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# taz.de -- Proteste in Bolivien: Machtkampf fordert sechs Tote
> Die Ausschreitungen in Bolivien nehmen kein Ende. Währenddessen ringen
> die Parteien um eine politische Lösung.
Bild: Unterstützerinnen von Evo Morales bauen Barrikaden auf eine Straße in E…
LA PAZ taz | In Bolivien mehren sich die Zeichen, dass sich die politischen
Parteien um eine Lösung der Krise bemühen. Gleichzeitig herrscht weiter
Gewalt. Am Montag kamen 6 Menschen ums Leben, rund 25 wurden verletzt.
Die Menschen starben bei einer gemeinsamen Operation von Polizei und Armee
an der Brennstoffanlage Senkata in El Alto, der Nachbarstadt von La Paz.
Seit Tagen hatten Demonstrierende, die die Übergangsregierung von Jeanine
Áñez ablehnen und [1][teilweise eine Rückkehr von Präsident Evo Morales
fordern], die Anlage blockiert.
Wegen der Blockade war in La Paz kein Benzin und Diesel mehr angekommen.
Auch der Nahverkehr war betroffen, die städtische Müllabfuhr holte nur noch
an potenziellen Infektionsherden den Müll ab. Am Montag hatte die
Übergangsregierung bekannt gegeben, La Paz künftig von Peru und Chile aus
mit Brennstoff zu versorgen und parallel mit den Blockierer*innen zu
verhandeln.
Doch am Dienstag versuchten Polizei und Armee, Treibstoff aus der Anlage
nach La Paz zu bringen. Dafür mussten sie die Blockade durchbrechen. Nach
Angaben der Armee drangen Vandalen mit Sprengstoff in die Brennstoffanlage
ein.
## Mehr Tote und ein umstrittenes Dekret
Wie die Menschen zu Tode kamen, ist unklar. Als die bekannte Zahl der Toten
bei drei lag, teilte das Büro der Ombudsfrau Nadia Cruz mit, sie seien
durch Schüsse gestorben. Es forderte einen Rückzug der Streitkräfte, um
weitere Tote zu verhindern, und einen kriminalisierenden Diskurs über die
Protestbewegung zu vermeiden.
Verteidigungsminister Fernando López sagte abends, dass die Streitkräfte
keinen einzigen Schuss abgegeben hätten. Die Teilnehmer*innen der Blockade
würden Geld, Alkohol und Koka empfangen, damit sie Vandalismus begingen und
Angst und Panik verbreiteten.
In den Unruhen nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl am 20. Oktober
sind mindestens 29 Menschen gestorben, die meisten wohl in
Auseinandersetzungen zwischen Demonstrierenden und Sicherheitskräften. Die
Interamerikanische Kommission für Menschenrechte hat für Freitag eine Reise
nach Bolivien angekündigt, um die Situation der Menschenrechte im Land zu
beobachten.
[2][Sie kritisiert ein Dekret der Übergangsregierung], das Soldat*innen
Straffreiheit zusichert, die an Operationen teilnehmen, um die öffentliche
Ordnung wiederherzustellen. Auch die bolivianische Ombudsfrau Nadia Cruz
fordert, das Dekret zurückzunehmen. Sie legte Verfassungsbeschwerde ein.
## Morales-Partei meidet Abstimmung
In vielen Teilen des Landes blockieren Gegner*innen der Übergangsregierung
weiter Straßen. Parallel laufen Gespräche, um die Krise politisch zu lösen.
Das Movimiento Al Socialismo (MAS), die Partei des nach Mexiko geflüchteten
Präsidenten Evo Morales, hatte für Dienstagabend zu einer Sitzung im
Parlament eingeladen, in dem es über eine Zweidrittelmehrheit verfügt. Die
Sitzung sollte dazu dienen, miteinander zu sprechen und die Situation zu
befrieden.
Doch Eva Copa (MAS), die Präsidentin der Legislativen Versammlung, sagte
kurzfristig die Sitzung ab, um „ein geeignetes Klima für den Dialog und die
folgende Befriedung des Landes zu schaffen“. „Wir wollen keine weiteren
Toten, kein Blutvergießen mehr“, sagte Copa.
Mehrere Morales-nahe Bewegungen unter Führung der Kokabauern hatten in
einem Ultimatum bis Dienstag, 24 Uhr, unter anderem den Rücktritt von
Übergangspräsidentin Jeanine Áñez gefordert. Teile der Bewegungen wollen
die Rückkehr von Morales.
Das schließt seine Partei aber aus, sagte eine MAS-interne Quelle der taz.
Die Partei ist in einer schwierigen Situation. „Einige soziale
Organisationen bitten darum, dass wir Morales' Rücktrittserklärung im
Parlament ablehnen. Aber das würde das Land nicht befrieden.“ Deshalb wolle
die MAS diese Abstimmung vermeiden.
Diesen Mittwoch tagt der Senat. Läuft alles gut, könnte schon am Donnerstag
die Legislative Versammlung über die Formalitäten und den Termin für
Neuwahlen abstimmen. Seine Partei garantiere diese jedenfalls, sagte
MAS-Senator Milton Barón am Dienstag.
20 Nov 2019
## LINKS
[1] /Proteste-und-Morales-Sturz-in-Bolivien/!5638564
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## AUTOREN
Katharina Wojczenko
## TAGS
Protest
Bolivien
Evo Morales
Jeanine Añez
Bolivien
Bolivien
Lesestück Recherche und Reportage
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