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# taz.de -- Ende der Berliner Biermeile: Drei Bier vor vier
> Nach 23 Jahren gibt die Biermeile in der Karl-Marx-Allee ihr Ende
> bekannt. Ein Abschiedsgruß für ein großes Volksfest, auch für Linke.
Bild: Biermeile – der längste Biergarten der Welt
Berlin taz | Gerade dachte man noch, die [1][Karl-Marx-Allee] ist gerettet.
Erst am Freitag war bekannt geworden, dass die landeseigene
Wohnungsbaugesellschaft Gewobag, die vergangenes Jahr schon hunderte
Wohnungen in der Straße übernommen hatte, nun noch einen weiteren Block mit
151 Wohnungen am Frankfurter Tor angekauft hat. Die Freude, dass nun auch
die proletarischen BewohnerInnen vor Verdrängung geschützt sind, währte
jedoch nur ein Wochenende lang.
Dann wurde bekannt, dass das Internationale Berliner Bierfestival – die
Biermeile – im kommenden Sommer nicht mehr stattfinden wird, zu teuer seien
die immer weiter verschärften Auflagen der Behörden für Sicherheits-,
Sanitäts- und Absperrmaßnahmen, heißt es vom Veranstalter. Nicht nur für
die Straße, sondern für die ganze Stadt ist das Verschwinden dieses
Volksfestes im besten Sinne ein großer Verlust. 23 Jahre lang, seit 1996,
war die Biermeile für Anwohnende und Angereiste ein echter Höhepunkt. Ein
Treffpunkt für SaufkumpanInnen – und die ganze Familie.
Was bleibt, ist die Erinnerung an einen typischen Biermeilen-Samstag im
August, ziemlich sicher der sonnigste und ungetrübteste Tag des Jahres. Am
Mittag trifft man die alten Schulfreunde am Frankfurter Tor, erster
Bierstand rechts. Ein Pils zum Ankommen, solide Braukunst ohne
Schnickschnack. Mehr als 2.000 verschiedene Biere von mehr als 300
Brauereien stehen noch zur Auswahl. Erwartungsfrohe Menschen stürzen an
einem vorbei in den Parcours. 2,2 Kilometer sind zu absolvieren, nüchtern
betrachtet deutlich mehr als eine Meile. Betrunken auch.
Vorbei an den ersten deutschen Standard-Bieren und ersten Bratwurst- und
Knoblauchbrot-Buden ist der nächste Stopp eine Biermarke mit proletarischem
roten Stern. Ein Treffpunkt für größere Gruppen von Hooligans und Nazis
[2][ist das Fest schon lange nicht mehr]. Trotzdem, auch Biertrinken ist
politisch. Eigentlich müsste die Biermeile eh ein Fest für Linke sein: eine
internationale Messe auf der Prachtmeile des Sozialismus, auf der sich 22
Bierregionen von Franken über Belgien bis nach Asien und Südamerika
präsentieren, hat allemal mehr zu bieten als jedes Bergmannstraßenfest.
## Liebenswerter als ein begrünter Mittelstreifen
Am frühen Nachmittag auf einer Bierbank neben der für Autos gesperrten
Straße, die an diesem Tagen lebenswerter ist, als sie ein [3][begrünter
Mittelstreifen] je machen kann, stellt man fest, dass das Frankfurter Tor
keine 300 Meter entfernt ist, der Pegel aber schon messbar. Die
Leistungsgesellschaft kann uns mal. Ein Zwickel hier, ein Schwarzes da, und
die beste Chartmusik seit einem Jahr.
Beschwingt und nicht mehr ganz so durstig bleibt das belgische Kirschbier
links liegen, denn die wahren Meister des Bieres kommen aus Böhmen und
Mähren. Erst als es schon dunkel wird, nähert sich der letzte Stand am
Strausberger Platz. Die Freundschaften sind wieder intakt, die Verabredung
für das nächste Jahr auf der Biermeile steht. Jetzt muss sie abgesagt
werden. Biermeile, Du wirst fehlen.
3 Feb 2020
## LINKS
[1] /Karl-Marx-Allee/!t5549025
[2] /Sauffestival-in-Berlin-ohne-Nazis/!5216516
[3] /Koalitionsstreit-um-Strassenumbau/!5646440
## AUTOREN
Erik Peter
## TAGS
Bier
Karl-Marx-Allee
Friedrichshain
Karl-Marx-Allee
Flughafeneröffnung
Nazis
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