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# taz.de -- Perus Präsident abgesetzt: „Permanente moralische Unfähigkeit“
> Perus Parlament setzt mit großer parteiübergreifender Mehrheit den
> Präsidenten Martín Vizcarra ab. Der Grund sind Korruptionsvorwürfe.
Bild: Akzeptiert seine Absetzung: Martín Vizcarra am Montagabend vor Perus Pr�…
Buenos Aires taz | Perus Präsident Martín Vizcarra ist abgesetzt. Am Montag
stimmte das Parlament für die sofortige Amtsenthebung des 57-jährigen
Politikers wegen „permanenter moralischer Unfähigkeit“. 105 Abgeordnete
votierten dafür, nur 19 dagegen, vier Abgeordnete enthielten sich. Damit
wurde die notwendige Zweidrittelmehrheit von 87 Stimmen weit übertroffen.
„Noch heute verlasse ich den Regierungspalast“, akzeptierte Vizcarra die
Entscheidung des Parlaments. Bereits am Dienstag soll Parlamentspräsident
Manuel Merino von der Mitte-rechts-Partei Acción Popular als Nachfolger
vereidigt werden.
Vizcarra wird vorgeworfen, als Bezirksgouverneur von Moquegua in den Jahren
2011 bis 2014 mehrere Hunderttausend Euro Schmiergelder unter anderem für
den Zuschlag zur Errichtung eines Krankenhauses von einer Baufirma erhalten
zu haben. Bei den Voruntersuchungen der zuständigen Staatsanwaltschaft
wurde Vizcarra von den Eigentümern der Baufirma belastet, gegen die jedoch
selbst wegen Bestechung ermittelt wird und die sich von ihren Aussagen
gegenüber der Staatsanwaltschaft ein milderes Strafmaß erhoffen.
Vor der Abstimmung hatte sich Vizcarra optimistisch gezeigt und fest mit
seinem Verbleib im Amt gerechnet. „Das Ermittlungsverfahren hat gerade erst
angefangen, alles sind Hypothesen“, verteidigte sich Vizcarra am Montag in
seiner Rede im Parlament. „Es gibt keinen eindeutigen Beweis, keinen Beweis
für ein Verbrechen, und es wird auch keinen geben, weil ich keine
Bestechungsgelder gesammelt habe“, fügte er hinzu.
## Kritik auch am Corona-Krisenmanagement
Trotzdem war die Zustimmung des Parlaments zu seiner Amtsenthebung nicht
nur groß, sondern auch parteiübergreifend. Lediglich die neun Abgeordneten
der Vizcarra nahestehenden Partido Morado stimmten geschlossen dagegen.
Dabei mischten einige Abgeordnete in ihren Reden die Bestechungsvorwürfe
mit Kritik an [1][Vizcarras Krisenmanagement in der Coronapandemie]. Bisher
sind rund 34.900 Menschen an den Folgen einer Virusinfektion gestorben.
Mehr als 922.000 der rund 32 Millionen Einwohner*innen haben sich
infiziert.
Perus linksgemäßigte Tageszeitung La República nannte Vizcarras Absetzung
einen „Staatsstreich des Parlaments“, mit dem die korrupten Abgeordneten
ihre eigene Straflosigkeit retten wollen. Bei seinem Amtsantritt 2018 hatte
Vizcarra der Korruption den Kampf angesagt. Gegen zahlreiche
Parlamentarier*innen wird wegen Korruption, Bereicherung und
Vetternwirtschaft ermittelt.
Noch im September hatte der Präsident ein erstes Amtsenthebungsverfahren
des Parlaments unbeschadet überstanden. Damals ging es um umstrittene
Verträge mit einem Sänger im Wert von knapp über 40.000 Euro. Vizcarra
wurde vorgeworfen, bei der Vertragsunterzeichnung nachgeholfen zu haben.
Lediglich 32 Abgeordnete votierten für seine Absetzung, 78 dagegen.
Vizcarra hatte das Amt im März 2018 vom damals zurückgetretenen Präsidenten
[2][Pedro Pablo Kuczynski] übernommen. Mit seinem Rücktritt war Kuczynski
einer Amtsenthebung durch das Parlament wegen Korruptionsvorwürfen gegen
ihn zuvorgekommen. Vizcarra war damals Vizepräsident, zugleich aber auch
Botschafter in Kanada. Nach Kuczynskis Abgang war er nach Peru
zurückgereist und hatte das Amt übernommen. Seit Montag ist er Perus
vierter Präsident, der vom Parlament abgesetzt wurde.
10 Nov 2020
## LINKS
[1] /Peru-im-Corona-Lockdown/!5683142
[2] /Odebrecht-Skandal-in-Lateinamerika/!5493368
## AUTOREN
Jürgen Vogt
## TAGS
Peru
Martín Vizcarra
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