# taz.de -- Rassismus im Jugendsport: „Ey, du schwarzes Kind!“ | |
> In Berlins Basketball-Szene gibt es Vorwürfe, Entschuldigungen und | |
> Zurückweisungen. Ist es Rassismus, Überforderung, Dummheit? | |
Bild: Schlechter Schiedsrichter? Rassistischer Schiedsrichter? Es geht um subti… | |
Berlin taz | Ende des vergangenen Jahres beschäftigen zwei Fälle den | |
Berliner Spitzenbasketball. Im Dezember 2019 wird der Spieler [1][Greg | |
Monroe] vom FC Bayern von einem Alba-Zuschauer rassistisch beleidigt. | |
Einige Zeugen melden den Vorfall, die Klubs distanzieren sich, der Täter | |
erhält Hausverbot. Im November wird beim Zweitligaspiel von Lok Bernau | |
gegen die Itzehoe Eagles der Spieler Christopher Hooper von drei Zuschauern | |
rassistisch beleidigt. Auch diesmal entschuldigen sich die Klubs, die Täter | |
werden der Halle verwiesen. „Ich fand die Reaktion wirklich gut“, sagt | |
Hooper der taz. | |
Auch der lokale Basketball diskutiert über Rassismus. Doch die Situation | |
ist undurchsichtig, die Fronten sind verhärtet. Es geht, je nach | |
Sichtweise, um einen Verband, der aktive Sensibilisierung gegen Rassismus | |
über Jahre kaum als notwendig sehen oder angehen wollte, oder um einen | |
einzelnen Klub, der sich ständig und trotz zweifelhafter Faktengrundlage | |
benachteiligt fühlt. Und um die Fragen: Wie geht man in einer Randsportart | |
mit subtiler Diskriminierung um? Wie kommt man zu konstruktiven | |
Maßnahmen? | |
Im Mittelpunkt steht der Verein [2][ISS Berlin], die Interkulturelle | |
Sportakademie Schöneberg. | |
Der schwarze US-stämmige Coach Anthony Baggette hat das Kreuzberger | |
Basketballprojekt vor elf Jahren gegründet, um schwarzen und | |
türkischstämmigen Kids eine bessere Chance zu geben. Der Verein ist mit | |
vielen Jugendteams erfolgreich und hat nach eigener Darstellung als | |
einziger Klub viele schwarze Trainer. Seit etwa sechs Jahren richtet vor | |
allem Anthony Baggette als Wortführer lange Mails an den [3][Berliner | |
Basketball Verband] (BBV) und Institutionen bis hin zu internationalen | |
NGOs. Es geht um Rassismus und häufig um Schiedsrichterentscheidungen, bei | |
denen, so der Tenor, der Klub benachteiligt würde, bewusst oder unbewusst, | |
vielleicht aus Voreingenommenheit. | |
Anthony Baggette hat sich gegenüber der taz geäußert, aber er zieht alle | |
Zitate zurück, als er offenbar das Gefühl bekommt, der Artikel gehe nicht | |
in die von ihm gewünschte Richtung. Andere sprechen offen und suchen | |
Lösungen in einem Sport, der sich erst langsam eines Alltagsrassismus | |
bewusst wird und damit auseinandersetzt, wo dieser anfängt, und wer ihn | |
definiert. | |
## Akademikersport, der subtile Vorurteile ignoriert | |
In einer Gesprächsrunde mit der taz schildern Trainer, Eltern und Spieler | |
des Vereins ISS ihre Erfahrungen. Sie zeichnen das Bild einer | |
Akademikersportart, die die Möglichkeit subtiler und direkter Vorurteile | |
nicht wahrhaben wolle. Eine Mutter, Niki Drakos, erzählt, wie ihr Sohn in | |
einem Spiel die Arme ausbreitete, und das als angeblich obszöne Gang-Geste | |
und Technisches Foul gewertet wurde. „Die Annahme, dass ein afrodeutscher | |
Junge eine obszöne Gang-Geste macht, ist so voll von Vorurteilen und | |
Narrativen“, sagt sie. Der BBV habe sich geweigert, die Videoaufnahmen | |
davon anzuschauen – vom Verband heißt es, ein Technisches Foul sei eine | |
Tatsachenentscheidung, die nicht aufgehoben werden könne, das Video sei | |
daher irrelevant. ISS-Jugendtrainer Moses Adekunle berichtet von | |
gegnerischen Eltern, die einem Spieler zugerufen hätten: „Ey, du schwarzes | |
