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# taz.de -- Wieder Wahlen in Israel: Bibi bleibt! Bibi raus!
> Am 2. März müssen die Israelis schon wieder wählen. Auf den Straßen
> Jerusalems gehen die Meinungen scharf auseinander: in pro oder contra
> Netanjahu.
Bild: Sieht überall Verschwörungen gegen sich: Israels Regierungschef Benjami…
Jerusalem taz | Ein Mittsechziger und Blau-Weiß-Wähler steht am Straßenrand
und hält den Autos ein Schild entgegen: „Jalla, Bibi, geh nach Hause.
Tschüß. Danke!“, steht darauf. Seit zwei Wochen steht hier ein Grüppchen im
Park, kocht Tee, weil der Wind hier am Unabhängigkeitspark in Jerusalem
durch die Knochen zieht, und protestiert gegen Netanjahu. Ein Auto fährt
vorbei. „Nur Bibi!“, ruft der Fahrer aus dem offenen Autofenster und reckt
den Protestlern die Faust entgegen.
Der Ausdruck „Das Land ist gespalten“ ist ein Gemeinplatz geworden, aber
was soll man sonst derzeit über dieses Land sagen: „Netanjahu ist der
größte Anführer, den Israel je hatte“, sagt ein älterer Mann auf der
Straße: „Die [1][Anklage] ist ein politischer Komplott von den Linken. Von
der Justiz.“ Für die Rechten sind Justiz und links derzeit fast dasselbe.
„Nie ging es dem Land so gut wie unter Bibi. Ökonomisch und
sicherheitstechnisch“, sagen die einen. Die anderen fangen laut an zu
lachen, wenn man sie fragt, ob sie Netanjahu tatsächlich für korrupt
halten. „Natürlich!“ Ein Taxifahrer sagt, dass er bisher immer Meretz
gewählt hat, jetzt wählt er Lieberman. Was absurd erscheint, denn Meretz
ist eine linke Partei und Lieberman ist ein rechter Hardliner. Warum also
Lieberman? „Weil Lieberman dafür sorgen kann, dass Bibi geht.“
„Auf jeden Fall gehe ich wieder wählen“, sagt auch eine junge Frau im
Hausflur: „Einfach nur, damit Bibi geht. Wenn Gideon Saar, Netanjahus
Herausforderer innerhalb des Likud, die Vorwahlen gewinnt, gibt es
Hoffnung.“ Sie ergänzt: „Nicht dass ich Saar mögen würde.“ Der Satz bl…
unvollendet.
## „Solange es neue Wahlen gibt, gibt es Hoffnung“
Im Café Shapira – Tische stehen in einem Community Garten, ein
Palisanderholzbaum spendet Babys und deren alternativen Eltern Schatten –
will man mehr als Netanjahus Rücktritt. „Solange es neue Wahlen gibt, gibt
es Hoffnung“, sagt eine junge Frau: „Bibi ist angeschlagen, der Prozess
gegen ihn ist angestoßen. Vielleicht gibt es doch eine
Mitte-links-Regierung.“
Als Mittwochnacht die Frist zur Bildung einer Regierung endgültig auslief
und der Termin für die [2][nächsten Wahlen am 2. März] stand, sagte
Staatspräsident Rivlin, er bete dafür, dass die Krise in eine Gesellschaft
führe, „in der wir nicht nur für das Recht kämpfen, nicht einer Meinung zu
sein, sondern auch für die Pflicht, das zu finden, worüber wir uns einig
sein können“.
Doch was kann das sein, diese Einigkeit in einem Land, in dem die einen
Netanjahu als König vergöttern und die anderen alles tun, um ihn
loszuwerden?
„Hummus“, sagt mein Freund Yosi wie aus der Pistole geschossen. Allerdings
scheint die Antwort vorschnell. Wenig Kämpfe werden in diesem Land so
heftig geführt wie der darüber, welcher Hummus der beste ist. Doch Yosi
hält an der einenden Kraft von Hummus fest: „Selbst ein Rechtsaußen würde
bei Arafat, meiner arabischen Hummusbar in der Altstadt von Jerusalem,
Hummus essen.“
Zurück ins Café Shapira. Hier gibt es einen, der angesichts der Situation
glücklich lächelt: „In der jüdischen Philosophie ist die Zeit ohne König
die Zeit der Erlösung.“ Er streicht sich durch seinen Vollbart: „Die Juden
beten dreimal am Tag ‚Reiß aus das Böse aus den Königen‘. Denn jede
Regierung ist böse.“
Fragt man ihn, was das für die Wahlen bedeutet, hebt er die Arme gen
Himmel: „Jemand hat das Gebet erhört. Wir leben in einer wunderbaren Zeit:
ohne Regierung.“ Der vollbärtige Anarchist steht recht allein da mit seiner
Meinung.
15 Dec 2019
## LINKS
[1] /Israels-Ministerpraesident-wird-angeklagt/!5643414
[2] /Regierungsbildung-in-Israel-gescheitert/!5649430
## AUTOREN
Judith Poppe
## TAGS
Israel
Benjamin Netanjahu
Schwerpunkt Korruption
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