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# taz.de -- Neues Web-Format „Bild-TV“: Dem Volk aufs Maul geschaut
> Springer testet unter anderem einen Polittalk, „Hier spricht das Volk“.
> Die Show ist dabei interessanter, als der Titel vermuten lässt.
Bild: Das Volk spricht – und hält „Bild“ den Spiegel vor
Als Gerhard Schröder einst Germany’s first Medienkanzler war, hatte er
geknarzt, man brauche zum Regieren Bild, Bams und Glotze. Hat ein bisschen
länger gedauert, bis sie das bei Springer bezeihungsweise Bild komplett
adaptiert haben. Aber nun ist es so weit. Bild TV soll als eigener Kanal im
Netz auf- und ausgebaut werden. Deshalb hat Deutschland seit dieser Woche
noch einen Polittalk. „Hier spricht das Volk“ heißt das offenbar zunächst
monatlich geplante Format.
Springer hat sich dafür keine bekannte Fernsehnase gekauft. Die
„Moderation“ macht Bild-Chef Julian Reichelt selber. Das ist gut für die
Eitelkeit und spart. Dem Mann, der Bild wieder auf den rechten Boulevard
zurückgeführt hat und daran arbeitet, die Auflage endlich unter eine
Million Exemplare zu drücken, sitzen 15 Menschen gegenüber. Das „Volk“
eben. In der ersten Ausgabe ist das „Volk“ sehr deutsch. Reichelt fragt die
üblichen Bild-Aufreger-Themen ab. „Coronavirus – sind wir sicher?“, es g…
um Armut in der Rente, innere Sicherheit, böse Migrant*innen und das Klima.
Hier könnte auch schon Schluss sein, aber das „Volk“ zieht nicht mit bei
den leicht durchschaubaren Absichten. Zwar gehen einige aus dem wohltuend
akademikerfern zusammengesetzten Haufen zunächst auf Reichelts
Fragen-Stakkato ein und schwurbeln an der Politoberfläche mit. Doch sobald
es um die eigene Lebenswirklichkeit geht, ist Schluss mit dem „schlimm,
schlimm“. Oder aus eigener Erfahrung begründet, wie bei Rente und Armut.
Beim [1][Thema Klima] will die Mehrheit keinesfalls auf den „Lachen die
anderen Länder über Deutschland?“-Schlitten aufspringen, auch wenn Reichelt
immer abstimmen lässt und das Ergebnis gleich als gänzlich unrepräsentative
Grafik eingeblendet wird. Sie regen sich vielmehr auf, dass selbst im
Inland Fliegen oft billiger ist als die Bahn. Würden gerne weniger Auto
fahren, wenn da ÖPNV wäre. Und essen bewusst weniger Fleisch.
Polizist Niels teilt zur inneren Sicherheit trocken mit,
[2][Messerattacken] hätten keinesfalls extrem zugenommen. Sie seien bloß
viel stärker in den medialen Fokus geraten und würden statistisch anders
erfasst. Die Jugendkriminalität sinke seit Jahren massiv. Und einen von
kriminellen Migrant*innen und „[3][Clans]“ schwadronierenden Gast fragt
Friseurin und Make-up-Artistin Anne: „Hast du dich mal persönlich mit denen
unterhalten, oder nimmst du das alles aus den Medien?“ Modell Annetta
erzählt, dass sie selbst als Migrantin aus Russland kam. Und zum guten
Schluss gibt’s noch für die AfD auf die Fresse und die Erkenntnis: Man darf
in Deutschland alles sagen, muss dann aber auch dazu stehen und die
Konsequenzen aushalten.
Das Volk spricht – und hält Bild und allen anderen Medien den Spiegel vor.
Julian, ob du’s wolltest oder nicht – da ist dir echt was gelungen. Weiter
so!
5 Feb 2020
## LINKS
[1] /!t5008262/
[2] /Laender-fuer-schaerferes-Waffenrecht/!5594735
[3] /Muslimfeindlichkeit-in-Debatte-um-Clans/!5656623
## AUTOREN
Steffen Grimberg
## TAGS
Kolumne Flimmern und Rauschen
Julian Reichelt
Bild-Zeitung
Populismus
Ulf Poschardt
Kolumne Flimmern und Rauschen
Bild am Sonntag
Öffentlich-Rechtliche
Springer
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