Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Asche von Schoah-Opfern vor Bundestag: Kritik an Gedenksäulen-Akti…
> Politik und Verbände empören sich über die jüngste Aktion des Zentrums
> für Politische Schönheit. Am Dienstag legte das Kollektiv nach.
Bild: Volker Beck: „Missachtung der Tradionen zu Tod und Trauer im Judentum“
Berlin taz | An der neuesten [1][Aktion des Zentrums für Politische
Schönheit (ZPS)] gibt es scharfe Kritik. Diese sei „aus jüdischer Sicht
problematisch“, kommentiert der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef
Schuster, die Kampagne mit dem Titel: „Sucht nach uns!“ Der ehemalige
Vorsitzende der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe Volker Beck
spricht von „Missachtung der Traditionen zu Tod und Trauer im Judentum“.
Bereits am Montagabend hatte er mitgeteilt, Strafanzeige gegen das
Kollektiv eingereicht zu haben.
Nach eigenen Angaben hat das ZPS in den vergangenen zwei Jahren mithilfe
historischer Quellen nach den Überresten von Opfern des Holocaust gesucht.
Ihre Recherche habe sie nach Thüringen, Österreich, Polen und in die
Ukraine geführt, heißt es vonseiten der Aktivisten. Im Umkreis ehemaliger
Vernichtungslager seien Sedimente entnommen und im Labor auf menschliche
Überreste getestet worden. In über 70 Prozent der Fälle sei das Ergebnis
positiv gewesen.
Anschließend wurden diese Bodenproben an den Fundort zurückgeschickt. Mit
einer Ausnahme: Einer der positiv getesteten Bohrkerne wird [2][seit Montag
zwischen Kanzlerinnenamt und Bundestag ausgestellt.] Hinter der Glasscheibe
der „Widerstandssäule“ blickt man auf Knochenreste, die aus der Erde ragen.
„Sollte es sich tatsächlich um Asche von Schoah-Opfern handeln, dann wurde
die Totenruhe gestört“, sagt Schuster. Den Beweis dafür will die Gruppe
rund um den Aktionskünstler Philipp Ruch selbst angetreten haben: Am
Dienstag veröffentlichte sie auf der Homepage des Projekts den Bericht
eines britischen Forensiklabors, der beweisen soll, dass es sich um
menschliche Asche handelt.
## Eine „ungeheuerliche Verfehlung“
Die Unantastbarkeit der Totenruhe ist eine der fundamentalen israelitischen
Glaubenssätze. Das führt dazu, dass jüdische Gräber oft über Jahrhunderte
erhalten bleiben und die Friedhöfe stetig wachsen. „Es wäre daher zu
begrüßen, wenn beim Abbau der ‚Widerstandssäule‘ der Rat eines Rabbiners
hinzugezogen würde“, so Schuster. Auf diese Weise könne man wenigstens noch
„einen möglichst respektvollen und halachisch richtigen Umgang mit der
Asche“ gewährleisten.
Auf Nachfrage der taz bestätigt Volker Beck am Dienstag, Strafanzeige gegen
das ZPS gestellt zu haben. Sollte es sich um die Asche von in der Schoah
ermordeten Menschen handeln, sei dies eine „strafbare Verletzung der
Totenruhe“ im Sinne des Paragrafen 168 Strafgesetzbuch.
Beim Zentrum für Politische Schönheit kritisiert man Becks Vorgehen. Dieser
habe vor seiner Ankündigung bei Twitter „jeden Kontakt zu uns vermieden“,
sagt Stefan Pelzer, Eskalationsbeauftragter des ZPS, der taz. Allein, man
wolle „keinen Schlagabtausch mit einem Bruder im Geiste“.
Mit der Errichtung der Säule wollen die Aktivisten vor den Folgen einer
[3][Kooperation zwischen Union und AfD] warnen. Dass man nicht von Anfang
an über die genauen Bohrorte und Hintergründe informiert habe, bereut man
in den Reihen des ZPS mittlerweile. „Da liegt die Schuld bei uns“, räumt
Pelzer ein. Die drängendsten Fragen habe man am Dienstag auf der Website
nachträglich beantwortet. Es ginge ihnen darum, „die Schuld des deutschen
Konservatismus in den Fokus zu rücken“.
Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München,
wirft den Aktivisten vor, sich eine „ungeheuerliche Verfehlung“ geleistet
zu haben. Niemand habe das Recht, „die Opfer des Nationalsozialismus in
einer so respektlosen Art und Weise zu instrumentalisieren“, schreibt die
87-Jährige auf Twitter.
Eine weitere Nachricht macht das ZPS am Dienstag bekannt: Es habe den
Grabstein des Nationalsozialisten Franz von Papen entwendet, dieser sei
derzeit auf dem Weg nach Berlin. Pelzer erklärt den Zusammenhang zum
Projekt „Sucht nach uns!“: Während die Millionen Opfer des
Nationalsozialismus einfach „verscharrt“ wurden, habe ein Nazi wie von
Papen nach vier Jahren Haft sein Geld zurückbekommen und anschließend „in
Saus und Braus“ gelebt.
3 Dec 2019
## LINKS
[1] /Aktion-mit-Asche-von-Opfern-der-Schoah/!5641561
[2] /Gedenkstaette-von-Kunst-Aktivisten/!5641474
[3] /Nach-der-Landtagswahl-in-Thueringen/!5635657
## AUTOREN
Dorian Baganz
Jonas Julino
## TAGS
Schwerpunkt AfD
Holocaust-Mahnmal
Zentrum für Politische Schönheit
Zentralrat der Juden
Shoa
Schlagloch
Zentrum für Politische Schönheit
Shoa
Schwerpunkt AfD
Philipp Ruch
## ARTIKEL ZUM THEMA
Strittige Kunstaktion des ZPS: Grob gepixelt
Was Super Mario und das Zentrum für politische Schönheit verbindet:
überwiegend männliche Rollenmuster und der Kampf gegen das Böse.
Das ZPS und seine Entschuldigung: Moralisch beschränkt
Nicht zum ersten Mal soll beim Zentrum für Politische Schönheit der Zweck
des Schockeffekts die trüben Mittel heiligen – Zeit, den Laden zu
schließen.
Aktion mit Asche von Opfern der Schoah: Wozu die Lebenden fragen?
Mit toten Juden kann man machen, was man für richtig hält, scheint das
Zentrum für Politische Schönheit zu glauben. Wie selbstgerecht ist das
denn?
Gedenkstätte von Kunst-Aktivisten: Topografie des Schreckens
Asche von Holocaust-Opfern vor dem Bundestag: Das Zentrum für politische
Schönheit will mit seiner neuen Aktion die CDU vor der AfD warnen.
ZPS-Leiter ausgeladen: Philipp Ruch reicht Klage ein
Die Bundeszentrale für politische Bildung lud den Leiter vom „Zentrum für
politische Schönheit“ von einem Kongress aus. Der hat nun dagegen geklagt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.