Kind, geh mal weg!“ Ein gegnerisches Kind in der U10 habe „Neger“ gesagt | |
und die Eltern hätten weggehört. | |
Übereinstimmend heißt es in der Runde, vor allem Auswärtsspiele in wenig | |
durchmischten Berliner Stadtteilen seien ein Problem, von Eltern | |
gegnerischer Spieler schlage ihnen Misstrauen entgegen. U12-Trainer Curtis | |
Love erzählt von einem Vorfall, bei dem einer Frau ein Handy | |
abhandengekommen sei, und sie sei „überzeugt gewesen, einer von uns hätte | |
es genommen“. Seine Spieler, viele mit Migrationshintergrund, hätten von | |
der Polizei ihre Sachen durchsuchen lassen müssen. Die Frau sei selbst eine | |
„Akademikerin mit Migrationshintergrund“ gewesen. | |
Es geht nicht nur um Rassismus, sondern auch um soziale Fragen. Curtis Love | |
sagt: „Du kannst Rassismus bei Akademikereltern kaum ansprechen, weil sie | |
überzeugt sind, das könne auf keinen Fall sein.“ Die ISS bringt eine | |
detaillierte Rassismuskritik an, wie sie vorher offenbar nicht | |
stattgefunden hat, und bricht damit ein Tabu und stößt auf Widerstände. Das | |
ist die Ausgangslage. | |
Und dann gibt es eine wesentlich umstrittene Anschuldigung. Gregor Wendler, | |
ehemals Vizepräsident der ISS, spricht etwa von einer regelmäßig „sehr | |
subjektiven Auslegung des Regelwerks“ durch Referees bei seinem Verein. Bis | |
vor einigen Jahren seien Hinweise dazu vom Verband „nicht ernst | |
beziehungsweise gar nicht wahrgenommen“ worden. Statistisch nachweisen | |
lässt sich eine strukturelle Benachteiligung nicht: Aus Datenschutzgründen | |
dürfen keine Foul-Statistiken mehr geführt werden, und in alten Statistiken | |
wiesen ISS-Spiele laut BBV nicht mehr oder weniger Fouls auf als die | |
anderen. | |
Die Faktenlage ist dünn. Mehrfach fällt von einem ISS-Beteiligten der Satz, | |
er könne einen schlechten von einem rassistischen Schiedsrichter | |
unterscheiden. Wirklich? Und muss nicht, wer Rassismusvorwürfe erhebt, | |
Belege haben? „Es kann nicht sein, dass wir immer noch nachweisen müssen, | |
dass Rassismus passiert“, sagt Niki Drakos. „Die Beweislast muss umgekehrt | |
sein.“ Denn aufgrund der unconscious biases, meint sie, reproduziere jeder | |
Rassismus. Der Verband wiederum fordert, was eine Institution in einem | |
Rechtsstaat zu fordern hat: Beweise. | |
BBV-Präsident Stephan Herwig und der Sportliche Leiter des BBV, Marius | |
Huth, wirken, als seien sie leicht erschöpft und entnervt von der | |
Diskussion. „In anderen Vereinen spielen bis zu 60 Nationalitäten, von | |
diesen Klubs beschwert sich niemand über Rassismus“, sagt Herwig. „Es kommt | |
immer nur von diesem Verein, das macht es so schwer greifbar.“ | |
Er frage seit Jahren die anderen 30 bis 50 Vereine auf | |
Mitgliederversammlungen, ob es ein Problem gebe. „Es gibt nicht einen | |
protokollierten Einwand.“ Allerdings gibt es in anderen Klubs auch kaum | |
schwarze Trainer. ISS-Vorstandsmitglied Katrin Kühn sagt: „Es kommt | |
natürlich darauf an, wer in den anderen Vereinen gefragt wird. Die | |
Vorstände und Präsidien der oft großen und traditionsreichen Vereine sind | |
nicht gerade repräsentativ besetzt.“ Die Hürden davor, sich zu melden, | |
seien für Betroffene hoch. | |
## Rassismus oder doch etwas anderes? | |
Stephan Herwig vom BBV hingegen sieht die Diskussion vor allem als Konflikt | |
mit Anthony Baggette, einem Coach, der oft nicht zwischen Fehlentscheidung | |
und Rassismus unterscheiden könne. Mit dessen teils achtseitigen englischen | |
Ergüssen sei er als Ehrenamtler auch schlicht überfordert. Das Problem: Es | |
gibt zu wenige Engagierte, knappe Ressourcen und eine vielseitige Flut von | |
