71 Jahre alt, hat die | |
Unabhängigkeit 1960 und sieben Jahre später den Staatsstreich von | |
Gnassingbés Vater Eyadéma erlebt. | |
„Es ist sehr gefährlich, wenn immer nur eine Familie an der Macht ist. Togo | |
ist doch keine Monarchie.“ Auch hofft er auf bessere Lebensbedingungen: | |
Jobs für junge Menschen, Bildungschancen, ein funktionierendes | |
Gesundheitssystem. Togo liegt im Entwicklungsindex der Vereinten Nationen | |
abgeschlagen auf Platz 167 von 189. | |
In Togo ist die Opposition traditionell im Süden und vor allem in der | |
Hauptstadt stark. Präsident Gnassingbé hat seine Unterstützer jedoch im | |
ländlichen Norden. Dort wird die Wahl entschieden. Von dort postet die | |
regierende Partei für die Republik (UNIR) bereits am Wahlabend auf Twitter | |
Bilder von Feierlichkeiten. Man bereite sich auf den Sieg vor, heißt es. | |
Twitter war der einzige Nachrichtendienst, der während des Wahltags | |
reibungslos funktionierte. Bei Facebook und WhatsApp kam es immer wieder zu | |
Ausfällen. Komplett gestört wurde das Internet jedoch nicht. | |
Einer hat mit dem weiteren Wahlverlauf jedoch nichts mehr zu tun: | |
Jean-Pierre Fabre (67), bisheriger Oppositionsführer und [3][ewiger Zweiter | |
in Togo], hat am Samstagabend seine Niederlage eingestanden. Seine Partei, | |
die nationale Allianz für den Wandel (ANC), gab in einer kurzen Mitteilung | |
bekannt, dass ersten Ergebnissen zufolge Gnassingbé und Kodjo führen | |
würden. | |
Wenige Tage zuvor hatte er noch versucht, siegessicher zu klingen. Als er | |
am Samstagmorgen in einer Schule seine Stimme abgab, hatte Fabre vor allem | |
die mangelnde Wahlbeteiligung kritisiert. Verlässliche Zahlen – weder zur | |
Beteiligung noch zu Ergebnissen gibt es bis Redaktionsschluss nicht. | |
23 Feb 2020 | |
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## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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