# taz.de -- Waldzustandsbericht 2019: Im Wald gibt's Stress | |
> Die diesjährigen Untersuchungen der Berliner Forsten zeigen die Folgen | |
> des Dürrejahrs 2018. Neue MitarbeiterInnen sollen nun Jungbäume pflanzen. | |
Bild: Soll sich nicht noch weiter lichten: das Kronendach des Grunewalds | |
Das war leider zu erwarten: „Die Vorstellung des Waldzustandsberichts ist | |
normalerweise eine Routineveranstaltung. Diesmal leider nicht“, sagte | |
Umweltsenatorin Regine Günther (Grüne) am Mittwoch bei der Präsentation der | |
Untersuchung im Lichthof der Senatsverwaltung am Köllnischen Park. Die | |
Bestandsaufnahme, so Günther, sei „alarmierend“, die Folgen der | |
Erderhitzung zeigten sich „dramatisch“ in Berlins Wäldern. | |
Tatsächlich bildet die vorläufige Schadensbilanz für das aktuelle Jahr | |
deutlich ab, wie sich mittlerweile der Dürre- und Hitzestress des schier | |
endlosen Sommers 2018 auswirkt: Der Anteil der Waldbäume mit „deutlichen | |
Schäden“ ist von 15 auf 36 Prozent dramatisch angestiegen, nur noch 8 | |
Prozent weisen gar keine sichtbaren Schäden auf. Das ist „einer der | |
schlechtesten Gesundheitszustände Berliner Waldbäume seit Beginn der | |
Erhebungen Anfang der 90er-Jahre“, heißt es aus Günthers Verwaltung. | |
Während die Kiefer als Hauptbaumart (knapp zwei Drittel des Gesamtbestands) | |
bei der Kategorie „deutliche Schäden“ mit 23 Prozent unter dem Durchschnitt | |
liegt, geht es der Eiche (ein Fünftel des Gesamtbestands) besonders mies: | |
Ganze 59 Prozent der Exemplare wurden von den ExpertInnen der Berliner | |
Forsten in die höchsten Schadstufen einsortiert, ein Anstieg um 20 | |
Prozentpunkte. Und: Zwei Prozent aller in der diesjährigen Stichprobe | |
begutachteten Bäume waren tot – ob sich das auf die Wälder linear | |
hochrechnen lässt, blieb bei der Vorstellung des Berichts unklar. | |
Die Erläuterungen von Elmar Lakenberg, dem Leiter der Berliner Forsten, | |
klangen halb besorgniserregend, halb beruhigend: „Laubbäume wie die Eiche | |
trifft es besonders hart, weil sie im Vergleich mit Nadelbäumen, die im | |
Winter nur ein Drittel ihrer Nadeln abwerfen, eine viel höhere | |
Kraftanstrengung unternehmen. Sie erholen sich aber auch wieder, wenn sie | |
die Chance bekommen.“ Langzeitbeobachtungen zufolge werde der anstehende | |
Winter tendenziell feuchtkalt ausfallen, was dem Wasserhaushalt des Waldes | |
zugute käme – aber da „tappen wir im Dunkeln“, so Lakenberg. | |
## Hitze ja, Frost nein | |
Der Forsten-Chef verwies auf das laufende Programm zum Mischwaldumbau, das | |
für mehr Diversität und das Ende der Kiefern-Monokulturen sorgen soll. | |
Dabei werde man auch mit Saatgut aus anderen Regionen experimentieren, etwa | |
Eicheln aus Rumänien. Dort habe sich die Baumart an ein Klima angepasst, | |
das dem am ehesten entspricht, was uns hierzulande blüht. Auch in diesem | |
Kontext ist allerdings nicht alles so einfach, wie es scheinen könnte. | |
„Viele der heute erwachsenen Eichen entstanden aus südfranzösischem | |
Saatgut, das vor hundert Jahren am günstigsten zu bekommen war“, so | |
Lakenberg. „Sie kommen zwar mit Hitze ganz gut klar, aber weniger gut mit | |
den Frösten, die es hier ja auch noch gibt.“ | |
Während im Dürrejahr 2018 auf Neupflanzungen verzichtet wurde, sollen in | |
diesem Herbst insgesamt 335.000 Setzlinge in den Boden gebracht werden, | |
erklärte Regine Günther. Da sei es gut, dass die Fraktionen bei den | |
Haushaltsverhandlungen gerade „ein Zeichen gesetzt“ und einen | |
„beispiellosen Mittelzuwachs“ nicht nur für Sachmittel beschlossen hätten: | |
„Es werden 16 neue Stellen und vier weitere Ausbildungsplätze bei den | |
Berliner Forsten geschaffen.“ Die würden sich des Waldaumbaus nach | |
Nachhahltigkeitskriterien und „mit moderner, angepasster Technik“ annehmen. | |
27 Nov 2019 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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