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# taz.de -- Black-Panthers-Dokus auf der Berlinale: Freiheit für die Black Com…
> Jazz, Schulspeisung, Revolution: Gleich drei historische Dokumentationen
> über die Black Panthers sind im „Forum 50“ der Berlinale zu sehen.
Bild: Black Panthers in Algier, 1969. Eldrigde Cleaver ist der dritte von links.
Eine Blutlache, an den Wänden viele Einschusslöcher. Am Boden verstreute
Schallplatten, etwa das Jazzalbum „Out to Lunch“ von Eric Dolphy. Der
Schauplatz: ein Mietshaus in Chicago, dort wurde der 22-jährige Fred
Hampton am 4. Dezember 1969 von einem Einsatzkommando der Polizei
erschossen. Zeugen sagen aus, dass es eine Hinrichtung war. 1978 wurden die
Angehörigen von Hampton und einem weiteren Opfer finanziell entschädigt.
In „The Murder of Fred Hampton“ (1970) ist die Tat noch frisch, die Kamera
filmt am Tag danach den Ort des Verbrechens. Dazwischen schneidet Regisseur
Howard Alk die Sichtweise der Polizei. In einem Labor ist der Tatort
nachgebaut, Beamte erzählen ihre Version der Schießerei. Der Staatsanwalt
reagiert gereizt auf Fragen.
Was als Porträt [1][eines charismatischen Black-Panther-Führers] beginnt,
wird immer mehr zum Thriller, die intendierte Sozialkritik rückt in den
Hintergrund. Hamptons Politisierung hängt mit Black Power, dem Erstarken
afroamerikanischen Selbstbewusstseins Mitte der Sechziger zusammen.
Hampton studierte Jura, leistete bei der Befriedung von Ganggewalt in
Chicago ehrenamtliche Sozialarbeit. Als das FBI unter Edgar J. Hoover 1966
das Programm „Cointelpro“ zur Bekämpfung der Black Panthers begann, stand
Hampton bereits auf einer Liste der Behörden.
Alk filmt ihn beim Teach-In vor jungen Leuten, bei Reden in
Gemeindezentren. Hampton redet frei, reißt seine Zuhörer:Innen mit,
Revolutionsromantik galore. Aus ihm hätte ein guter Politiker werden
können. Was den Kampf gegen Black Power angeht, war der Repressionsapparat
1969 längst angelaufen, 39 Ortsgruppen der Panther wurden hochgenommen,
teilweise unter Waffengewalt. Der Vietnamkrieg ging in seine heftige
Spätphase. Die US-Antikriegsbewegung solidarisierte sich mit den Black
Panthern.
## Neigt zu gewalttätiger Rhetorik
Von heute aus befremdet die Militanz. Hampton neigt zu gewalttätiger
Rhetorik. Man sieht ihn und seine Genossen mit Waffen hantieren, das
überschattet auch Bilder der kostenlosen Schulspeisung der BP von Kindern.
War keine andere Form von Widerstand als Gegengewalt möglich? „Die Black
Community muss Freiheit erlangen, ohne ihre kulturelle Integrität zu
verlieren“, postulierte der Aktivist Stokely Carmichael 1968.
Starke Fliehkräfte zerren an Angela Davis in „Angela – Portrait of a
Revolutionary“, ein Film von Yolande de Luart über die Philosophin. Die
Französin war Davis' Schülerin an der UCLA. Der Film zeigt die zunehmende
Radikalisierung der kalifornischen Studenten, eine Vorlage für die
Anfangsszene von Antonionis „Zabriskie Point“.
Davis, verhasst beim kalifornischen Gouverneur Ronald Reagan und einem Teil
ihrer Uni-Kollegen, bangt um ihren Job. Dennoch unterstützt sie eine
Solidaritätskampagne für die „Soledad-Brothers“ (die BP-Mitglieder George
und Jonathan Jackson). Die beiden hatten wegen einer Knast-Revolte Angst,
im Gefängnis ermordet zu werden.
Davis kämpft gleich doppelt, gegen das System und ihren Rausschmiss.
Furchtlos spricht sie auf der Straße, vor Gerichtssälen. In einer Szene ist
Jane Fonda zu sehen, die linke Faust geballt. Eindrucksvoller klingt „Free
my Brother“, ein für den Film komponierter Song des Saxofonisten Harold
Battiste.
„Eldridge Cleaver – Black Panther“, 1970 von US-Regisseur Willam Klein
gedreht, führt die Panthers-Geschichte im Exil fort. Cleaver, einer der
Panther-Anführer, war nach einem Intermezzo in Kuba mit Getreuen im Juni
1969 nach Algerien geflüchtet. Algerien, damals Knotenpunkt der
antikolonialen Bewegungen, finanzierte diesen Film.
Man sieht den Protagonisten durch die Kasbah von Algier flanieren und von
Bakunin schwadronieren. Er raucht Kette, wirkt nicht cool, sondern gehetzt.
Am spannendsten sind die Debatten mit VertreterInnen afrikanischer
Befreiungsbewegungen, etwa aus Mozambique. Sie reagieren kühl auf Cleavers
Palaver.
28 Feb 2020
## LINKS
[1] /Neues-Album-von-Michael-Kiwanuka/!5639801/
## AUTOREN
Julian Weber
## TAGS
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