# taz.de -- Künstliche Intelligenz und Gender: Zahlen bitte | |
> Wenn wir nicht mal nachzählen, wird sich bei der Diversität auch nichts | |
> tun. Aber die Schweiz macht zum Glück vor, wie's geht. | |
Bild: Wenn Männer über Männer schreiben | |
Darauf einen doppelten Sherlock: So jedenfalls heißt eine [1][künstliche | |
Intelligenz], mit deren Hilfe der Schweizer Medienkonzern Ringier seine | |
gesammelten Werke und Aktivitäten vernetzt. Und diese künstliche | |
Intelligenzbestie soll jetzt auch in den Dienst der Geschlechterdiversität | |
treten. Sherlock wird in Zukunft bei allen Websites von Ringier und beim | |
Joint-Venture Ringier Axel Springer Schweiz (RASCH) die Geschlechterpräsenz | |
messen und auswerten. | |
Sherlock zählt die Anzahl der Artikel über Frauen und über Männer anhand | |
von Vornamen, Bezeichnungen und Bilderkennung – und bastelt daraus zwei | |
Werte. Der sogenannte Teaser-Score misst Titel, Dachzeilen, Leads und | |
Vorspänne sowie Bilder nach Sichtbarkeit von Frauen und Männern. Der | |
Body-Score nimmt sich den restlichen Textkörper vor und analysiert, wie oft | |
pro Beitrag Frauen und Männer zu Wort kommen. | |
Das Projekt heißt EqualVoice und soll für Gleichwertigkeit sensibilisieren, | |
wie Ringier bekanntgibt. Und damit die Kerle auch keine Angst bekommen, | |
schiebt Vorstandschef Marc Walden gleich hinterher, dass es jetzt natürlich | |
nicht das Ziel sei, „auf einmal in allen Titeln 50 Prozent Männer und 50 | |
Prozent Frauen“ zu haben. Denn Ringiers Journalist*nnen seien schließlich | |
„keine Aktivisten“. Es gehe vielmehr darum, „dass die Chefredaktorinnen u… | |
-redaktoren ihre Teams für das Thema Gleichwertigkeit sensibilisieren. Wir | |
sind überzeugt, dass Frauen und Männer gemeinsam viel mehr bewirken als | |
Frauen und Männer alleine. Und: Es gibt mehr Frauen, über die es sich zu | |
berichten lohnt.“ | |
Über Annabella Bassler etwa, Finanzchefin der Ringier AG, die EqualVoice | |
„lanciert“ hat, wie das dort so schön heißt. Denn Medienberichte in der | |
Schweiz behandeln zu 75 Prozent Männer, laut dem von Ringier zitierten | |
Global Media Monitoring Project 2016 weltweit sogar zu 82 Prozent. | |
## In Deutschland nichts neues | |
In Deutschland, das belegen zumindest die Zahlen der [2][MaLisa-Studie] für | |
das Fernsehen, sieht es mit Blick auf Erklärpersonen und Expertinnen | |
ähnlich trübe aus. Bloß von Projekten wie EqualVoice ist hierzulande nichts | |
zu hören. Und was die vielversprochenen Reaktionen auf die | |
MaLisa-Erkenntnisse angehen, heißt es auch weiter fröhlich warten. Aber zum | |
Glück steht ja eine Neuausgabe der Studie an, vielleicht bewegt sich ja | |
dann was. | |
Nee, kommt, war natürlich ein Witz. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich | |
zuletzt. Womit eigentlich die Stunde der Verlage gekommen sein könnte. | |
Springer hängt über „RASCH“ eh schon mit drin. Also könnte doch der hies… | |
Springer-Chef, der ja praktischerweise auch gleich noch Präsident aller | |
Zeitungsverleger*nnen ist, mal loslegen. Mathias Döpfner sagt ja selbst | |
immer wieder, dass er die Frage spannend findet, wer nach ihm | |
Vorstandsvorsitzende von Axel Springer wird. | |
28 Nov 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Digitale-Wiederauferstehung/!5639431 | |
[2] /Frauenanteil-bei-Filmen-des-MDR/!5546507 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
## TAGS | |
Kolumne Flimmern und Rauschen | |
Diversität | |
Geschlechter | |
Medien | |
Diversität | |
Journalismus | |
Axel Springer | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Diversitäts-Agentin über ihren Job: „Diversität muss normal werden“ | |
Leyla Ercan setzt sich als Agentin für Diversität am Staatstheater Hannover | |
für die interkulturelle Öffnung des Hauses ein. | |
Studie von Pro Quote Medien: Alles voller Männer, außer … | |
Ein Journalismus, in dem Frauen 50 Prozent der Chef*innen sind? Auch heute | |
noch utopisch, zeigt eine neue Studie von Pro Quote Medien. | |
Umbau beim Axel-Springer-Verlag: Springer schrumpft „Welt“ | |
Das Berliner Verlagshaus gibt seinen Sparkurs bekannt. Die journalistische | |
Sparte wird kleiner. Mitarbeitende sollen umschulen. | |
Frauenbilder bei Instagram und Co.: Medien neu, Geschlechterrollen alt | |
Frauen sind in den „sozialen“ Medien schlecht, zeigen drei neue Studien. | |
Ihre Inszenierung basiert auf veralteten Rollenbildern. |