# taz.de -- Gefangenentausch in der Ukraine: Bizarre Tauschgeschäfte | |
> Schon am Montag wird sich die Frage nach der nächsten Übergabe stellen, | |
> die Suche nach neuem „Material“ geht weiter. Der Preis dafür ist hoch. | |
Bild: Ukrainische Bürger werden zu einem Checkpoint bei der Ortschaft Mayorsk … | |
Ein Tausch ist ein Geschäft ohne Geld. Und Geschäfte haben mit | |
Menschlichkeit wenig zu tun. Das gilt auch für die | |
[1][russisch-ukrainischen Tauschgeschäfte]. Bestimmte Gefangene haben bei | |
derartigen Geschäften einen höheren Wert als andere. Was die Freilassung | |
dieser „Tauschobjekte“ für die Ehefrauen und die Kinder bedeutet, | |
interessiert auf politischer Ebene nicht. Bei diesem jüngsten | |
Tauschgeschäft stellt sich die Frage, warum eigentlich Personen wie die | |
Polizisten der ukrainischen Spezialeinheit Berkut, die verdächtigt werden, | |
48 Demonstranten getötet zu haben, plötzlich ausgetauscht werden. | |
Die Antwort liegt auf der Hand: Russland und die von ihr abhängigen | |
Volksrepubliken sind an einer [2][Aufklärung dieser Morde auf dem Maidan] | |
nicht interessiert. Doch vor dem Hintergrund, dass auch fünf Jahre danach | |
keine Ergebnisse vorliegen, ist nicht auszuschließen, dass auch die Ukraine | |
etwas zu verbergen hat. Schließlich sind neben den Demonstranten damals | |
auch einige Polizisten erschossen worden. | |
Der Preis des Gefangenenaustausches ist hoch: Die jüngste Freilassung von | |
Tatverdächtigen und Verurteilten in der Ukraine hat mit unabhängiger | |
Rechtsprechung wenig zu tun. Sie war vielmehr nur möglich, weil sich die | |
Regierung in die Rechtsprechung eingemischt hat. Besorgniserregend ist | |
auch, dass kein einziger Bewohner der Krim freigekommen ist. Damit scheint | |
man [3][Russland entgegengekommen] zu sein, das sich weigert, über die Krim | |
auch nur zu reden. Von einem Tausch „alle gegen alle“ kann keine Rede sein. | |
Beide Seiten sind unzufrieden mit der Unvollständigkeit der Listen. | |
Und so wird sich schon morgen wieder die Frage nach dem nächsten | |
Gefangenenaustausch stellen. Und das heißt, die Jagd nach neuem | |
Tauschmaterial geht weiter. Perspektivisch sollten die Forderungen somit | |
eher in eine andere Richtung gehen: die Stärkung des Rechtsstaats. Wer | |
schuldig ist, muss bestraft werden, und wer unschuldig ist, muss | |
freigelassen werden: einseitig, sofort und ohne Tausch. | |
29 Dec 2019 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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