# taz.de -- Rassismus im internationalen Fußball: „Tore haben keine Farbe“ | |
> Auch der portugiesische Fußball hat jetzt seinen Rassismus-Skandal. | |
> Leidtragender ist der FC-Porto-Spieler Moussa Marega. | |
Bild: Moussa Marega, betroffener Spieler des FC Porto | |
Guimarães/Barcelona taz | Die Ultras von Vitória Guimarães heißen „White | |
Angels“, was schon mal wenig Gutes vermuten lässt. Die Vereinsfarben des | |
Klubs aus der Geburtsstadt des ersten portugiesischen Königs Afonso | |
Henriques sind jedenfalls Schwarz und Weiß. Tatsächlich gilt die | |
Gruppierung unter Eingeweihten als politisch rechts. Weshalb es wohl kein | |
Zufall ist, dass sich just in Guimarães – der „Wiege Portugals“ – am | |
Sonntagabend ein Vorfall ereignete, der das Land schockiert. | |
Nachdem er schon beim Aufwärmen als „Affe“ oder „Schimpanse“ verunglim… | |
worden war, erlaubte es sich Moussa Marega, dunkelhäutiger Stürmer des | |
Gästeteams vom FC Porto, in der 60. Minute den Treffer zum 2:1-Endstand zu | |
erzielen. Beim Jubeln zeigte er auf seine Haut und wurde mit Sitzschalen | |
beworfen, untermalt vom Chorus deutlicher Affenlaute. Die Gelbe Karte | |
kassierte allerdings er, die Beleidigungen wurden immer heftiger, und zehn | |
Minuten später hatte Marega, in Frankreich geborener Stürmer mit Wurzeln | |
aus Mali, genug – er verließ den Platz. Seine Mitspieler konnte ihn nicht | |
aufhalten, der Trainer auch nicht, es ging aber auch keiner mit ihm. Beim | |
Verlassen des Platzes streckte Marega der Tribüne beide Daumen nach unten | |
entgegen. | |
Das tat am Montag das ganze Land. Angefangen ganz oben bei Staatspräsident | |
Marcelo Rebelo da Sousa, der seine „vollständige Solidarität“ mit Marega | |
übermittelte; dieser sei „nicht nur ein großartiger Fußballer, sondern auch | |
ein großartiger Bürger“. Fußballverband und Liga kündigten an, alles daf�… | |
zu tun, um die Rassisten künftig aus den Stadien fernzuhalten, und während | |
der FC Porto in einer Mitteilung von einem der „Tiefpunkte der | |
portugiesischen Fußballgeschichte“ sprach, überbrückte die Anteilnahme | |
sogar die abgrundtiefen Differenzen zum Erzrivalen Benfica Lissabon. „Immer | |
gegen Rassismus“, hieß es von dort in einer Videobotschaft. | |
Die Episode wühlt Portugal in besonderem Maße auf – weil kaum ein Land mehr | |
Grund hatte, sich gegen Rassismus gefeit zu sehen, als die Nation von | |
Eusébio, dem ersten dunkelhäutigen Star des europäischen Fußballs. Das Land | |
von unzähligen weiteren schwarzen Nationalspielern aus den ehemaligen | |
portugiesischen Kolonien wie Éder, dem Siegtorschützen des letzten | |
EM-Finals. Portugal ist auch das Land, das bis zu den letzten | |
Parlamentswahlen im Oktober seit der Nelkenrevolution 1974 keinen | |
rechtsextremen Abgeordneten ertragen musste. Seither gibt es einen | |
einzigen, der aber so viel Lärm macht, dass mehr zu befürchten steht. | |
## Auf welcher Seite stehst du | |
Er heißt André Ventura und wurde zunächst durchs Boulevardfernsehen in | |
einem der aus Brasilien importierten Fußball-und-Crime-Formate bekannt. | |
Dabei trat er als Sympathisant von Benfica auf – bei der Wahl fuhr er in | |
der Hauptstadtregion deutlich mehr Stimmen ein als in Nordportugal, wo es | |
die Leute mit Porto halten. | |
Nun behauptete er, es habe keinen Rassismus in Guimarães gegeben, aber wie | |
der Rechtspopulist war sich auch Vitórias Präsident nicht zu dumm für | |
Beschwichtigungen. Weil Marega früher selbst ein Jahr für seinen Klub | |
spielte, musste der Stammesgedanke zur Rechtfertigung herhalten. „Von | |
rassistischen Beleidigungen habe ich nichts mitbekommen, nur von der | |
provokanten Attitüde eines Spielers gegenüber dem Publikum“, so Miguel | |
Pinto Lisboa. | |
Der Verein kooperiert eng mit den Ultras, und die machten in einem kruden | |
Statement ebenfalls das Opfer zum Täter. Marega nahm gestern Mitspieler | |
Otávio in Schutz, der ihn am Verlassen des Platzes hindern wollte: „Er | |
steht auf meiner Seite.“ Von den Schiedsrichtern hätte er allerdings | |
Unterstützung erwartet. „Ich hoffe, ich sehe euch nie wieder auf dem | |
Fußballplatz, ihr seid eine Schande!“, schrieb er schon am Sonntagabend. | |
In keiner Stufe wurde das Protokoll befolgt, das für den Fall rassistischer | |
Pöbeleien erst eine Warnung über den Stadionsprecher, dann eine längere | |
Unterbrechung und schließlich den Spielabbruch vorschreibt. Allein Portos | |
Trainer Sérgio Conceição hatte den Mut, dem Publikum sein Benehmen | |
vorzuhalten. Nach dem Spiel sagte er nur so viel: „Was hier passiert ist, | |
ist erbärmlich.“ | |
17 Feb 2020 | |
## AUTOREN | |
Florian Haupt | |
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