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# taz.de -- Fehlende Barrierefreiheit in Bremen: Prädikat behindertenfeindlich
> Der Bremer Senat sieht „keinen Sanierungsstau“, wenn es um die
> barrierefreie Gehwege geht. Verein Selbstbestimmt Leben sieht
> „verheerende“ Zustände.
Bild: Müssen bis 2022 barrierefrei werden: Busse und Bahnen
Bremen taz |Für Menschen, die geh- oder sehbehindert sind, auf einen
Rollator oder Rollstuhl angewiesen, ist die Lage auf Bremens Gehwegen
oftmals „verheerend“. Sagt Wilhelm Winkelmeier vom Verein „Selbst-Bestimmt
Leben“. „Für mich ist nur die asphaltierte Fahrbahn barrierefrei“, sagt …
pensionierte Richter Matthias Weinert – also läuft er auf der Straße.
„Alles andere ist eine Katastrophe“.
Weinert wohnt im Viertel und bezeichnet sich als einen
„mobilitätseingeschränkten Schlurfer“. Die Landesregierung schreibt
dennoch: „[1][Es gibt keinen Sanierungsstau bei Gehwegen, Fußgängerbrücken
oder Unterführungen in Bezug auf die barrierefreie Gestaltung.“] Die FDP
hatte genau danach gefragt, in einer Kleinen Anfrage.
Ignoriert der rot-grün-rote Senat die Belange behinderter Menschen? „Nein“,
sagt Ressortsprecher Jens Tittmann. Die Verwaltung hatte bei ihrer Antwort
an die FDP den „rein baulichen Zustand“ zu bewerten, „nach den geltenden
Normen“. So muss ein Gehweg laut [2][Straßenverkehrsordnung] heute 2,50
Meter breit sein, um als barrierefrei zu gelten. Bei Straßen, die früher
gebaut wurden, war das anders – und die genössen Bestandsschutz, so
Tittmann.
„In vielen Teilen“ Bremens seien die Zustände auf den Gehwegen für
behinderte Menschen aber „oftmals nicht akzeptabel“, so Tittmann. Aufgrund
der „historischen Enge der Straßen“, wie er sagt, aber auch durch
aufgesetztes Parken oder die vorschriftswidrige Nutzung von Gehwegen durch
Radler*innen. Das habe aber nichts mit dem baulichen Zustand der Wege zu
tun. Die befinden sich „in einem verkehrssicheren Zustand“, heißt es in der
Senatsantwort, und, dass eine detaillierte Erhebung der 4.000 Bremer
Straßen unmöglich sei.
## Barrierefreiheit eine Kostenfrage
Winkelmeier sieht zwar in den „Nutzungsgewohnheiten“ der Radler*innen,
Autofahrer*innen, der Gastronom*innen und neuerdings auch der
E-Scooter-Fahrer*innen ein „gravierendes Problem“, gleichwohl spricht er
auch von einem „erheblichen Sanierungsbedarf“ auf Bremens Gehwegen, was die
Barrierefreiheit angeht, gerade in Nebenstraßen. Vielfach liege noch
Kopfsteinpflaster, es fehle an angesenkten Bordsteinkanten und mancher Weg
sei zudem so schräg, dass er für Rollstühle „unpassierbar“ sei.
Und dann sind da noch blinde und sehbehinderte Menschen, die auf taktile
Trennstreifen angewiesen sind, die Geh- und Radwege separieren. „Da
passiert zu wenig“, sagt Winkelmeier. Viele Gelegenheiten, Gehwege
barrierefreier zu machen, etwa im Zuge von Leitungsarbeiten, blieben
„ungenutzt“. Ausnahme: Neubauten.
„Aber das ist natürlich auch eine Kostenfrage“ – und bringe mehr
Planungsaufwand mit sich. Wege, „die seinerzeit nicht barrierefrei
ausgebaut wurden, werden kontinuierlich im Zuge der Um-, Ausbau- und
Instandsetzungsarbeiten barrierefrei gestaltet“, sagt dazu der Senat und
verweist auf Beispiele wie den Herdentorsteinweg, die Discomeile oder im
Fahrradmodellquartier in der Neustadt. Zudem rücke der
[3][Verkehrsentwicklungsplan „Bremen 2025“] erstmals den Fußverkehr „in …
Mittelpunkt“.
Der Senat wolle „verstärkt“ Geld in die Hand nehmen, um Bahn- oder
Bushaltestellen barrierefrei umzubauen, schreibt er, ohne eine Summe zu
nennen. Allerdings gibt es auch ein [4][Gesetz], dass ab 2022 „vollständige
Barrierefreiheit“ im öffentlichen Nahverkehr vorschreibt. Bei Gehwegen,
Brücken und Unterführungen ist das anders.
„Wir fallen hinten runter“, sagt Matthias Weinert und meint damit die
Belange behinderter Menschen. „Dabei haben wir doch auch ein Recht auf
Straße.“ Nur: Den Gehweg auf dem Ostertorsteinweg im Viertel nutzen? Für
ihn „unmöglich“. Den Domshof zu überqueren? „Ganz schwierig“. Von
barrierefreien Gehwegen, so Weinert, sei man auch in Bremen „noch
Lichtjahre“ entfernt.
14 Jan 2020
## LINKS
[1] https://www.bremische-buergerschaft.de/drs_abo/2020-01-08_Drs-20-109%20S_1c…
[2] https://www.stvo.de/strassenverkehrsordnung
[3] https://www.bauumwelt.bremen.de/vep
[4] https://www.gesetze-im-internet.de/pbefg/BJNR002410961.html
## AUTOREN
Jan Zier
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