# taz.de -- Parlamentswahl in Peru: Debakel für Opposition | |
> Die rechtspopulistische Fuerza Popular stürzt ab. Die anderen | |
> zentristischen Parteien dürften Schwierigkeiten haben, eine Mehrheit zu | |
> bilden. | |
Bild: Soldaten am Sonntag auf dem Weg zur Stimmabgabe in Lima | |
Buenos Aires taz | [1][Keiko Fujimori] ist die große Verliererin der | |
Parlamentswahl in Peru. Ihre rechtspopulistische Fuerza Popular büßte die | |
bisherige Parlamentsmehrheit ein. Nach einer Schnellauszählung errang sie | |
nur 7 Prozent der Stimmen und kommt damit auf nur 12 Mandate. Vor vier | |
Jahren schaffte sie noch 36 Prozent der Stimmen und mit 73 Mandaten eine | |
klare Mehrheit in dem 130-köpfigen Einkammerparlament. | |
Von den 21 Parteien schafften zehn den Sprung über die Fünfprozenthürde. | |
Stärkste Fraktion wurde die rechtskonservative Acción Popular mit 10,1 | |
Prozent der Stimmen. Für eine Überraschung sorgte die | |
evangelikal-fundamentalistische Frente Popular Agrícola, die mit 8,9 | |
Prozent landesweit zweitstärkste Kraft wurde. Mit 7,5 Prozent kam die | |
rechtsliberale Partido Morado auf Platz fünf. Sie steht der Regierung von | |
Präsident Martín Vizcarra nahe. | |
Aufgerufen zur Stimmabgabe waren rund 24,8 Millionen Wahlberechtigte. Wegen | |
der Wahlpflicht lag die Beteiligung bei rund 80 Prozent, obgleich der | |
Wahlkampf von einem großen Desinteresse der Bevölkerung geprägt war. Die | |
Wahl war notwendig, nachdem Präsident Vizcarra im vergangenen September das | |
Parlament aufgelöst hatte. Die 130 neuen Abgeordneten des | |
Einkammerparlaments sind anderthalb Jahre im Amt und vollenden die seit | |
2016 laufende Legislaturperiode. | |
„Stimmen Sie für Kandidaten, die gegen Korruption und für die Aufhebung der | |
parlamentarischen Immunität bei Straftaten eintreten“, hatte Vizcarra vor | |
der Wahl gesagt, was ihm eine Rüge der Nationalen Wahlkommission | |
einbrachte, die ihn an seine von der Verfassung vorgeschriebene Neutralität | |
erinnerte. Nach den letzten Umfragen kann Vizcarra auf die Zustimmung von | |
knapp 60 Prozent der Bevölkerung setzen. | |
## Spannungen mit dem Parlament | |
Der Präsident muss künftig für jedes seiner Vorhaben mit dem zersplitterten | |
Parlament verhandeln. Vizcarra verfügt weder über eine eigene Partei noch | |
über eine eigene Fraktion im Parlament. Zunächst Vizepräsident, hatte er | |
das Amt März 2018 von Pedro Pablo Kuczynski übernommen, der wegen | |
Korruptionsvorwürfen zurücktreten musste. | |
Vizcarras Ankündigung, mit der Korruption aufräumen zu wollen, führte | |
unmittelbar zu Spannungen mit dem Parlament. Vor allem die Fuerza Popular | |
stellte sich quer. Zum Knall kam es im vergangenen September, als die Wahl | |
einiger Richter*innen zum obersten Verfassungsgericht anstand. Vizcarra | |
wollte verhindern, dass die Parlamentarier*innen solche Jurist*innen | |
auswählen, die ihnen einen laxen Umgang mit ihren Korruptionsaffären | |
garantierten. | |
Der Präsident erklärte die Abstimmung im Parlament über ein transparenteres | |
Ernennungsprozedere zur Vertrauensfrage. Die Mehrheit lehnte ab. Im | |
Gegenzug löste Vizcarra das Parlament auf. Die Parlamentarier*innen | |
widersetzten sich, erklärten den Präsidenten für ab- und seine | |
Vizepräsidentin für eingesetzt. Als sich die Streitkräfte geschlossen | |
hinter Vizcarra stellten, ruderten sie zurück. | |
All das sind Nachbeben des Odebrecht-Skandals, der Peru vor drei Jahren | |
schwer erschütterte. Damals wurden die Ermittlungsergebnisse eines New | |
Yorker Gerichts bekannt, nach denen der brasilianische Baukonzern Odebrecht | |
von 2001 bis 2015 rund 790 Millionen US-Dollar Schmiergeld an Politiker und | |
deren Strohmänner in mindestens zehn lateinamerikanischen Ländern verteilt | |
haben soll, um sich öffentliche Aufträge zu sichern. Davon sollen 29 | |
Millionen Dollar nach Peru geflossen sein. | |
## Unter Hausarrest | |
Keines der 46 Ermittlungsverfahren in Sachen Korruption, die in den | |
vergangenen Jahren eingeleitet wurden, hat bisher zu einem | |
Gerichtsverfahren geführt. Ermittelt wird nicht nur gegen zahlreiche | |
Abgeordnete, sondern auch gegen die drei Ex-Präsidenten Ollanta Humala | |
(2011–2016), Pedro Pablo Kuczynski (2016–2018) und Alejandro Toledo | |
(2001–2006). | |
Während Humala und Kuczynski im Hausarrest auf ihre Prozesse warten, sitzt | |
Toledo in den USA in Auslieferungshaft. Der ehemalige Präsident Alan García | |
(1985–1990, 2006–2011) hatte sich im April 2019 seiner Festnahme durch | |
Suizid entzogen. | |
Keiko Fujimori wurde Ende November nach 13 Monaten Untersuchungshaft zwar | |
entlassen. Gegen die Tochter des früheren Präsidenten Alberto Fujimori | |
(1990–2000) wird jedoch weiter ermittelt. Ihr wird vorgeworfen, für ihre | |
Kampagne zur Präsidentschaftswahl 2011 vom brasilianischen Baukonzern | |
Odebrecht 1,2 Millionen Dollar erhalten zu haben. | |
27 Jan 2020 | |
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[1] /Korruptionsverdacht-in-Peru/!5542452 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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