| # taz.de -- Aktion mit Asche von Opfern der Schoah: Wozu die Lebenden fragen? | |
| > Mit toten Juden kann man machen, was man für richtig hält, scheint das | |
| > Zentrum für Politische Schönheit zu glauben. Wie selbstgerecht ist das | |
| > denn? | |
| Bild: Missbraucht die Opfer der Schoah: Säule mit Asche von Auschwitzopfern | |
| Eine Stele, gefüllt mit der Asche ermordeter Jüdinnen und Juden – | |
| vielleicht. „Schwurwürfel“, in die Bodenproben eingegossen sind, als | |
| Crowdfunding-Belohnung. Damit erregt das Zentrum für Politische Schönheit | |
| gerade die Gemüter. Nur: Um ein würdiges Andenken an die Ermordeten geht es | |
| dabei nicht. Was die Aktionskünstler*innen hier präsentieren, ist pure | |
| Selbstgerechtigkeit. | |
| Das Zentrum für Politische Schönheit sagt, es wolle die Union mahnen: Man | |
| darf den Faschisten nicht die Hand reichen. So weit, so gut. Es sagt, dass | |
| es für viele [1][der von den Nazis ermordeten Jüdinnen und Juden] kein | |
| würdiges Gedenken gebe. Dass wir über ihre verstreute Asche reden müssen. | |
| Auch das ist wahr. | |
| Es eignet sich aber diese Asche, [2][das Gedenken an diese Menschen], an. | |
| Und erhebt sich somit nicht nur über die Gesellschaft, die es kritisieren | |
| will – sondern auch über die Überlebenden und ihre Angehörigen. Sicher, es | |
| mag auch unter Jüdinnen und Juden verschiedene Meinungen zu dieser Aktion | |
| geben. Aber auf Kritik von ebendiesen Angehörigen reagiert das Zentrum für | |
| Politische Schönheit mit Arroganz. | |
| Man „entreiße“ das Gedenken der „Lieblosigkeit“, heißt es im Video zur | |
| Aktion und [3][in Antworten an bestürzte Nachfahren]. Man darf aber getrost | |
| davon ausgehen, dass die Familien ihrer Toten gedenken. Liebevoll übrigens. | |
| Und dass sie dafür keine Anleitung eines deutschen Kunstkollektivs | |
| brauchen. Mehr noch: Wenn es wirklich um die Würde dieser Toten ginge, dann | |
| wären jüdische Organisationen zentral beteiligt, statt eine vor | |
| Effekthascherei strotzende Kampagne um die Ohren geschlagen zu bekommen. | |
| Das Zentrum betont, dass Lea Rosh, Initiatorin der Holocaustmahnmals in | |
| Berlin, das alles ganz toll findet. Die Lea Rosh übrigens, die bei einem | |
| Besuch in der KZ-Gedenkstätte Belzec den Zahn eines Ermordeten mitgenommen | |
| hat. Er lag dann jahrelang auf ihrem Schreibtisch, bis sie ihn in ebenjenem | |
| Mahnmal in Beton gießen wollte. Inzwischen ist er in der Gedenkstätte | |
| bestattet. | |
| „Suchet in der Asche“, zitiert die Aktion den im Holocaust ermordeten | |
| Salmen Gradowski. Liegt der Gedanke so fern, [4][dass es dabei um Gedenken | |
| geht] – und nicht darum, in dieser Asche zu wühlen? | |
| Es geht dem Zentrum für Politische Schönheit am Ende weder um eine Mahnung | |
| an die Union noch um die Toten. Oder redet gerade irgendjemand [5][über die | |
| AfD? Über neue Gedenkstätten?] Nein? Überraschung. Das Kollektiv wollte | |
| Spektakel, und Spektakel hat es bekommen. Natürlich sei keine Asche aus | |
| Auschwitz in der Stele, betont das Zentrum nun brüskiert. Nur von anderen | |
| Orten. Na dann. | |
| Selbst wenn gar keine Asche darin wäre: Achtung vor den Toten betrifft | |
| nicht nur ihre Körper. Zynisch kann man sagen, dass diese Aktion deutsche | |
| Erinnerungskultur auf die Spitze treibt. Mit toten Jüdinnen und Juden kann | |
| man machen, was man für richtig hält – als Erinnerungsweltmeister macht man | |
| es ohnehin richtig. Wozu die Lebenden fragen? | |
| Meine Familie wurde in Auschwitz ermordet. Auch für sie haben wir kein | |
| Grab. Aber das Zentrum für Politische Schönheit instrumentalisiert ihr | |
| Andenken, eignet es sich an – für ein paar Zeitungsartikel. | |
| 3 Dec 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Pogromgedenken-in-Israel/!5637096 | |
| [2] /75-Jahre-Nazi-Massaker-von-Babi-Jar/!5340549 | |
| [3] https://twitter.com/rob_heinze/status/1201583488056594434 | |
| [4] https://twitter.com/PatrickGensing/status/1201610247967784961/photo/1 | |
| [5] /Essayist-Max-Czollek-ueber-Chemnitz/!5530911 | |
| ## AUTOREN | |
| Dinah Riese | |
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