| # taz.de -- Migrationsbericht des Innenministeriums: Zuwanderung geht leicht zu… | |
| > Laut aktuellem Migrationsbericht kamen 2018 etwa 1,6 Millionen Menschen | |
| > nach Deutschland. Den Fachkräftemangel können Sie nicht ausgleichen. | |
| Bild: Jobmesse für ausländische Fachkräfte und Geflüchtete in Stuttgart | |
| Berlin taz | Das Bundeskabinett hat am Mittwochmittag den Migrationsbericht | |
| vom Bundesinnenministerium für das Jahr 2018 gebilligt. Demnach sind im | |
| Vergleich zum Vorjahr etwa gleich viel Menschen zu- und abgewandert. Die | |
| Zahl der ausländischen Studierenden an deutschen Hochschulen sowie die | |
| Zuwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten ist dem Bericht zufolge | |
| gestiegen. | |
| Die Bundesregierung zeigt sich zufrieden mit den Zahlen und sieht die | |
| Wirksamkeit der in den letzten Jahren ergriffenen Maßnahmen bestätigt. | |
| Opposition und Flüchtlingsverbände kritisieren das Handeln der Regierung | |
| und fordern ein Umdenken. | |
| Der aktuelle Migrationsbericht geht auf das Jahr 2018 ein und stellt unter | |
| anderem die Zu- und Abwanderungszahlen für Deutschland dar. Demnach sind | |
| mit 1,59 Millionen Menschen etwa so viele Menschen nach Deutschland gezogen | |
| wie im Vorjahr. Über zwei Drittel (66,9 Prozent) aller ZuwanderInnen kamen | |
| aus einem europäischen Land, davon gut jedeR zweite (53 Prozent) aus einem | |
| EU-Mitgliedsstaat. Den Neuankömmlingen stehen rund 1,2 Millionen | |
| Ausgewanderte gegenüber. Daraus ergibt sich ein Wanderungssaldo von rund | |
| 400.000 Menschen – der niedrigste seit 2013. | |
| Dabei wird die Politik derzeit nicht müde, zu betonen, wie dringend | |
| Deutschland [1][Fachkräfte aus dem Ausland] braucht. Im Vergleich zum | |
| Vorjahr ist die Zahl der Zuzüge von EU-Staatsangehörigen mit insgesamt rund | |
| 792.000 leicht gestiegen (2017: 777.750), hebt das BMI hervor. | |
| ## Es braucht Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten | |
| Aber: ExpertInnen gehen davon aus, dass die EU-Einwanderung in den | |
| kommenden Jahren sinken wird. „Gründe dafür sind, dass der sogenannte | |
| Anfangseffekt aus den EU-Erweiterungsphasen mit der gewährten | |
| Arbeitnehmerfreizügigkeit schwächer werden dürfte, sich Wirtschaftskraft | |
| und Lebensqualität innerhalb der EU langsam an-gleichen werden und die | |
| anderen EU-Staaten ebenfalls altern und schrumpfen“, heißt es in einer | |
| Studie der Bertelsmannstiftung von Februar 2019. | |
| Deutschland braucht also Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten. Im März tritt | |
| deshalb [2][das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz] in Kraft. Dieses soll | |
| qualifizierten Arbeitskräften aus Drittstaaten die Einreise zu | |
| Arbeitszwecken erleichtern. Rund 60.000 ErwerbsmigrantInnen sollen 2018 | |
| nach Deutschland gekommen sein, davon rund 39.000 qualifizierte Fachkräfte. | |
| Diese Zahlen bewegen sich auf dem Vorjahresniveau. | |
| Stimmen aus der Wissenschaft prognostizieren mit Blick auf den Arbeitsmarkt | |
| aber einen sehr viel höheren Bedarf. So heißt es etwa in der | |
| Bertelsmann-Studie, im Durchschnitt brauche Deutschland jährlich 146.000 | |
| MigrantInnen aus Drittstaaten, um den Arbeitsmarktbedarf zu decken. Die | |
| aktuellen Zahlen sind davon weit entfernt. | |
| Für ein Plus sorgt die Gruppe der studierenden ZuwanderInnen. 2018 begannen | |
| rund 110.000 Studierende mit ausländischer Zugangsberechtigung ein Studium | |
| an einer deutschen Hochschule, 4,8 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Das ist | |
| die in Deutschland bislang höchste verzeichnete Zahl an | |
