# taz.de -- Fachkräftemangel im Norden: Bei Pflegekräften geht noch was | |
> Eine Hamburger Kampagne macht darauf aufmerksam, dass viele Pflegekräfte | |
> nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten – und viele zurückkommen würden. | |
Bild: Hat noch nicht aufgegeben: eine Pflegekraft (hinten) mit einer älteren F… | |
HAMBURG taz | Wenn sie die Möglichkeit hätten, auf die Grundbedürfnisse | |
ihrer Patient*innen einzugehen, wenn die Patient*innen und nicht das | |
wirtschaftliche Interesse im Fokus ständen und wenn es am tatsächlichen | |
Pflegebedarf orientierte Personalschlüssel gäbe, dann könnten sie sich | |
vorstellen, wieder in ihrem Beruf zu arbeiten. Das schreiben Pflegekräfte | |
auf der Internetseite der Kampagne „Ich komme wieder wenn“ vom Hamburger | |
Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus. | |
„Es wird immer behauptet, wir haben einen Fachkräftemangel“, sagt Axel | |
Hopfmann vom Pflegebündnis. Das sei aber falsch. „Das Problem ist die | |
Flucht aus dem Beruf.“ Das Bündnis will mit der Kampagne darauf aufmerksam | |
machen, dass freie Stellen mit Rückkehrer*innen in den Beruf besetzt werden | |
könnten – wenn sich die Arbeitsbedingungen verbesserten. | |
Hopfmann verweist auf die [1][Comeback-Studie von 2018], wonach 48 Prozent | |
der ausgebildeten Pflegekräfte, die nicht mehr in dem Beruf arbeiten, sich | |
eine Rückkehr unter bestimmten Umständen vorstellen könnten. Die Zahl | |
potenzieller Rückkehrer*innen liegt demnach bei 120.000 bis 200.000 | |
Pflegekräften. Als Voraussetzung für die Rückkehr in den Beruf nannten die | |
Befragten an erster und zweiter Stelle andere Strukturen und | |
Arbeitsbedingungen und mehr Personal. Bessere Bezahlung stand erst an | |
dritter Stelle. | |
[2][Auf der Webseite der Hamburger Kampagne] sind Pflegekräfte, die nicht | |
mehr in ihrem Beruf arbeiten oder ihre Stellenanteile zum Eigenschutz | |
reduziert haben, und solche, die überlegen auszusteigen, aufgerufen, | |
Statements abzugeben. In ihren Kommentaren schildern die Pflegekräfte | |
erschreckende Situationen aus dem Krankenhausalltag. | |
## Offener Brief kritisiert Imagekampagne | |
Aber auch ein offener Brief der Initiator*innen an Hamburgs | |
Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) kann unterzeichnet | |
werden. Der Brief soll ihr vermutlich im Januar übergeben werden. | |
Die Unterzeichner*innen kritisieren darin, dass die [3][Hamburger | |
Imagekampagne für den Pflegeberuf] an der Situation der Kolleg*innen auf | |
den Stationen nichts ändere. Die Kampagne sei reine Verschwendung von | |
Steuergeldern, findet Hopfmann. Die Gesundheitssenatorin wird deshalb | |
aufgefordert, bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen und für verbindliche | |
Personalvorgaben auf den Stationen zu sorgen. | |
Das war auch das Anliegen einer Petition, die die neu gegründete Hamburger | |
Krankenhausbewegung vergangenen Dienstag der Bürgerschaftskanzlei | |
überreichte. Sie fordert den Senat auf, sich für gesetzlich verbindliche | |
Personalregelungen einzusetzen, damit Hamburgs Krankenhäuser sichere Orte | |
werden. | |
Der Vorwurf der Initiative: Weil der rot-grüne Senat das Hamburger | |
Verfassungsgericht mit der Prüfung der Volksinitiative gegen den | |
Pflegenotstand beauftragte, trägt er Mitverantwortung für die weitere | |
Überlastung der Pflegekräfte und der Gefährdung von Patient*innen. Das | |
[4][Gericht hatte unter anderem entschieden], dass Länder keine | |
gesetzlichen Vorgaben zur Personalbemessung machen dürfen. | |
## Forderung nach mehr Transparenz | |
Entsprechend verweist die Gesundheitsbehörde auf taz-Anfrage auf ihre | |
Bemühungen auf Bundesebene und auch die Hamburger [5][„Allianz für die | |
Pflege“], in der sich einige Arbeitgeber auf „Ziele und Standards“ geeini… | |
haben. Die spart das Thema Personalbemessung allerdings aus. | |
Laut Deniz Celik, gesundheitspolitischem Sprecher der Linksfraktion, könnte | |
in Hamburg trotzdem einiges zur Verbesserung der Situation der Pflegekräfte | |
unternommen werden. | |
Ein Beispiel wäre ein Tarifvertrag für die Angestellten der in Trägerschaft | |
der Stadt befindlichen Uniklinik Eppendorf, der auch einen | |
Personalschlüssel beinhaltet, so wie es ihn an der Berliner Charité gibt. | |
Außerdem könne der Senat durch die Antworten auf schriftliche Anfragen | |
Transparenz hinsichtlich der Bettensperrungen, der Überlastungsanzeigen und | |
der Personalaustattung in den Kliniken herstellen. | |
Das findet auch Axel Hopfmann. „Dann könnten Patientinnen und Patienten | |
selbst schauen, welche Klinik gut aufgestellt ist und sich dann überlegen, | |
wo sie sich behandeln lassen wollen“, sagt er. | |
28 Dec 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://gesundheit-soziales.verdi.de/themen/fachkraeftemangel/++co++7bdb0e8… | |
[2] http://ichkommwiederwenn.de/ | |
[3] https://www.pflegeberufe-hamburg.de/ | |
[4] /Volksbegehren-gegen-Pflegenotstand/!5593510 | |
[5] /Kampagne-gegen-Fachkraefte-Mangel/!5588049 | |
## AUTOREN | |
Marthe Ruddat | |
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