# taz.de -- Die Wahrheit: Wurstkatastrophe Weltgeschehen | |
> Die Zeit um den Jahresbeginn steckt voller Topthemen und | |
> Herausforderungen. Ferner ist maßvoller Verzicht angesagt. | |
So, jetzt also wieder von vorn. Der schmissige Januar ist gestartet, in dem | |
selbst alte Haudeginnen anfangen zu glauben, es könnte nochmal was besser | |
werden. Da das Weltgeschehen leider nicht mitziehen will (Trump, Iran, | |
Affenhaus, irre Motorrad-Omas), müssen wir uns auf das Private | |
konzentrieren. Das machen ja im Grunde alle so. | |
Topthema Nummer eins nach den Feiertagen: Essen, Waage, Gürtel. Unsere | |
Herausforderung: so tun, als ob uns das nichts angeht. Man kann die Spiegel | |
verhängen und behaupten, dass der Body-Mass-Index in der 27. Dimension ganz | |
anders berechnet wird. Von der 27. Dimension erfuhr ich übrigens noch vor | |
dem Fest in der berühmten Mathe-Weihnachtsvorlesung in Hamburg. Da musste | |
ich hin, weil ich dauernd die Mathematik beleidige. Das wird nachweislich | |
in der 27. Dimension bestraft, wahrscheinlich von Außerirdischen. Auf | |
unserem Planeten reicht allerdings schon ein Mathematikprofessor im | |
Freundeskreis. | |
Ich war aber durchaus froh, es ein paar Tage vor Weihnachten mal nicht mit | |
Essen zu tun zu haben, sondern mit dem Abstraktesten, was mein Hirn nicht | |
kapiert, neben den konkreten Dingen, die es überfordern, zum Beispiel der | |
Frage, warum die Currywurst das beliebteste Gericht in Niedersachsens | |
Kantinen ist. | |
In der Vorlesung ging es dann ausgerechnet um die „Wurstkatastrophe“, ein | |
Problem, das die Mathematiker selbst nicht verstehen. Oder zumindest nicht | |
lösen können, was weiß ich. Damit auch Tölpel wie ich folgen konnten, wurde | |
uns die Wurstpackungs-Problematik anhand von Marzipankartoffeln erklärt. In | |
der Mathematik ist eben auch nicht alles in Ordnung. | |
Zurück zu den Folgen des Entpackens von Marzipankartoffeln: Trotz des guten | |
Vorsatzes, uns allen Januar-Trends zu widersetzen, wollten der Liebste und | |
ich nicht komplett zurückstehen, als die Republik vom Prass- in den | |
Kasteiungsmodus wechselte. Deshalb verzichteten wir im asiatischen | |
Restaurant (ja, das gibt es auch in der Heide, ihr Banausen) auf den | |
Nachtisch. | |
„Gebackene Bananen, das braucht man wirklich nicht“, sagte ich, meinen | |
Zweifel forsch überspielend. „Die haben wir ja auch schon getrunken“, | |
meinte der Liebste. Und während das Fragezeichen in meinem Gesicht aufging | |
wie ein Hefeknödel im Kerzenschein, erläuterte er, dass der soeben | |
verzehrte Mango-Eistee nichts anderes als eine gebackene Banane sei, nur | |
eben ohne Banane, mit Mango, kalt, ohne Honig und unfrittiert. Danach | |
wechselte unsere Ehe kurz in eine andere Dimension. | |
Damit kommen wir zu Herausforderung Nummer zwei: Man muss es sich | |
schönreden. Das Weltgeschehen ist eine verzichtbare gebackene Banane, der | |
WDR-Intendant ein Fondantkringel, zu süß, um wahr zu sein, Trump besiedelt | |
die 27. Dimension und die Affenhausbeweiner beißen morgen wieder herzhaft | |
in ihre Currywurst wie ihre Omas. Sind ja bloß Säue, die dafür geschlachtet | |
werden. Also auch 2020 alles wie gehabt. | |
8 Jan 2020 | |
## AUTOREN | |
Susanne Fischer | |
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