# taz.de -- Afrika-Konferenz in Berlin: Wirtschaft drängt nach Afrika | |
> Am Dienstag empfängt die Bundesregierung die „Compact with | |
> Africa“-Staaten. Der Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft will „größe… | |
> Projekte“ realisieren. | |
Bild: Solarpanelproduktion in Togo: Umweltfreundliche Technologien sollen gefö… | |
BERLIN rtr/epd/taz | Kurz vor der großen Afrika-Konferenz am Dienstag in | |
Berlin fordert die deutsche Wirtschaft weitere Hilfen der Bundesregierung. | |
Die Investitionen deutscher Firmen bewegten sich zwar auf Rekordniveau, | |
sagte Stefan Liebing, Präsident [1][des Afrika-Vereins der deutschen | |
Wirtschaft], in einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit der | |
Nachrichtenagentur Reuters. „Aber wir wollen mehr privates Kapital | |
mobilisieren, um auch größere Projekte realisieren zu können.“ | |
Dazu seien staatliche Bürgschaften nötig, appellierte Liebing an | |
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Nur so könnten Banken dazu bewegt | |
werden, Vorhaben zu finanzieren, die sie als Hochrisikoländer einstufen. | |
Es sei gut, dass nach 2018 nun zum zweiten Mal eine große Afrika-Konferenz | |
in Berlin stattfinde. Liebing hob hervor, dass ein Versprechen der | |
Bundesregierung mit der Einrichtung des Entwicklungs-Investitionsfonds nun | |
umgesetzt sei. Mittelständler können dabei Kredite von bis zu 4 Millionen | |
Euro für neue Geschäfte in Afrika erhalten. | |
„Innerhalb weniger Wochen gibt es weit mehr als 100 Bewerbungen. Und das | |
bei einer Gesamtzahl von rund 1000 deutschen Firmen in Afrika“, sagte | |
Liebing. „Damit ist eine wichtige Lücke geschlossen. Während | |
Entwicklungsminister Müller also geliefert hat, ist im | |
Wirtschaftsministerium noch deutlich Luft nach oben.“ | |
## Deutsche Initiative mit zwölf afrikanischen Staaten | |
Kanzlerin Angela Merkel empfängt am Dienstag die Präsidenten und | |
Regierungschef von zwölf Staaten der [2][„Compact with Africa“-Initiative]. | |
Es handelt sich um Ägypten, Äthiopien, Benin, Burkina Faso, die | |
Elfenbeinküste, Ghana, Guinea, Marokko, Ruanda, Senegal, Tunesien und Togo. | |
Die Bundesregierung hatte diese Initiative [3][vor zwei Jahren] in der | |
deutschen G20-Präsidentschaft für Staaten gestartet, die sich zu Reformen | |
verpflichten. | |
Liebing schlug vor, dass die Bundesregierung die Zahl der Compact-Länder | |
erweitern sollte. „Es ist schade, dass neue Instrumente der Zusammenarbeit | |
etwa nicht für Länder wie Nigeria oder Angola greifen. Lassen Sie uns gern | |
noch zehn weitere Staaten dazunehmen“, schlug er vor. Merkel hatte am | |
Freitag [4][nach ihrem Treffen mit Kongos Präsident Felix Tshisekedi] in | |
Berlin gesagt, dass die Compact-Initiative grundsätzlich weiteren Ländern | |
offenstehe. | |
Die deutsche Wirtschaft werde immer aktiver. „2018 war ein Rekordjahr für | |
deutsche Investitionen“, sagte der Präsident des Afrika-Vereins. Er schätze | |
die Neuinvestitionen deutscher Firmen in Afrika im vergangenen Jahr auf 1,5 | |
Milliarden Euro – bei einem bisherigen Gesamtvolumen von rund 10 Milliarden | |
Euro“. 2019 halte der Trend an, der Handel mit den afrikanischen Staaten | |
habe im ersten Halbjahr um 8,5 Prozent zugelegt. | |
Auf der ebenfalls am Dienstag stattfindenden Investorenkonferenz wolle man | |
Pilotprojekte vorstellen, alles in allem mit einem Volumen von 900 | |
Millionen bis 1 Milliarde Euro. „Der Mittelständler soll sehen, was seine | |
Kollegen in den afrikanischen Ländern schon heute machen“, sagte Liebing. | |
Er verwies darauf, dass viele afrikanische Länder durch erschlossene | |
Rohstoffvorkommen mehr Geld für Infrastrukturmaßnahmen zur Verfügung | |
hätten. | |
## Klimafreundliche Technologien als Chance | |
Ein wichtiger Bereich seien dabei Investitionen in klimafreundliche | |
Technologien. „Wir müssen verhindern, dass sich Afrika so entwickelt wie | |
China oder Indien. Es gibt ein riesiges Vermeidungspotenzial im Bereich | |
Klimaschutz“, sagte er mit Blick auf die stark steigenden CO2-Emissionen in | |
den asiatischen Milliarden-Völkern. „Staatlich unterstütztes Engagement in | |
Afrika ist wichtiger, als in Deutschland noch eine dritte Glasscheibe | |
einzubauen.“ | |
Liebing forderte neue Versicherungsmodelle, um etwa die Finanzierung von | |
Solarparks in Afrika zu ermöglichen. Bisher sei die Kreditwürdigkeit der | |
Stromabnehmer gering. „Man könnte aber mehrere Verträge aus afrikanischen | |
Ländern bündeln und eine Versicherung gegen das Ausfallrisiko | |
organisieren.“ | |
[5][Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU)] sagte, die Zusammenarbeit mit | |
Afrika könnte sich verstärkt auf die Digitalisierung konzentrieren. „Mit | |
der Digitalisierung kann Afrika riesige Entwicklungssprünge machen“, sagte | |
Müller dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Dadurch würden für die stark | |
wachsende junge Bevölkerung des Kontinentes neue Chancen im Tech-Sektor, in | |
der Ausbildung oder auch in der Landwirtschaft geschaffen. „Wir dürfen die | |
digitale Entwicklung in Afrika nicht verschlafen und müssen das volle | |
Potenzial heutiger Technik nutzen“, betonte Müller. „Sonst schaffen wir nie | |
ausreichende Angebote für Bildung, Ausbildung und Jobs.“ | |
## 40 Projekte mit einem Volumen von 165 Millionen Euro | |
Mit der Initiative „Digitales Afrika“ setze das Entwicklungsministerium | |
bereits rund 40 Projekte mit einem Volumen von 165 Millionen Euro um, sagte | |
der Minister weiter. Insgesamt investiere das Ministerium 268 Millionen | |
Euro in 227 Digitalprojekte in Afrika. | |
Als Beispiel nannte der CSU-Politiker eine für die Elfenbeinküste geplante | |
E-Learning-Plattform für junge Landwirte oder Digitalunternehmer, deren | |
Inhalte auf Smartphones heruntergeladen werden können. In Ruanda würden | |
zusammen mit Volkswagen, Siemens und SAP Carsharing-Modelle mit | |
Elektroautos eingeführt. In Kamerun sei der digitale Bezahlverkehr | |
ausgebaut worden. | |
19 Nov 2019 | |
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