# taz.de -- Russlands Präsident und die Weltpresse: Der Zar bleibt vage | |
> Bei seinem jährlichen Rundumschlag vermeidet Wladimir Putin klare | |
> Festlegungen. Eine Verlängerung seiner Amtszeit ist nicht ausgeschlossen. | |
Bild: Manchmal erregt: Wladimir Putin bei der Jahrespressekonferenz am Donnerst… | |
MOSKAU taz | 1.895 Journalisten hatten sich zur | |
Jahresausklangsveranstaltung am Donnerstag im Internationalen | |
Handelszentrum in Moskau akkreditieren lassen. Das war wieder ein Rekord im | |
Vergleich zu den 14 vorangegangen Jahrespressekonferenzen mit [1][Russlands | |
Präsident Wladimir Putin]. Diesmal sollte es auch noch etwas geordneter | |
zugehen. Riesige Plakate und sonstige Merkmale, mit denen Fragesteller auf | |
sich aufmerksam machen wollten, wurden aus der Veranstaltung verbannt. | |
Der war guter Dinge. Mehr als vier Stunden stand er Rede und Antwort, ohne | |
sich jedoch festzulegen. Weder bei der Forderung, Silvester zu einem | |
arbeitsfreien Tag zu erklären; noch bei der Entscheidung für ein Gesetz | |
über häusliche Gewalt gegen Frauen. Eine abgeschwächte Variante und ein | |
schärferer Entwurf aus dem Parlament in Zusammenarbeit mit einer | |
zivilgesellschaftlichen Initiative liegen vor. | |
Auch beim Punkt Verfassungsänderung blieb der Kremlchef unentschlossen: | |
2024 müsste er aus dem Amt scheiden, es sei denn, an der Verfassung ließe | |
sich etwas ändern. Auch Veränderungen einer Machtbalance zwischen | |
Ministerpräsident und Präsident bedürften einer ausführlichen Diskussion, | |
meinte Putin. | |
Der Kremlchef hinterließ wie immer den Eindruck, bis ins Detail darüber | |
informiert zu sein, was in seinem Herrschaftsbereich geschieht. Ob in der | |
Wirtschaft, im Krieg mit der Ukraine oder beim Klimawandel. | |
## Temperaturanstieg am Polarkreis | |
Auch dieser sei eine Herausforderung für Russland, sagte er diesmal | |
vorsichtig. Der Temperaturanstieg am Polarkreis verschone auch russische | |
Städte nicht. Permafrostböden würden tauen und Häuser und Straßen | |
gefährden. | |
Russland hatte erst kürzlich das Pariser Weltklimaabkommen ratifiziert. | |
Allerdings, so schränkte Putin ein, seien die Ursachen des Klimawandels | |
noch nicht endgültig erforscht. Das war ein Zugeständnis an die vielen | |
Kritiker im Land, die bislang den Klimawandel leugnen. | |
Wladimir Putin legt sich nie gerne fest. Zurzeit herrscht in Russland | |
überdies eine unruhige Atmosphäre. Die Menschen sind wirtschaftlich | |
unzufrieden und klagen, dass ihre Interessen von der Bürokratie missachtet | |
erden. Das könnte erklären, warum der Kremlchef erneut versucht, in die | |
Rolle eines Schlichters zu schlüpfen. Schließlich müsste er sich 2024 | |
erneut einer Wahl stellen. | |
Interesse scheint Putin vor allem den Vorbereitungen zum 75. Jahrestag des | |
Sieges über den Faschismus im nächsten Jahr entgegenzubringen. Der | |
Präsident versprach, auch einen wissenschaftlichen Beitrag über die | |
Verzerrung der Geschichte des Zweiten Weltkrieges vorzulegen. Das war als | |
Antwort auf die Initiative des EU Parlaments gedacht, die am 25. Mai zum | |
ersten Mal einen Gedenktag für die Opfer beider Totalitarismen begeht. | |
## Anklagen weit hergeholt | |
Zur internationalen Politik äußerte sich Putin nur zurückhaltend. Die USA | |
kamen diesmal nur im Nebensatz vor. Im Streit um das | |
Amtsenthebungsverfahren ergriff Putin die Seite von Präsident Donald Trump. | |
Die Anklagen gegen den US-Präsidenten seien weit hergeholt, so Putin. | |
[2][Zur Ermordung des georgischen Staatsbürgers Selimchan Changoschwili] in | |
Berlin im vergangenen August verfeinerte der Kremlchef noch geringfügig das | |
Geflecht der Ausreden. Von deutscher Seite hätte es keine Anfragen zur | |
Person Changoschwilis gegeben. | |
Die Geheimdienste hätten sich jedoch über den Fall verständigt, ohne am | |
Ende eine Übereinkunft zu finden. Die Anschuldigungen gegen den | |
„blutrünstigen“ Changoschwili wurden noch einmal wiederholt, auch diesmal | |
ohne Beweise anzuführen. Erregt meinte der Präsident, offensichtlich | |
könnten Terroristen in Berlin frei herumlaufen. | |
Im Konflikt mit der Ukraine lehnte Putin jegliche Änderungen am Minsker | |
Abkommen ab. „Wenn wir anfangen, das Minsker Abkommen zu verändern, führt | |
das in eine Sackgasse.“ Es gäbe nichts außer dieser Vereinbarung, meinte | |
der Kremlchef. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenski verlangt | |
unterdessen, die Kontrolle über die ukrainischen Grenzen wieder | |
zurückzuerhalten. Erst danach ist Kiew bereit, Wahlen in den besetzten | |
Gebieten abzuhalten. | |
19 Dec 2019 | |
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## AUTOREN | |
Klaus-Helge Donath | |
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