| BildungsausländerInnen unter den Erstsemestern. Im Wintersemester 2018/2019 | |
| kamen 395.000 der rund 2,9 Millionen eingeschriebenen StudentInnen aus dem | |
| Ausland, ihr Anteil liegt also bei rund 13,6 Prozent. | |
| ## Familiennachzug geht zurück | |
| Deutlich zurückgegangen ist hingegen der Familiennachzug bei Flüchtlingen | |
| mit subsidiärem Schutz. 15,4 Prozent weniger Menschen im Vergleich zum | |
| Vorjahr kamen dem Bericht des Innenministeriums zufolge auf diesem Weg zu | |
| ihren Familienangehörigen nach Deutschland. Wurden 2017 noch rund 114.000 | |
| Aufenthaltserlaubnisse erteilt, waren es ein Jahr später nur noch 97.000. | |
| Nachdem der Familiennachzug für subsidiär Geschützt zwei Jahre lang | |
| komplett ausgesetzt war, können überhaupt erst seit August 2018 wieder bis | |
| zu 1.000 Genehmigungen im Monat erteilt werden. Dafür müssen Angehörige | |
| zunächst bei den deutschen Auslandsvertretungen Anträge stellen, die dann | |
| von Ausländerbehörden in Deutschland geprüft werden. | |
| Die Bundesregierung schöpft dieses Potential jedoch nicht aus: Aus der | |
| Antwort des Auswärtigen Amtes auf die kleine Anfrage der | |
| Linken-Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke geht hervor, dass bisher in allen | |
| Monaten weniger als die versprochenen 1.000 Visa erteilt wurden. Jelpke | |
| kritiserte die „Kontigentierung des Menschenrechts auf Familienleben“ und | |
| forderte die Umsetzung der beschlossenen Praxis. | |
| Neben dem Migrationsbericht, veröffentlichte das Innenministerium auch die | |
| Zahl der Asylanträge für 2019. Mit 111.094 Anträgen verringerte sich diese | |
| um 18.534 (-14,3 Prozent) im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahl bezieht sich | |
| nun nur noch auf grenzüberschreitende Asylanträge; bislang fielen auch in | |
| Deutschland geborene Kinder von Flüchtlingen in die Statistik. Die meisten | |
| Asylanträge kommen von Menschen aus Syrien, dem Irak und der Türkei. | |
| ## Pro Asyl bleibt kritisch | |
| „Das zeigt, dass die zahlreichen Maßnahmen der letzten Jahre gegen | |
| ungesteuerte Zuwanderung wirken“, erklärte Bundesinnenminister Horst | |
| Seehofer (CSU). „Gleichwohl bleibt der Migrationsdruck an den Außengrenzen | |
| weiterhin hoch“. | |
| Dass Seehofer den Rückgang Schutzsuchender in Deutschland positiv sieht, | |
| kritisierte Pro Asyl scharf. Die Leiterin der Abteilung Rechtspolitik, | |
| Bellinda Bartolucci, dazu: „Was als Erfolg verkauft wird, geht auf Kosten | |
| Schutzsuchender“. | |
| Weltweit stieg im vergangenen Jahr die Zahl der Schutzsuchenden auf über 70 | |
| Millionen. Allein in Griechenland würden 40 000 Menschen, davon 60 Prozent | |
| unter 12 Jahren, in überfüllten Lagern, ausharren, so Pro Asyl. Auch das | |
| Festhalten am EU-Türkei-Deal „ist zynisch, gehört die Türkei doch zu den | |
| Top 3 der Herkunftsländern bei Asylsuchenden“, heißt es. | |
| Auch die Linke-Bundestagsfraktion kritisierte die Freude Seehofers. Der | |
| Innenminister möchte nach eigener Aussage seine „Politik von Humanität und | |
| Ordnung konsequent“ fortsetzen. | |
| „Immer mehr Flüchtlinge scheitern an den europäischen Abschottungsmaßnahmen | |
| oder leben in elenden Bedingungen an den EU-Außengrenzen. Von Ordnung und | |
| Humanität kann überhaupt keine Rede sein“, erklärt die Innenpolitische | |
| Sprecherin der Linke Ulla Jelpke. Deutschland müsse seinen internationalen | |
| Verpflichtungen gerecht werden und überforderte Erstaufnahmeländer | |
| entlasten. | |
| 8 Jan 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jonas Julino | |
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