# taz.de -- Brasilianischer Politiker zitiert Goebbels: Erschreckend ähnlich | |
> Bolsonaros Kultursekretär Alvim hat ein Video veröffentlicht, in dem er | |
> Goebbels-Zitate verwendet. Seine Entlassung folgte bald. | |
Bild: Steht nicht zum ersten Mal in der öffentlichen Kritik: Roberto Alvim | |
São Paulo taz | Der Kultursekretär der Regierung Bolsonaros, Roberto Alvim, | |
hat in einem Video offenbar Teile einer Goebbels-Rede zitiert. „Die | |
brasilianische Kunst wird im nächsten Jahrzehnt heroisch und national | |
sein“, erklärte Alvim in dem sechsminütigen Video. In der Biografie des | |
deutschen Historikers Peter Longerich wird Goebbels Wortlaut wie folgt | |
wiedergegeben: „Die deutsche Kunst wird im nächsten Jahrzehnt heroisch und | |
romantisch sein.“ An anderen Stellen verwendet Alvim laut brasilianischen | |
Medien die exakt gleiche Wortwahl wie Hitlers Propagandaminister bei einer | |
Rede, gehalten im Mai 1933 vor Theaterregisseuren. Am Freitag wurde | |
bekannt, dass Bolsonaro seinen Kultursekretär entlassen hat. | |
In dem [1][am Donnerstagabend veröffentlichten Video] gibt Alvim die | |
Schaffung eines nationalen Kunstpreises bekannt. Die Regierung werde laut | |
dem Sekretär umgerechnet rund 5 Millionen Euro für neue Produktionen wie | |
Opern und Theaterstücke ausgeben. | |
Viele Brasilianer*innen erinnert auch die Ästhetik des Videos und die | |
Kleidung des Sekretärs an Nazipropaganda. Hinter dem Schreibtisch des | |
Sekretärs hängt ein Porträt Bolsonaros, daneben ein Kreuz. | |
Im Hintergrund des Videos läuft die Oper „Lohengrin“ von Hitlers | |
Lieblingskomponisten Richard Wagner. Ein in sozialen Netzwerken gepostetes | |
Foto von Goebbels, der vor einem Hitler-Porträt an einem Schreibtisch | |
sitzt, hat erschreckende Ähnlichkeit zu der Szene im Video. | |
Der Kultursekretär der Megametropole São Paulo, Ale Youssef, kritisiert | |
Alvim scharf. „Es ist ein Flirt mit dem Nationalsozialismus und ein | |
Versuch, die kulturelle Diversität unseres Landes anzugreifen“, sagte | |
Youssef der taz. „Wir müssen uns nun alle positionieren und klar machen, | |
dass Faschismus keinen Platz in Brasilien hat.“ | |
Youssef ist Organisator des Festivals „Sommer ohne Zensur“, das heute in | |
São Paulo startet. In den nächsten zwei Wochen werden in der ganzen Stadt | |
Konzerte und Ausstellungen von Musiker*innen und Künstler*innen | |
gezeigt, die von Zensur oder Verfolgung durch die Bolsonaro-Regierung | |
betroffen sind. Youssef hält es für möglich, dass die Veröffentlichung des | |
Videos auch eine Antwort auf den Start des Festivals sein könnte. | |
In sozialen Netzwerken zeigten sich am Freitagmorgen viele User empört. | |
Selbst rechte Politiker*innen distanzierten sich von Alvim. Der | |
Präsident der Abgeordnetenkammer und Politiker der Mitte-rechts-Partei DEM | |
forderten Bolsonaro auf, den Kultursekretär zu entlassen. Am Freitagmorgen | |
war die Debatte das landesweit am meisten diskutierte Thema in den sozialen | |
Netzwerken. | |
In einem Facebook-Post verteidigte sich Alvim und sprach bei der Wortwahl | |
von einem „Zufall“. Es ist nicht das erste Mal, dass Alvim | |
Negativschlagzeilen produziert. Im September des vergangenen Jahres machte | |
er auf sich aufmerksam, als er Bolsonaro verteidigte, der öffentlich seine | |
„Verachtung“ gegenüber der linken Schauspielerin Fernanda Montenegro | |
erklärt hatte. Alvim beschimpfte die 89-Jährige daraufhin als „schäbig“. | |
Nach öffentlicher Empörung erklärte er damals, dass er seinen Posten „nur | |
tot“ räumen werde. | |
17 Jan 2020 | |
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[1] https://twitter.com/CulturaGovBr/status/1217941233412321286 | |
## AUTOREN | |
Niklas Franzen | |
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