| # taz.de -- Senat: Da geht noch eine Bremse mehr | |
| > Regierungschef Michael Müller (SPD) lässt einen Gesetzentwurf zu einer | |
| > Privatisierungsbremse für Landeseigentum erarbeiten. | |
| Bild: Regierungschef Michael Müller (SPD) will eine Privatisierungsbremse | |
| Fast drei Jahre steht sie schon im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag, nun | |
| soll sie offenbar konkret werden: Regierungschef Michael Müller (SPD) hat | |
| die Finanz- und die Innenverwaltung des Senats beauftragt, ein Gesetz für | |
| eine Privatisierungsbremse vorzulegen. Ziel sind hohe Hürden für den | |
| Verkauf von Landeseigentum, das der Daseinsvorsorge dient: Betriebe wie die | |
| BSR oder die Wohnungsunternehmen, aber auch Boden im Besitz des Landes. | |
| „Lasst uns eine Bremse einziehen“, sagte Müller nach der Senatssitzung am | |
| Dienstag vor Journalisten. Erste Überlegungen dazu hatte er schon am | |
| Vorabend bei einer Veranstaltung in der Urania geäußert. Basis dafür ist | |
| ein Satz auf Seite 155 des [1][Koalitionsvertrags,] den SPD, Linkspartei | |
| und Grüne bereits Ende 2016 unterzeichneten: „Die Koalition will nach dem | |
| Vorbild Bremens eine Privatisierungsbremse in die Berliner Verfassung | |
| aufnehmen, nach der öffentliche Unternehmen ganz oder in wesentlichen | |
| Teilen nur dann veräußert werden dürfen, wenn eine Mehrheit in einem | |
| Volksentscheid zustimmt.“ | |
| Das war allerdings schon vor drei Jahren nicht neu: So etwas hatte schon | |
| 2011 der damalige Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) in der | |
| rot-roten Koalition gefordert, 2014 unter SPD-CDU-Regierung äußerte sich | |
| SPD-Fraktionschef Raed Saleh ähnlich, jeweils ohne messbaren Erfolg. Einen | |
| öffentlichen Vorstoß eines Regierenden Bürgermeisters wie jetzt durch | |
| Müller aber gab es bislang nicht. | |
| Nach seinen Vorstellungen wäre ein Verkauf nur zulässig, wenn ein | |
| Volksentscheid zustimmt oder eine Zweidrittelmehrheit im Parlament dafür | |
| ist. Das ließe sich nach Müllers Darstellung auch ohne Verfassungsänderung | |
| festlegen, für die es eine Zweidrittelmehrheit im Abgeordnetenhaus | |
| bräuchte. Dann wäre Rot-Rot-Grün nicht auf Unterstützung aus der Opposition | |
| angewiesen. | |
| Das aber hält der Michael Efler, in der Linksfraktion Fachmann für solche | |
| Fragen, für nicht möglich: Ein Parlament kann nach seiner Auffassung nicht | |
| ohne eine ebensolche Mehrheit beschließen, dass ein künftiges Parlament für | |
| etwas eine Zweidrittelmehrheit braucht. „Ohne Verfassungsänderung geht das | |
| nicht“, sagte Efler der taz. Seine Fraktion habe im Frühjahr selbst einen | |
| Entwurf für eine Privatisierungsbremse formuliert und sie mit den anderen | |
| Fraktionschefs der Koalition sowie denen von CDU und FDP besprochen, dort | |
| aber keine Unterstützung für die nötige Zweidrittelmehrheit gefunden. | |
| Bei ihrer Klausurtagung im März in Rheinsberg hatte die Linksfraktion zudem | |
| eine noch weiter gehende „Liegenschaftspolitische Positionierung“ | |
| beschlossen: Demnach wäre der Verkauf von Grundstücken in öffentlichem | |
| Eigentum über ein „Bodensicherungsgesetz“ grundsätzlich auszuschließen. … | |
| diese Forderung seines Koalitionspartners angesprochen, sagte Müller am | |
| Dienstag: „Wenn die da was beschlossen haben, dann habe ich davon nichts | |
| mitbekommen“, auch im Senat kam das nach seiner Darstellung nicht an. | |
| Die Grünen als dritter Regierungspartner unterstützen Müllers Vorstoß. „D… | |
| war auch ein Schlüsselprojekt von uns im Wahlprogramm“, sagte die | |
| Grünen-Abgeordnete Katrin Schmidberger der taz. Bei den landeseigenen | |
| Wohnungen gebe es im [2][Wohnraumversorgungsgesetz], das auf Druck des | |
| Mieten-Volksbegehrens von 2015 entstand, sogar schon eine kleine | |
| Privatisierungsbremse. | |
| Klar dagegen sprach sich die FDP-Fraktion aus: „Statt über immer neue | |
| Bremsen nachzudenken, sollten Michael Müller und sein Senat lieber Bremsen | |
| in unserer Stadt lösen, die für eine lahme Verwaltung, stauende Straße und | |
| ausbleibenden Wohnungsbau sorgen.“ | |
| 19 Nov 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
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