# taz.de -- Konflikt in Afghanistan: Gefangenenaustausch für Frieden | |
> US-Präsident Donald Trump erklärte die Verhandlungen mit den afghanischen | |
> Taliban für „tot“. Nun könnten sie wieder aufgenommen werden. | |
Bild: Taliban-Kämpfer in der Provinz Kunar im September 2019 | |
BERLIN taz | Ein spektakulärer Gefangenenaustausch in Afghanistan könnte | |
die Tür für neue US-Taliban-Verhandlungen öffnen, die Präsident Donald | |
Trump erst [1][Ende September für „tot“ erklärt] hatte. Damals sagte er im | |
letzten Moment ein Gipfeltreffen mit Taliban-Führern zum Abschluss eines | |
unterschriftsreifen Truppenabzugsabkommens in Camp David ab. | |
Am Dienstag gab der afghanische Präsident Aschraf Ghani live im Fernsehen | |
bekannt, seine Regierung habe beschlossen, „gefangene Taliban im Austausch | |
gegen zwei Universitätsprofessoren frei zu lassen, um den Weg für | |
Direktverhandlungen mit den Taliban zu ebnen“. | |
Es gibt widersprüchliche Meldungen, ob die Freilassungen der ausländischen | |
Professoren bereits stattgefunden haben. Bei ihnen handelt es sich um den | |
63-jährigen Amerikaner Kevin King und den 50-jährigen Australier Timothy | |
Weeks, die beide an der Amerikanischen Universität in Kabul lehrten und | |
dort am 7. August 2016 aus ihrem Auto heraus entführt worden waren. | |
Im Oktober 2017 teilten die Taliban mit, King sei ernstlich krank. Zwei | |
militärische Befreiungsversuche an der afghanischen Südostgrenze mit | |
Pakistan scheiterten. Seitdem gab es keine öffentliche Nachricht mehr von | |
den beiden Geiseln. | |
## Geiseln des Hakkani-Netzwerkes | |
Afghanistans Südosten ist das Operationsgebiet des Hakkani-Netzwerks, einer | |
halbautonomen regionalen Untergruppe der Taliban, die älter ist als die | |
1994 gegründete Bewegung selbst und die bereits seit Mitte der 1970er Jahre | |
bewaffnet gegen Kabuler Regierungen kämpft. | |
Bei ihrem inzwischen verstorbenen Gründer Dschalaluddin Hakkani tauchte in | |
den 1980er Jahren Al-Qaida-Chef Osama bin Laden erstmals in Afghanistan | |
auf. Inzwischen führt Hakkanis Sohn Seradschuddin die Gruppierung. Zwei der | |
drei vor der Freilassung stehenden Gefangenen sind enge Verwandte von ihm, | |
darunter sein jüngerer Bruder Anas. | |
Der war 2014 von lokalen und US-Beamten auf dem Flughafen von Bahrain | |
festgenommen und an die Justiz in Kabul übergeben wurde. Dort wurde er als | |
Terror-Financier zum Tode verurteilt. | |
Der jetzige US-Botschafter in Kabul, John Bass, lobte Ghani für seinen | |
„mutigen Schritt“. Mehrmals hatte es nach Taliban-Anschlägen öffentliche | |
Proteste gegeben, in denen als “Vergeltung“ Hakkanis Hinrichtung gefordert | |
worden war. | |
## Afghanische Regierung überschreitet eigene „rote Linie“ | |
Noch Ende Oktober bezeichnete ein Ghani-Sprecher seine Freilassung als | |
„rote Linie“, die nicht überschritten werden dürfe. | |
Man kann davon ausgehen, dass der Druck der US-Regierung groß war. Sie | |
behandelt die Befreiung von im Ausland als Geiseln genommenen eigenen | |
Bürgern als Priorität. Gleichzeitig dürfte Ghanis Zugeständnis nicht ohne | |
Gegenleistung bleiben. | |
Der afghanische Präsident wird gegenüber US-Chefverhandler Zalmay | |
Khalilzad, der Anfang November Kabul besucht hatte, darauf bestanden haben, | |
dass die USA sich für die schnellstmögliche Beteiligung einer Delegation | |
aus Kabul an den Verhandlungen mit den Taliban einsetzen. Denn bisher | |
wollten die Taliban Direktgesprächen erst nach einem Abkommen mit den USA | |
zustimmen. | |
Vertrauensbildende Maßnahmen wie der bevorstehende Gefangenenaustausch | |
werden als Voraussetzung dafür gesehen, dass Khalilzad bei Donald Trump die | |
notwendigen „fünf Minuten“ erhält, die nötig sind, um wieder grünes Lic… | |
für Taliban-Kontakte zu erhalten, wie es der deutsche | |
Afghanistan-Sondergesandte Markus Potzel am Montag auf einer Veranstaltung | |
der Böll-Stiftung in Berlin ausdrückte. | |
Bereits 2014 hatte ein erster Gefangenenaustausch | |
US-Taliban-Gefangenenaustausch bilaterale Gespräche eingeleitet. | |
## Neuer Selbstmordanschlag in Kabul | |
Am Mittwoch sind bei einem Anschlag mit einer Autobombe in Kabul mindestens | |
sieben Menschen getötet und zehn weitere verletzt worden. Unter den | |
Verletzten seien vier ausländische Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma, | |
sagte ein Sprecher des afghanischen Innenministeriums am Mittwoch in Kabul. | |
Die Autobombe detonierte demnach in der Nähe des Innenministeriums. | |
Zunächst bekannte sich niemand zu dem Anschlag. Alle Todesopfer sind | |
afghanische Zivilisten. | |
Innenminister Masud Andarabi erklärte, unter den Todesopfern sei auch ein | |
13-jähriges Schulkind. „Die Feinde unseres Volkes sollten wissen, dass | |
unser Volk zum Frieden entschlossen ist. Nichts kann es davon abhalten, | |
Frieden zu erreichen“, erklärte Andarabi. Aus Ministeriumskreisen hieß es, | |
ein Selbstmordattentäter habe sich in dem Auto in die Luft gesprengt. | |
NaN NaN | |
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## AUTOREN | |
Thomas Ruttig | |
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