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# taz.de -- Zerreißprobe für die CDU: Die Renitenz der Thüringer
> Die Kanzlerin kritisiert mit klaren Worten den CDU-Landesverband in
> Thürigen. Doch der stellt sich quer. Und Friedrich Merz ist auch schon
> wieder da.
Bild: Mag keine Neuwahlen: Thüringens CDU-Chef Mike Mohring
Die Kanzlerin konnte nicht mehr umhin, sich zu Thüringen einzulassen.
Aktuell ist Angela Merkel unterwegs in Afrika. In Pretoria erklärte sie,
[1][die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich] zum Ministerpräsidenten
sei ein „einzigartiger Vorgang“, ein „Bruch“ mit allen Werten und
Prinzipien der CDU. Daher müsse „das Ergebnis wieder rückgängig gemacht
werden“.
Ungewöhnlich klare Worte, erst recht von Angela Merkel, die nicht zu
unmissverständlichen Formulierungen neigt. Aber klar, wenn in ihrer Partei
etwas ins Rutschen gerät, wankt immer auch die Regierungskoalition, die sie
führt.
Wenig später, am Donnerstagnachmittag, ist Thomas Kemmerich tatsächlich
[2][vom Amt des Ministerpräsidenten zurückgetreten]. Und FDP-Chef Christian
Lindner hat erklärt, am Freitag in seinem Parteivorstand die
Vertrauensfrage stellen zu wollen. Für Merkels CDU aber, deren Vorsitzende
sie 18 Jahre lang war, ist die Krise noch lange nicht ausgestanden.
Die Vorgänge von Erfurt haben überdeutlich gezeigt, wie dünn der Draht der
Bundespartei in den Landesverband mittlerweile ist – und wie wacklig
Thüringens Landeschef Mike Mohring. Der 48-Jährige hatte sich sowohl von
den Rechtsabweichlern in Fraktion und Partei treiben lassen als auch
versucht, dabei seine Haut zu retten.
## Landesverband neu Neuwahl ab
Zwar hatten sowohl Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer als auch ihr
Generalsekretär Paul Ziemiak Neuwahlen gefordert. Doch Thüringens
CDU-Landesverband lehnte das ab. Neuwahlen seien „keine Antwort auf die
entstandene Situation“, heißt es in einem am Donnerstag verbreiteten
Papier. „Angesichts der Tatsache, dass wir uns ein besseres Wahlergebnis
der CDU Thüringen gewünscht hätten, sind wir davon überzeugt, dass man
Bürgerinnen und Bürger nicht so lange an die Wahlurnen bitten sollte, bis
das Ergebnis passt.“
Die Renitenz der Thüringer, die [3][gemeinsam mit der Höcke-AfD] einem
FDP-Außenseiter ins Ministerpräsidentenamt verholfen hatten, zwingt die
Bundespartei zum Handeln. Viele Optionen hat sie nicht; die Satzung der CDU
sieht kaum Durchgriffsrechte auf die Landesverbände zu. Der Ausschluss der
Thüringer oder einzelner Mitglieder wurde zwar wohl erwogen; er würde aber
die CDU als Ganzes zerreißen und die Machtfrage weiter verschärfen.
Am Freitag trifft sich erst einmal das CDU-Präsidium, dem auch Mike Mohring
angehört, in Berlin. „Thüringen braucht jetzt einen Neustart“, sagte
Generalsekretär Paul Ziemak am Donnerstagnachmittag. „Neuwahlen sind dafür
der beste Weg.“
Annegret Kramp-Karrenbauers Dauerwidersacher Friedrich Merz macht sich
derweil bereit für seinen zigsten Anlauf auf die Führung. Gerade hat er
seinen Lobbyistenjob bei Blackrock aufgegeben [4][und verkündet], er werde
sich „in den nächsten Wochen und Monaten noch stärker für dieses Land
engagieren“. Kramp-Karrenbauer und Merkel dürfen dies getrost als
Kampfansage verstehen.
6 Feb 2020
## LINKS
[1] /FDP-stellt-Thueringer-Ministerpraesident/!5658263
[2] /Nach-Lindner-Besuch-in-Thueringen/!5662292
[3] /Coup-der-AfD-in-Thueringen/!5662211
[4] https://twitter.com/_FriedrichMerz/status/1225094761549389825
## AUTOREN
Anja Maier
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