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# taz.de -- Nach dem Ukraine-Gipfel in Paris: Vielen gefällt Selenskis Stil
> Nach dem Gipfel in Paris kann Präsident Wolodimir Selenski erhobenen
> Hauptes zurück nach Kiew reisen. Dort wird das Treffen positiv bewertet.
Bild: Übertragung der Pressekonferenz mit Wolodimir Selenski in Kiew
KIEW taz | Er habe Sehnsucht nach Kiew, erklärte der ukrainische Präsident
Wolodimir Selenski bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit seinen
Amtskollegen Wladimir Putin, Angela Merkel und Emmanuel Macron nach dem
Treffen zum Konflikt in der Ostukraine in Paris. Denn Proteste gegen einen
„Verrat“ werden Selenski in Kiew nicht erwarten.
Zahlreiche Wünsche der ukrainischen Seite blieben beim Gipfel zwar
unerfüllt. Keine Einigung hatte es in der Frage der Übergabe der
ukrainischen Grenze im Donbass an die Ukraine gegeben. Auch konnte man sich
nicht auf einen umfassenden Waffenstillstand einigen – lediglich an drei
Punkten wollen die Staatschefs die Truppen entflechten.
Trotzdem hat Selenski das schier Unmögliche geschafft: Ukrainer
unterschiedlicher politischer Lager geben sich weitestgehend zufrieden mit
dem Ergebnis von Paris und mit Selenskis Verhandlungsstil. Kurz nach dem
Ende der Pressekonferenz der vier Staatschefs in Paris lösten auch
ukrainische Nationalisten, die zwei Tage lang mit rund 2.000 Menschen vor
dem Präsidentenpalast in Kiew gegen einen möglichen Verrat von Paris
demonstriert hatten und [1][vor einem Nachgeben Selenskis gegenüber Putin
gewarnt] hatten, ihre Veranstaltung auf.
Zuvor hatte auch der ukrainische Innenminister Arsen Awakow, dem eine Nähe
zu den Nationalisten nachgesagt wird, von Paris aus verlauten lassen, dass
es bei den Verhandlungen keinen Verrat gegeben habe. Das Onlinemedium
Ukraijnska Prawda, das in der Vergangenheit immer wieder vor Kompromissen
mit Russland gewarnt hatte, begeistert sich nun für Selenski: „Wie und
warum Selenski Putin auf dem Gipfel in Paris besiegt hat“, titelt sie.
## Auch Pazifisten sind zufrieden
Das Verhandlungsergebnis sei ein Erfolg, erklärte der Kiewer Politologe
Viktor Sawinok gegenüber der taz. Für ihn ist es insbesondere ein
Fortschritt, dass das Mandat der OSZE-Beobachter von täglich zwölf Stunden
auf 24 Stunden ausgeweitet wurde.
Auch die Pazifisten zeigen sich zufrieden. „Ich habe mir in Paris keine
Wunder erwartet“, erklärt Nina Potarska, landesweite Koordinatorin der
Womens International League for Peace and Freedom gegenüber der taz. „Doch
es wurde ein guter Anfang gemacht.“ Potarska lobt, dass man sich auf
weitere Truppenentflechtungen, einen weiteren Gefangenenaustausch und vor
allem ein weiteres Gipfeltreffen in vier Monaten geeinigt habe.
Vor wenigen Tagen hatte Potarska mit einer kleinen Gruppe vor dem
Präsidentenpalast für eine Intensivierung des Friedensprozesses
demonstriert. „Noch vor ein paar Monaten hätten wir uns das nicht getraut“,
sagt Potarska. Dass nun auch für Dialog demonstriert werden könne, sei ein
Indiz dafür, dass sich atmosphärisch in der ukrainischen Gesellschaft etwas
geändert hat.
Auch wenn Selenski den Nationalisten inhaltlich entgegengekommen ist, hat
er doch von Paris aus einen kleinen Seitenhieb auf diese gewagt. Als
störend habe er deren Demonstrationen vor dem Präsidentenpalast empfunden,
sie hätten ihn von der Arbeit abgehalten, zitiert die Ukrajinska Prawda den
Präsidenten.
## Selenski bleibt hart im Kern
Vielen in der Ukraine gefällt der Stil von Selenski. In Paris wechselte er
mehrfach vom Ukrainischen ins Russische. Fragen einer russischen
Korrespondentin beantwortete er auf Russisch. Bei Poroschenko wäre das so
nicht vorstellbar gewesen. Doch in der Sache selbst zeigte sich Selenski
härter als Poroschenko.
2015 hatte Poroschenko bei den Minsker Vereinbarungen unterschrieben, dass
die Übergabe der Grenze an die Ukraine erst nach Wahlen im Donbass
stattfinden kann. Selenski aber besteht darauf, dass die Rückgabe der
ukrainischen Gebiete zuerst erfolgen müsse. Erst dann dürfe es Wahlen
geben.
10 Dec 2019
## LINKS
[1] /Verhandlungen-beim-Ukraine-Gipfel/!5645037
## AUTOREN
Bernhard Clasen
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