Beschwerden. Freilich ist es der älteste taktische Schachzug des | |
Verbandswesens, Probleme zu personalisieren und damit abzuwerten. | |
Der Sportliche Leiter Marius Huth wirkt durchaus bemüht; 25 Leute | |
verschiedener Herkunft hauptsächlich aus Vereinen mit hohem Migrantenanteil | |
habe er nach dem taz-Gespräch angeschrieben, teilt er mit. Keiner habe, so | |
seine Darstellung, Rassismuserfahrungen gemacht. Auch eine taz-Befragung | |
der Vereine der U18-Liga bekommt wenig Rücklauf. Nur zwei Vereine melden | |
sich, der DBV Charlottenburg und die Berlin Tiger, beide nach eigenen | |
Angaben mit multikulturellen Teams. Die Tiger sind Partnerverein der ISS | |
und unterstützen sie. Beide Klubs geben an, keine Erfahrungen mit Rassismus | |
gemacht zu haben. Janek Rebner, Sportwart der Tiger, sagt: „Wir sind der | |
Meinung, dass der BBV in den letzten Jahren ziemlich fair war.“ Rebner ist | |
weiß. | |
Katrin Kühn wünscht sich eine Erhebung zu rassistischen oder | |
diskriminierenden Erfahrungen unter Spielern, Eltern und Trainern. Wer | |
sprechen will, braucht Zahlen. Die fehlen bisher. Erfahrungen mit bewusstem | |
Rassismus freilich kennt diese U18-Liga, auch jenseits von ISS. Joe | |
Asberry, Jugendtrainer bei Hellas Basket Berlin, erinnert sich, wie er | |
letzte Saison mit seiner Mannschaft in eine Halle in Berlin-Charlottenburg | |
gekommen sei. Einer seiner Spieler sagte, er habe die Trikots vergessen. | |
Asberry habe den zuständigen Coach vor dem Spiel um etwas mehr Zeit | |
gebeten, um die Leibchen zu holen. Da habe ihn der Schiedsrichter gefragt: | |
„Ey, was willst du denn hier?“ Asberry habe im Spaß erwidert: „Reden wir | |
Deutsch oder Englisch?“ Die Replik: „Wir sind in Deutschland, hier wird | |
Deutsch gesprochen.“ | |
Und auch Joe Asberry glaubt, dass seine afrikanischstämmigen Spieler immer | |
die meisten Fouls bekämen. Vielleicht wegen Rassismus, vielleicht wegen | |
ihrer Athletik, es sei ein schmaler Grat. Er sagt: „Es gibt in Berliner | |
Jugendteams viele starke Spieler of Color. Aber ich denke, sie bekommen | |
nicht dieselbe Chance.“ Der Fall mit dem Schiedsrichter ist dem BBV nicht | |
bekannt. | |
Es herrscht offenbar eine gewisse Sprachlosigkeit im Umgang mit Rassismus. | |
Vor allem fehlt eine Anlaufstelle. Joe Asberry sagt, er schätze das | |
Engagement von ISS: „Ich bin froh, dass Anthony tut, was er tut, irgendwer | |
muss die Eier haben. Aber es hat die Situation schlimmer gemacht. Das ist | |
natürlich immer so: Wer aufsteht, wird als Monster dargestellt.“ | |
## Klärungsstelle für Diskriminierungsfälle | |
Schon lange fordern ISS-VertreterInnen eine neutrale Klärungsstelle für | |
Diskriminierungsfälle. ISS-Mann Wendler spricht von einer Einstellung, „die | |
raren Ressourcen nicht auf die Rassismusbekämpfung zu lenken“. Auch fehlt | |
Druck von anderen Klubs. Aber es bewegt sich etwas. Zum Verbandstag im | |
April „werden wir die Klärungsstelle vorstellen“, so Marius Huth, „an die | |
sich Spieler, Trainer, Eltern, Schiedsrichter oder andere Beteiligte wenden | |
können, in Fällen von Diskriminierung jeglicher Art.“ Diesem Gremium sollen | |
auch verbandsunabhängige Mitglieder angehören. Das ist ein lange benötigter | |
Anfang, und eine salomonische Auslagerung des Konflikts. | |
Max Wiese, Jugendkoordinator beim DBV Charlottenburg, glaubt: „Vonseiten | |
der Verbände und Vereine sollte es eine größere Sensibilisierung geben, um | |
mehr Verständnis aufzubringen. Viele der Probleme basieren auf Mangel an | |
Verständnis von beiden Seiten.“ Und es gibt noch eine andere Ursache. | |
