| # taz.de -- Institut für Rundfunktechnik vor dem Aus: Zu erfolgreich geforscht | |
| > Kaum jemand kennt das IRT, aber alle benutzen seine Entwicklungen. | |
| > Verluste mit schlecht durchgesetzten Patenten bringen es nun an den Rand. | |
| Bild: Das IRT war maßgeblich an der Entwicklung des MPEG-Formats beteiligt | |
| Das Institut für Rundfunktechnik (IRT) ist kaum bekannt, was ein bisschen | |
| schade ist. Denn die seit 1956 bestehende Technikschmiede und | |
| Forschungsstelle der Öffentlich-Rechtlichen hat viel geleistet. Bei der | |
| Entwicklung des Farbfernsehens zum Beispiel oder später beim digitalen | |
| Radiostandard DAB. Der größte Erfolg war dabei die Entwicklung der | |
| MPEG-Komprimierungstechnologie, ohne die die digitale Medienwelt alt | |
| aussähe. Hier war das IRT als Teil eines internationalen Konsortiums | |
| maßgeblich beteiligt. | |
| Dass ausgerechnet sein größter Erfolg jetzt dem IRT den Garaus zu machen | |
| scheint, ist eine bittere Ironie. Und ein Lehrstück in Sachen mangelnder | |
| Kontrolle im [1][öffentlich-rechtlichen System]. Das IRT, dessen | |
| Gesellschafter noch alle ARD-Anstalten, das ZDF, aber auch die Schweizer | |
| SRG und der Österreichische Rundfunk sind, hing jahrelang an deren | |
| finanziellem Tropf. | |
| Dass das mit Blick auf die lukrativen Patente, die das IRT zum Beispiel in | |
| Sachen MPEG hielt, nicht so recht zusammenpassen wollte, fiel dabei | |
| angeblich niemandem auf. Erst 2017 schlug der Bayerische Rundfunk, bei dem | |
| das IRT in München wohnt, Alarm. Rund 280 Millionen Euro Patenterlöse | |
| sollen dem Institut durch die Lappen gegangen sein. Ein Schuldiger war | |
| schnell ausgemacht. Ein ehemaliger Mitarbeiter der IRT-Patentabteilung, der | |
| seit 1998 als freier Anwalt die Patente des Instituts vermakelte. Der habe | |
| mit einer italienischen Verwertungsfirma gemeinsame Sache gemacht und dem | |
| IRT Pauschalverträge angedreht, sodass nur ein Rinnsal der Millionen | |
| wirklich in München ankam. | |
| Zunächst gab man sich bei den Öffentlich-Rechtlichen siegessicher. Nur um | |
| dann so ziemlich alle Verfahren zu verlieren. Von dem Anwalt konnten über | |
| einen Vergleich noch 60 Millionen Euro zurückgeholt werden. Doch der große | |
| Batzen ist wohl weg. Der Vermarktungsfirma sei nichts vorzuwerfen, | |
| schließlich habe die IRT-Führung selbst entschieden, eine fixe | |
| Pauschalsumme statt einer Umsatzbeteiligung an den Patenterlösen zu | |
| bekommen, so die Gerichte. | |
| Und was macht man jetzt mit dem IRT? Richtig – abwickeln. Das ZDF gab schon | |
| 2019 den Startschuss. Weil das IRT angeblich nicht mehr gebraucht würde und | |
| zu viel zum Radio forsche, wovon das ZDF ja so gar nichts habe. Anfang 2020 | |
| kündigten auch alle ARD-Gesellschafter zum Jahresende. Bei der SRG und dem | |
| ORF heißt es nun, damit habe man keine Wahl gehabt. Auch sie steigen aus. | |
| Das Ziel ist klar: Gras soll bitte fix über die ganze Geschichte wachsen. | |
| Rund 120 Mitarbeiter*innen, die sich zu Recht doppelt betrogen fühlen, sind | |
| die Leidtragenden. Verdi hat eine [2][Petition zum Erhalt des IRT] | |
| gestartet, mit bislang fast 5.000 Unterschriften. Wie praktisch für ARD und | |
| ZDF, dass das IRT öffentlich kaum bekannt ist. Gemessen an seiner Leistung | |
| ist das auch ein Skandal. | |
| 26 Feb 2020 | |
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| [2] https://weact.campact.de/petitions/das-institut-fur-rundfunktechnik-muss-er… | |
| ## AUTOREN | |
| Steffen Grimberg | |
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