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# taz.de -- Regionalwahlen in Umbrien: Schlag ins Gesicht für Conte
> Die rechte Lega wird stärkste Kraft. Ein Bündnis von Fünf-Sterne-Bewegung
> und der gemäßigt linken PD ist den WählerInnen nicht zu vermitteln.
Bild: Lega Chef Matteo Salvini auf einer Kundgebung in Rom vor rechten Anhänge…
Rom taz | Ein Triumph für Matteo Salvini und seine Lega, eine vernichtende
Niederlage für die Fünf Sterne und die gemäßigt linke Partito Democratico
(PD): Die Regionalwahlen im mittelitalienischen Umbrien endeten mit einem
mehr als eindeutigen Resultat, das zugleich zur schallenden Ohrfeige für
Italiens Ministerpräsidenten Giuseppe Conte wird. Damit ging der erste Test
nach dem Wechsel der nationalen Regierung im September für die
Koalitionspartner mit einem Debakel aus.
Im Kräftemessen der Direktkandidaten für das Amt des Regionalgouverneurs
konnte sich die Lega-Politikerin Donatella Tesei mit 57,5 Prozent
durchsetzen, während der gemeinsam vom Movimento 5 Stelle (M5S) und der PD
ins Rennen geschickte Vincenzo Bianconi nur auf 37,5 Prozent kam.
Genauso klar ist das Resultat bei den Parteilisten. Mit 37 Prozent wurde
die Lega stärkste Partei, während die mit ihr verbündeten, ebenfalls stramm
rechtspopulistischen Fratelli d’Italia (FdI – Brüder Italiens) sich über
10,4 Prozent freuen dürfen. Fast die Hälfte der umbrischen Wähler stimmten
damit für Parteien, die ganz im Stil der AfD gegen Ausländer hetzen und die
EU bekämpfen.
Und sie konnten diesen Erfolg in einer bisherigen Hochburg der
italienischen Linken feiern. Als Debakel erwies sich der Versuch des M5S
und der PD, mit einer in letzter Minute geschmiedeten Allianz den Vormarsch
Salvinis zu stoppen.
## Herber Rückschlag
Die PD, die die bisherige Regionalpräsidentin stellte und bei den Wahlen
2015 noch 35,8 Prozent erzielt hatte, muss sich jetzt mit nur noch 22
Prozent begnügen. Zum Absturz wurde der Urnengang aber vor allem für die
Fünf Sterne. Sie hatten bei den Regionalwahlen vor vier Jahren 14 Prozent
geholt und waren bei den nationalen Parlamentswahlen im März 2018 mit 27,5
Prozent zur stärksten Partei in der Region geworden. Am Sonntag dagegen
reichte es nur noch für desaströse 7,4 Prozent.
Nur sieben Wochen nach ihrer Bildung muss damit auch die nationale
Regierung unter Ministerpräsident Conte einen herben Rückschlag einstecken.
Nachdem Salvini im August in Rom die Koalition mit dem M5S aufgekündigt
hatte, um schnelle Neuwahlen zu erreichen, hatten das M5S und die PD sich
völlig überraschend auf eine Koalition geeinigt, um die Lega auszubremsen.
Genauso überraschend kam dann die Ausdehnung dieser ursprünglich reinen
Zweckallianz auf die regionale Ebene in Umbrien. Dort schmiedeten die
beiden Kräfte, die einander zuvor heftig bekämpft hatten, auf die Schnelle
ein Wahlbündnis und schickten den parteilosen Bianconi als
Spitzenkandidaten ins Rennen.
Pikant an dieser Allianz war, dass die alte, PD-geführte Regionalregierung
ein Jahr vor Ablauf der regulären Legislaturperiode vor allem dank der
heftigen Opposition des M5S gestürzt war. Die Fünf Sterne hatten das
skandalöse Wirken der Regionalgouverneurin Catiuscia Marini im
Gesundheitswesen – sie hatte dort parteinahen Ärzten Spitzenpositionen
zugeschanzt – so lange angeprangert, bis auch die Justiz Ermittlungen
einleitete.
## Nicht zu vermitteln
So hatten bis vor wenigen Wochen das M5S als Anti-Establishment-Kraft und
die PD als Verkörperung der „Kaste“ in Reinform einander in radikaler
Gegnerschaft gegenübergestanden. Dass sie dann eilig ihre Allianz
zimmerten, war offenbar vor allem den Protestwählern, die bisher den Fünf
Sternen anhingen, nicht zu vermitteln.
Sie interpretierten das neue Bündnis nicht als Zeichen der Erneuerung der
PD, sondern als Ausweis der Tatsache, dass das M5S zum Establishment
übergelaufen war.
Damit stellt sich auch die Frage, welche Zukunft diese Allianz hat. In den
letzten Wochen war die Rede davon, sie auch auf andere Regionen
auszudehnen. Ende Januar 2020 gehen die Bürger der Emilia-Romagna an die
Urnen.
Auch dort regiert seit je die Linke, auch dort war allerdings sowohl in
Kommunalwahlen als auch bei der Europawahl im Mai 2019 der unaufhaltsame
Aufstieg der Lega zu verzeichnen. Im Jahr 2020 werden aber sechs weitere
mit nur einer Ausnahme von der Linken regierte Regionen neue Gouverneure
und Parlamente wählen. Salvini hofft, flächendeckend die Rechte zum Sieg zu
führen.
Seine Chancen sind mit dem Sieg in Umbrien deutlich gestiegen. Denn im M5S
mehren sich die Stimmen derer, die ein Zusammengehen mit der PD in den
Regionen für selbstmörderisch halten. „Das Experiment hat nicht
funktioniert“, dekretierte der M5S-Chef und Außenminister Luigi Di Maio
noch in der Wahlnacht. Damit wäre die sich abzeichnende Herausbildung
zweier politischer Pole – auf der einen Seite die Rechte, auf der anderen
ein Mitte-links-Lager um PD und M5S – schon wieder erledigt. Zur Freude
Matteo Salvinis.
28 Oct 2019
## AUTOREN
Michael Braun
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