# taz.de -- Gefangenaustausch in der Ukraine: Umstrittene Übergabe | |
> Die ukrainische Regierung und die ostukrainischen Separatisten haben | |
> Gefangene ausgetauscht. Dagegen haben 200 Bürger protestiert. | |
Bild: Nach dem Austausch: Ein ukrainischer Gefangener umarmt seine Mutter | |
Kiew taz | Es ist der größte Gefangenenaustausch zwischen der Ukraine und | |
den nicht anerkannten prorussischen „Volksrepubliken“ der Ostukraine in | |
den vergangenen zwei Jahren. Am Sonntag übergab die ukrainische | |
Zentralregierung am Checkpoint Horlovka-Majorsk unweit von Donezk in der | |
Ukraine 123 inhaftierte Personen an Vertreter der „Volksrepubliken“ von | |
Luhansk und Donezk. Zeitgleich ließen diese 77 ukrainische Gefangene frei. | |
Der Austausch war bei einem Gipfeltreffen in Paris Anfang Dezember | |
vereinbart worden. Einen Gefangenenaustausch hatte es bereits Anfang | |
September gegeben. | |
Aus Donezk erhielt die Zentralregierung in Kiew 52 Personen, Luhansk | |
übergab 25 Menschen. Umgekehrt ließ die ukrainische Regierung 63 Menschen | |
aus der „Volksrepublik“ Luhansk frei sowie weitere 60, die nach Donezk | |
übergeben wurden. | |
Ukrainische Medien berichteten, die pro-russischen Rebellen würden | |
hauptsächlich Angehörige der ukrainischen Armee sowie inhaftierte | |
Aktivisten und Journalisten freilassen. [1][Es wurde erwartet, dass Kiew | |
unter anderem mehrere Bereitschaftspolizisten freilassen könnte], denen | |
vorgeworfen wird, im Jahr 2014 im Zuge der Maidan-Proteste Demonstranten | |
getötet zu haben. Rund 200 Menschen demonstrierten deshalb am Samstagabend | |
vor einem Gefängnis in Kiew gegen ihre Freilassung. | |
Trotz der Freude über die erfolgreiche Aktion [2][gab es in Kiew viel | |
Kritik]. Schon am 25. Dezember hatten Demonstranten im ostukrainischen | |
Charkiw gegen die geplante Freilassung von drei Gefangenen protestiert, | |
denen ein Terroranschlag in Charkiw vor gut vier Jahren vorgeworfen wird. | |
Ein Gericht erlaubte jedoch deren Teilnahme an dem Austausch. | |
## Das Untersuchungsgefängnis wurde blockiert | |
Russische Medien hatten auch die Freilassung von Nikolaj Ruban angekündigt. | |
Dieser hatte 2015 ukrainischen Soldaten Honig geschenkt. Doch als die | |
Soldaten das Glas öffneten, entzündete sich ein Sprengsatz. Ein Soldat | |
starb, zwei weitere wurden verletzt. Freigekommen ist offenbar auch die | |
Sportlerin Daria Mastikasheva. Ihr wurden von den ukrainischen Behörden | |
Hochverrat und illegaler Waffenbesitz vorgeworfen. Fotos, so die | |
Menschenrechtsorganisation Amnesty International, deuteten darauf hin, dass | |
sie von Angehörigen des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes SBU geschlagen | |
und gefoltert worden war. | |
Die ganze Nacht über hatten ukrainische Nationalisten das Kiewer | |
Untersuchungsgefängnis Lukjanowsk blockiert, um einen Abtransport der | |
beschuldigten Polizisten zu verhindern. Der ehemalige Präsident Petro | |
Poroschenko kritisierte deren Freilassung: Den Wunsch Russlands, die | |
Berkut-Leute in ihre Jurisdiktion zu bekommen, sei „ein öffentliches | |
Eingeständnis der Beteiligung des Kremls an den Massenerschießungen auf dem | |
Maidan“, sagte er. Russland suche mit dem Gefangenenaustausch Verbrechen | |
verschleiern. | |
Vorsichtig unterstützend äußerte sich dagegen der Menschenrechtsaktivist | |
Boris Sacharow. Auch wenn der Austausch Recht beuge, [3][rechtsstaatliche | |
Prinzipien] und alles, was das internationale humanitäre Recht verlange, | |
außer Acht lasse, sei doch die Frage gestellt, ob es denn eine andere | |
Möglichkeit gebe, die eigenen Leute aus der Gefangenschaft des Kreml | |
zurückzuholen, sagte Sacharow. | |
29 Dec 2019 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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