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# taz.de -- 50 Jahre Pro Familia in Bremen: Die über den Sex reden
> Als der Bremer Landesverband von Pro Familia gegründet wurde, waren die
> Ziele „Förderung der Volksgesundheit“ und die „Bekämpfung der
> Abtreibung“.
Bild: Tabubrecherin Helga: Noch vor Pro Familia begann sexuelle Aufklärung im …
Bremen taz | Als [1][der Bremer Landesverband von Pro Familia] gegründet
wurde, da war er genau so konservativ wie der Bundesverband. Als Ziele
wurden die „Förderung der Volksgesundheit und die Bekämpfung der
Abtreibung“ ausgegeben, so steht es in einem taz-Artikel zum 30-jährigen
Jubiläum. Jetzt ehrte die Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Die Linke)
das 50-jährige Jubiläum mit einem Senatsempfang im Rathaus.
Als „Abbruchunternehmen“ hatte der Pressesprecher des katholischen
Gemeindeverbands Wilhelm Tacke Pro Familia 1994 in einem Leserbrief an die
taz bezeichnet. Er ärgerte sich darüber, dass der Verein mit einer
Ausstellung im Rathaus geehrt worden war. Der Verein habe „in den letzten
25 Jahren die Lebenschancen von – rechnet man hoch – 60.000 bis 75.000
Kindern ausradiert“, schrieb Tacke, ein Gastautor der taz.
Was war geschehen? Eben noch „Bekämpfung der Abtreibung“, jetzt öffentlich
gefördertes „Tötungshandwerk“, wie es in einem anderen Brief an die taz
hieß. Im Zuge der Auseinandersetzung um [2][eine Liberalisierung des
deutschen Abtreibungsrechts in den 70er-Jahren] hatten in Bremen Menschen
Pro Familia übernommen, die sich für sexuelle Selbstbestimmung stark
machten – nicht zuletzt von denjenigen, die eine Schwangerschaft sicher und
unter Wahrung ihrer Würde abbrechen wollten oder mussten. „Wir wollen nicht
mehr nach Holland fahren“, hieß der Slogan, mit dem Pro Familia Bremen 1979
neben der Beratungsarbeit das medizinische Zentrum gründete. Dieses war das
erste seiner Art in Deutschland und Vorbild für weitere ambulante Kliniken,
die Abtreibungen und Sterilisationen vornahmen sowie Spiralen legten.
Dass das Bremer Zentrum als eins von nur noch vieren in Deutschland
überlebt hat, führt Geschäftsführerin Monika Börding auf „ein politisch
wohlwollendes Klima zurück“. So hatte sich die Landesregierung Mitte der
90er-Jahre dafür eingesetzt, dass die kassenärztliche Vereinigung (KV) eine
Entscheidung zurücknahm, die das Aus für das Zentrum bedeutet hätte. Die KV
hatte den beiden dort arbeitenden Ärzten die Ermächtigung entzogen, da sie
angeblich „dem Facharztstandard nicht genügen“. Zudem hatte sie
argumentiert, es gebe für das Angebot von Pro Familia „keinen Bedarf“.
Dabei waren nur wenige Bremer Gynäkolog*innen bereit, ambulante
Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. Auch heute noch finden 75 Prozent
aller Abtreibungen bei Pro Familia statt, die Hälfte der Frauen kommt aus
Niedersachsen. [3][Denn dort gibt es gleich mehrere Regionen], in denen
weder niedergelassene Ärzt*innen noch Kliniken Schwangerschaftsabbrüche
anbieten.
Dabei hat mittlerweile auch Pro Familia Bremen Probleme, Ärzt*innen als
Nachfolger*innen ihrer Mediziner*innen zu finden. Einer arbeitet jetzt
wieder im medizinischen Zentrum, nachdem er bereits in Rente geschickt
worden war, neben einer jungen Ärztin, die mit nur 15 Wochenstunden
beschäftigt ist. „Wir hoffen, dass nächstes Jahr eine aus Syrien
geflüchtete Ärztin bei uns anfangen kann“, sagt Pro Familia
Geschäftsführerin Börding.
Dabei ist das medizinische Zentrum nur ein Teil von Pro Familia. Der andere
ist die Beratungsstelle, in der 30 Mitarbeiter*innen auf zwölf
Vollzeitstellen arbeiten. Etwa die Hälfte der Beratungen finden laut
Börding im Kontext der Zwangsberatung vor Schwangerschaftsabbrüchen statt.
Pro Familia berät aber zu allen Fragen rund um Partnerschaft, Familie,
Schwangerschaft, Verhütung und Sexualität. Zudem bieten die
Mitarbeiter*innen sexualpädagogische Bildungsarbeit für Kinder und
Jugendliche an. „Die Nachfrage ist riesig“, sagt Börding, „aber wir haben
nicht genügend Ressourcen, um den Bedarf zu decken.“
Dabei seien die Bundesländer gesetzlich verpflichtet, ein ausreichendes
Beratungsangebot zu Sexualaufklärung, Verhütung und Familienplanung
vorzuhalten. Nach allen bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen ist das
das wirksamste Mittel, um Abtreibungen zu bekämpfen, wie es die Bremer
Gründer*innen von Pro Familia vor 50 Jahren vorhatten.
30 Oct 2019
## LINKS
[1] https://www.profamilia.de/angebote-vor-ort/bremen/landesverband-bremen.html
[2] https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/25475709_debatten07-200096
[3] /Abtreibung-in-Deutschland/!5386152/
## AUTOREN
Eiken Bruhn
## TAGS
Pro Familia
Schwerpunkt Abtreibung
Sexualaufklärung
Bremen
Sexualität
Studiengang Medizin
Abtreibungsgegner
Kristina Hänel
Verhütung
Schwerpunkt Abtreibung
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