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# taz.de -- Inga-Staudamm in Kongo: Megadamm? Megaproblem!
> Präsident Tshisekedi reduziert Ausbaupläne für die Inga-Staudämme am
> Kongo-Fluss. Firmen aus Europa machen einen Rückzieher.
Bild: Inga I, der erste der bestehenden Staudämme, im August 1998. Er ist mitt…
Brüssel taz Der Inga-Staudamm gilt als Schlüssel für die Entwicklung der
Demokratischen Republik Kongo. Dort, wo der Kongo nach über 4.000
Kilometern Verlauf quer durch Zentralafrika die gesammelten Wassermassen
der Regenwälder mit Wucht durch die Berge kurz vor der Atlantikküste
brechen lässt, entfaltet der gigantische Strom ein unermessliches
Energiepotenzial. Bisher wird dies nur von zwei kleinen, in die Jahre
gekommenen Wasserkraftwerken an den Inga-Fällen genutzt, mit den beiden
maroden Staudämmen Inga I (Kapazität 351 Megawatt ) und Inga II (1.424 MW).
Der Strom fließt zumeist durch eine Hochspannungsleitung nach Katanga im
Süden des Landes, wo er teils den industriellen Bergbau versorgt, teils
nach Südafrika exportiert wird. Für Kongos nahe Hauptstadt Kinshasa mit 11
Millionen Einwohner bleibt kaum etwas übrig.
Ein dritter Staudamm, Inga III, ist seit Jahrzehnten geplant. Unter
Präsident Joseph Kabila, von 2001 bis 2019 an der Macht, wurden dazu
mehrere Vereinbarungen getroffen: das südliche Afrika würde Strom kaufen
und damit den Bau finanzieren. Doch eine solche Konstruktion setzt
Vorfinanzierung durch Banken voraus, und 2016 zog sich die Weltbank aus dem
Projekt zurück. [1][So passierte nichts]. Nun hat der [2][neue Präsident,
Felix Tshisekedi], seit einem Jahr im Amt, eine folgenschwere Entscheidung
getroffen: Damit überhaupt etwas passiert, schrumpft Inga III deutlich von
11.000 auf 4.800 MW.
Die Entscheidung fiel auf einer Tagung der Afrikanischen Entwicklungsbank
(AfDB) in Abidjan in der Elfenbeinküste am 13. und 14. Januar. Die
Teilnehmer, darunter Kongos Regierung, sprachen sich für das bereits 2013
von der AfDB gebilligte Modell eines kleineren Kraftwerks aus. 2.500 MW
Strom sollen nach Südafrika gehen, 1.300 nach Katanga, wo der Kupfer- und
Kobaltbergbau dringend mehr Strom braucht, 1.000 verbleiben für das
nationale Stromnetzwerk. Die AfDB soll nun die Beratungen für eine
Ausschreibung organisieren.
## Viel Erklärungsarbeit
Nun wird Tshisekedi viel Erklärungsarbeit zu leisten haben. 2018, gegen
Ende der Amtszeit von Joseph Kabila, hatte die Grand-Inga-Agentur des
Kongo, die direkt dem Präsidenten untersteht, den Bau von Inga III ohne
Ausschreibung an ein europäisch-chinesisches Konsortium vergeben. Zwei
bisher in Konkurrenz miteinander auftretende Firmengruppen, eine geführt
von der spanischen ACS (Actividades de Construccion y Servicios) des
Real-Madrid-Präsidenten Florentino Perez und eine andere des chinesischen
Staudammbauers Three Gorges International, hatten sich dafür zusammengetan.
Doch ein Jahr später verkrachten sich die beiden ausländischen Rivalen. Und
an Inga III im Kleinformat sind sie bisher nicht interessiert.
Am 21. Januar wurde bekannt, ACS ziehe sich aus dem Projekt zurück. Man
„wird sich nicht an der Umsetzung beteiligen“, so ein von der
Wirtschaftsagentur Bloomberg veröffentlichtes Firmenschreiben.
Der Rückzieher betrifft auch den zum ACS-Konsortium gehörenden
Turbinenhersteller Andritz aus Österreich. Für die Österreicher ist nicht
alles verloren: Andritz saniert aktuell mit General Electric aus den USA
das Kraftwerk Inga II und könnte auch beim neuen Projekt Inga III zur
Lösung des größten technischen Problems beitragen: Lauf AfDB muss für Inga
III ein Teil des Flusswassers, das Inga I und II nährt, umgeleitet werden,
und damit wird Kongo während der Bauzeit noch weniger Strom produzieren als
heute.
Ein anderes Problem kann bisher niemand lösen: Das Kraftwerk soll auch in
seiner verkleinerten Form einschließlich Leitungen nach Südafrika 14
Milliarden US-Dollar kosten, mehr als Kongos Staatshaushalt. Nach den
gültigen Inga-Verträgen zahlen die Stromabnehmer – aber bei viel weniger
Strom als einst geplant könnte das unwirtschaftlich werden.
## Finanzierung extrem ungünstig
Angola, das bislang bis zu 5.000 MW Inga-Strom wollte, hat eigene
Wirtschaftsprobleme. Südafrikas staatliche Stromfirma Eskom, laut geltenden
Verträgen der Hauptabnehmer, steht mit 30 Milliarden US-Dollar Schulden am
Rande der Pleite. So sind die Finanzierungsbedingungen der Banken extrem
ungünstig. Die Alternative einer Finanzierung durch China-Kredite würde in
einer Zeit, wo Kongos neue Regierung massive Ausgabensteigerungen zur
Armutsbekämpfung plant, den internationalen Finanzinstitutionen große
Probleme bereiten. So oder so: Auch in Kleinformat wirft Inga III massive
Fragen auf.
27 Jan 2020
## LINKS
[1] /Streit-um-Riesen-Staudamm/!5638105
[2] /Praesidentenwahl-im-Kongo/!5563846
## AUTOREN
François Misser
## TAGS
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Staudamm
Felix Tshisekedi
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Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Afrika
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