Wiese: „Es gibt vor allem ein Schiedsrichterproblem.“ | |
Es ist der Punkt, auf den sich alle Seiten einigen können, bei dem einige | |
Fäden zusammenlaufen. Auch Marius Huth räumt ein: „Ich kann gar nicht | |
ausschließen, dass manche Schiedsrichter rassistische Hintergedanken haben, | |
aber vor allem gibt es ein Qualitäts- und ein Quantitätsproblem.“ Die | |
Beschwerde, es werde unfair gepfiffen, erhalte er von allen Klubs. Der | |
Basketball spürt wie viele andere Sportarten den Schwund freiwilligen | |
Engagements, es pfeifen zu wenige und zu schlechte Schiedsrichter. Der | |
Verband bemühe sich, die Qualität mit Fortbildungen zu verbessern. | |
Von 140 neu ausgebildeten Schiedsrichtern gingen allerdings nicht mal 20 | |
Prozent ins zweite Jahr. Es gebe enormen Druck von Trainern und aggressiven | |
Eltern, so Huth: „Viele Schiris sagen: Auf dieses Gepöbel habe ich keinen | |
Bock mehr.“ Und er sagt: „Anthony Baggette bezieht fehlende Qualität immer | |
auf die Rassismuskarte.“ | |
## „Schiedsrichter wollen zeigen, wer der Boss ist“ | |
ISS-Vertreter wie Gregor Wendler stimmen dem Qualitätsproblem zu. Man müsse | |
in einigen Fällen Verständnis haben, es gebe „sehr viele und junge | |
unerfahrene SchiedsrichterInnen.“ Der Schiedsrichter Motaz Hamed kritisiert | |
ein grundsätzliches Problem im Schiedsrichterwesen. „Mittlerweile denken | |
die Schiedsrichter in Berlin nicht mehr pädagogisch, sondern wollen | |
zeigen, dass sie der Boss sind.“ Die Spieler könnten kaum mit ihnen | |
kommunizieren. „Ich spreche das jedes Jahr auf der Fortbildung an, aber es | |
ändert sich nichts.“ Die SchiedsrichterInnen machen jedes Wochenende viele | |
verschiedene Erfahrungen, auch als Opfer von Rassismus. | |
Motaz Hamed erinnert sich an eine Partie, die er in der U14-Oberliga | |
gepfiffen habe. Emotional sei es zugegangen und irgendwann hätten Eltern | |
begonnen, ihn und seinen türkischstämmigen Schiedsrichterkollegen permanent | |
rassistisch zu beleidigen. „Was wir in Deutschland verloren hätten, warum | |
zwei Ausländer das Spiel pfeifen würden. Den Eltern habe ich irgendwann | |
gesagt: Wenn ihr nicht aufhört, beende ich das Spiel.“ Hamed schildert, wie | |
die Gruppe sich schließlich gefangen habe, aber auf dem Weg nach draußen | |
habe sie nach der Partie sarkastisch für die Schiedsrichter geklatscht. | |
Der Kollege sei auf Türkisch beleidigt worden. Und verteidigt habe die | |
Schiris Anthony Baggette, damals Trainer beim anderen Team. Hamed | |
unterstützt Baggettes Anliegen. „Über Rassismus im Basketball wird in | |
Deutschland nicht gesprochen. Der BBV hält sich relativ fern. Sie wollen | |
das nicht wahrhaben, sie wollen sich damit nicht herumschlagen. | |
Konfrontation bedeutet Arbeit, und es sind eben alles Ehrenamtler.“ Der BBV | |
habe nicht reagiert. Der Sportliche Leiter des Verbands, Marius Huth, sagt | |
dagegen, die Kollegen hätten alle E-Mail-Eingänge durchsucht. In der | |
Beschwerde Hameds finde sich „kein einziges Wort, das auf einen | |
rassistischen Vorfall schließen lässt“. Wie so oft steht Aussage gegen | |
Aussage. | |
Längst beeinflusst die Lage auch die SchiedsrichterInnen. Aber wie? Hamed | |
formuliert es so: „Wer einmal beim BBV den Buhmann gemacht hat, ist | |
bekannt. Die Schiedsrichter reden untereinander. Schiedsrichter fühlen sich | |
nicht wirklich als Teil der BBV-Community, eher als eigener Verein. Da wird | |
viel geredet, und jeder kennt Anthony.“ Die junge Schiedsrichterin mit | |
Migrationshintergrund, die ihren Namen hier nicht lesen will, hat auch ihre | |
Erfahrung mit ISS gemacht. Sie pfiff eine Partie zwischen ISS und Berlin | |
