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# taz.de -- Sichere Verhütung für Frauen: Eine Frage des Einkommens
> Ein vom Familienministerium gefördertes Modellprojekt in sieben Städten
> zeigt: Frauen mit wenig Geld können sich Pille und Spirale kaum leisten.
Bild: Was kaufen mit dem bisschen Geld: einen Schulranzen fürs Kind oder die P…
Berlin taz | Frauen mit wenig Geld haben einen hohen Bedarf an kostenlosen
[1][Verhütungsmitteln]. Das ist das Ergebnis eines Modellprojekts der
Deutschen Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und
Sexualberatung Pro Familia.
Drei Jahre wurde in Beratungsstellen in sieben deutschen Städten erprobt,
ob Geringverdienerinnen oder Bezieherinnen von Hartz IV
verschreibungspflichtige Verhütungsmittel in Anspruch nehmen. Das
[2][Bundesfamilienministerium] förderte das Projekt. Ein Großteil der
Frauen, die zu den Beratungen kamen, nahm das Angebot nicht nur an –
sondern gab zudem an, ohne Kostenübernahme weniger sicher oder gar nicht zu
verhüten.
„Der Zugang zu sicheren Verhütungsmethoden ist in Deutschland nicht
gewährleistet“, sagte die Vorsitzende von Pro Familia, Dörte Frank-Bögner,
bei der Vorstellung der Projektergebnisse in Berlin. „Das birgt erhebliche
gesundheitliche Risiken und das Risiko einer ungewollten Schwangerschaft.
Und es bedeutet, dass Frauen hierzulande diskriminiert werden.“
Am Projekt „biko – Beratung, Information und Kostenübernahme bei Verhütun…
nahmen Frauen jeder Altersgruppe teil, Standorte waren unter anderem
Recklinghausen, Lübeck und Saarbrücken. Mehr als 4.700 Frauen –
Studierende, Arbeitssuchende, Hausfrauen oder Frauen in Elternzeit – kamen
zu den Beratungen. Für knapp 4.500 von ihnen wurden Verhütungsmittel
bezahlt.
Wegen der großen Nachfrage wurde das Budget des Projekts für
Verhütungsmittel mehrfach aufgestockt. Deutlich mehr als die Hälfte der
Frauen entschied sich für eine Langzeitmethode wie Pille oder Spirale, mehr
als drei Viertel hatten bereits ein oder mehrere Kinder.
Selbst Geld für Verhütungsmittel auszugeben, war für viele Frauen nicht
möglich. 16,11 Euro stehen etwa einer Frau, die Hartz IV bezieht, monatlich
für den Bereich Gesundheitspflege zu – also zum Beispiel für Tampons,
Pflaster, Kopfschmerztabletten und Verhütungsmittel.
Wenn auf alles andere verzichtet wird, reicht das gerade „für eine Packung
Kondome“, sagte die parlamentarische Staatssekretärin und Abgeordnete der
SPD-Bundestagsfraktion, Caren Marks, am Dienstag. „Bei der Pille wird es
knapp, an die Spirale ist gar nicht zu denken.“ Zudem sparten Frauen häufig
an Verhütung, wenn sie vor die Wahl gestellt seien: Ein Schulranzen für das
Kind oder ein Geburtstagsgeschenk hätten dann eben Vorrang.
## Ein Armutszeugnis für Deutschland
Für ein hochentwickeltes Land wie Deutschland seien die Ergebnisse des
Projekts ein Armutszeugnis, so Pro Familia: „Wir fordern die
Bundesregierung dazu auf, anzuerkennen, dass Verhütung eine Grundbedingung
für sexuelle und reproduktive Gesundheit ist.“ Sie müsse allen Menschen
niedrigschwellig zur Verfügung stehen. Eine Altersbeschränkung bis 22 Jahre
für die Kostenübernahme, wie es derzeit bei der Pille der Fall ist, sei
genauso wenig sinnvoll wie selbst finanzierte Projekte einzelner Kommunen.
Man brauche eine bundesweit einheitliche Lösung.
Linke und Grüne fordern schon lange kostenfreie Verhütung. Nun liege
„schwarz auf weiß“ vor, so die frauenpolitische Sprecherin der
Linksfraktion im Bundestag, Cornelia Möhring, „dass Frauen mit wenig Geld
keines für Verhütung haben und auch ältere Menschen Sex haben, ohne Kinder
bekommen zu wollen“. Auch sie will eine bundesweit einheitliche Lösung ohne
Bedürftigkeitsprüfung.
Konkrete Zusagen machte Staatssekretärin Marks nicht. Zwar werde sie sich
für einen besseren Zugang von Frauen zu Verhütungsmitteln „einsetzen“.
Dieser könne aber nur im Schulterschluss mit anderen erreicht werden –
sprich, mit Jens Spahn und der Union. Die Ergebnisse des Projekts, so
Marks, würden zumindest „gute Argumente“ für die nun anstehenden Gespräc…
geben.
10 Sep 2019
## LINKS
[1] /Verhuetung/!t5015214
[2] /Familienministerium/!t5013840
## AUTOREN
Patricia Hecht
## TAGS
Verhütung
Modellprojekt
Familienministerium
Pro Familia
öffentlich-rechtliches Fernsehen
Gesundheitspolitik
Bevölkerung
Verhütung
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