Tiger, ein sehr enges und emotionales Spiel, wie sie sagt. | |
Seit sechs Jahren ist sie Schiedsrichterin und habe in der Zeit fast keinen | |
Rassismus erlebt. „Im ersten Jahr habe ich noch ohne Kopftuch gepfiffen, | |
dann habe ich mich getraut, es aufzusetzen, und hatte wirklich keine | |
Probleme.“ Anders sei das bei der ISS gewesen. Nach dem Spiel sei ein Vater | |
sie angegangen: „Lass dieses Pfeifen, geh lieber Döner schneiden!“ Sie | |
lasse so etwas eigentlich nicht an sich ran, „aber das ging mir echt an die | |
Nieren.“ | |
Die ISS bestätigt den Vorfall, der Vater wird vom Verein selbst für einige | |
Spiele gesperrt. Die junge Schiedsrichterin hat nicht das Gefühl, dass die | |
Entschuldigung des Vereins aufrichtig gewesen sei. Schon während der | |
Partie, sagt sie, sei sie von einem ISS-Trainer als Rassistin beschuldigt | |
worden. „Ich habe ihn gefragt: Wie kann das sein, wenn ich selbst Kopftuch | |
trage?“ Freilich schützt ein Kopftuch nicht vor bewusstem oder unbewusstem | |
rassistischem Handeln. Einen konkreten Anhaltspunkt habe es aber nicht | |
gegeben: „Ich bin die Letzte, die Rassistin ist. Ich möchte dort nicht mehr | |
pfeifen. Es ist bei der ISS ja auch kein Einzelfall, dass man verbal | |
angegriffen wird.“ | |
## Auch der Begriff „Nazi“ soll gefallen sein | |
Dass jeder vermeintlich falsche Pfiff dort als Rassismus gelte, diese | |
Anschuldigung bringt nicht nur die Schiedsrichterin vor. Ein Berliner | |
Verein, der ebenfalls nicht genannt werden möchte, gibt an, „haltlose“ | |
Rassismus-Anschuldigungen erlebt zu haben, gegenüber dem Schiedsrichter und | |
ihren Trainern. „Weder die kritisierten Entscheidungen noch sonst eine | |
Handlung im Verlaufe des Vorfalls gaben aus Sicht der hier | |
stellungnehmenden Personen Anlass, eine rassistische oder sonst | |
voreingenommene Einstellung der betroffenen/beschimpften Personen gegenüber | |
dem ISS anzunehmen.“ Auch der Begriff „Nazi“ soll gefallen sein. Man nehme | |
Rassismus im Sport ernst, warne aber aufgrund persönlicher Erfahrung davor, | |
den ISS-Anschuldigungen „zu viel Raum zu geben“. ISS gibt an, die Vorfälle | |
seien ihnen nicht bekannt. | |
In einer lokalen Fehde im Basketball spiegeln sich Komplikationen der | |
Gegenwart, wie sie zuletzt auch etwa im Rahmen der #Metoo-Bewegung deutlich | |
wurden. Wie spricht man über subtile Diskriminierung? Ist eine gefühlte | |
Diskriminierung schon eine faktische? Haben Beschuldigte überhaupt eine | |
Chance, sich zu verteidigen? Und wie arbeitet man gegen rassistische | |
Einstellungen und solches Handeln? Sportverbände sind da, auch wegen | |
begrenzter Mittel, häufig schlecht aufgestellt. Die ISS möchte schon lange, | |
wie Spielermutter Niki Drakos formuliert, eine „rassismuskritische | |
Sensibilisierung aller Beteiligten“ in Macht- und Entscheidungspositionen | |
und eine „unabhängige Ansprechstelle“. | |
Nicht nur soll im April die Klärungsstelle kommen. Marius Huth schreibt | |
auch an Anthony Baggette von Plänen für einen Trainerworkshop im Frühjahr, | |
„bei dem es um das ganze Thema der Diskriminierung geht“. Und ein Teil der | |
jährlichen SchiedsrichterInnen-Workshops solle von Diskriminierung handeln, | |
„sodass alle Schiedsrichter von dem Thema hören und lernen, was zu tun ist, | |
wenn ihnen in Spielen etwas auffällt.“ Beide Seiten signalisieren | |
Versöhnlichkeit. Um aus Sprachlosigkeit und Verhärtung ein gemeinsames | |
Vorgehen zu schaffen. | |
8 Feb 2020 | |
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## AUTOREN | |
Alina Schwermer | |
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