# taz.de -- Schwangerschaftsabbrüche: Für die Wahlfreiheit von Frauen | |
> Am Samstag feiern die „Doctors for Choice“ ihre Gründung. Das Netzwerk | |
> von ÄrztInnen tritt für sexuelle Selbstbestimmung ein. | |
Bild: Medizinstudium beendet: Alicia Bayier gründet zusammen mit anderen die �… | |
BERLIN taz | Die „Medical Students for Choice“ wurden bekannt, weil sie | |
selbstorganisiert an Papayas üben, was im deutschen Medizinstudium nicht | |
vorgesehen ist: Sie lernen, wie Schwangerschaftsabbrüche gemacht werden. | |
Nun gehen zwei Gründerinnen der studentischen Gruppe den nächsten Schritt: | |
Weil sie selbst mittlerweile Ärztinnen geworden sind, haben sie den Verein | |
„Doctors for Choice“ ins Leben gerufen. | |
Am Samstag findet die Gründungsfeier in Berlin statt. Grußworte wird es | |
unter anderem von den beiden Ärztinnen [1][Kristina Hänel] und Nora Szász | |
geben, die wegen Verstößen gegen den Paragrafen 219a vor Gericht standen, | |
sowie von Monika Hauser, der Gründerin der Frauenrechtsorganisation medica | |
mondiale. | |
Während das Ziel der Studierenden ist, das Thema Schwangerschaftsabbruch | |
stärker im universitären Lehrplan zu verankern, zielen die „Doctors for | |
Choice“ auf Weiterbildung, Vernetzung und Debatte. „Auf ärztlicher Ebene | |
gibt es zum Thema Schwangerschaftsabbruch bisher kein gemeinsames | |
Sprachrohr“, sagt Baier. „Aber wir können viel mehr erreichen, wenn wir | |
unsere Erfahrungen koordiniert in Medizin und Öffentlichkeit tragen: Wir | |
wollen eine sachliche, gesundheitsorientierte und feministische Stimme im | |
Diskurs um den Schwangerschaftsabbruch sein.“ | |
Lange Jahre, sagt die 28-Jährige, habe hierzulande der Eindruck geherrscht, | |
ein solches Netzwerk brauche es gar nicht – anders als in Ländern wie Polen | |
oder Argentinien sei die Versorgungslage im Fall einer ungewollten | |
Schwangerschaft in Deutschland doch in Ordnung. Spätestens seit der | |
Verurteilung der Allgemeinärztin Hänel im November 2017, weil diese auf | |
ihrer Website darüber informiert hatte, dass sie Abbrüche vornimmt, habe | |
sich diese Wahrnehmung jedoch geändert. „Seitdem wurde klar, wie schwer es | |
ÄrztInnen hierzulande gemacht wird, ihre Arbeit zu machen, und wie schlecht | |
die Versorgungslage tatsächlich ist“, sagt Baier, die ihre Weiterbildung in | |
Allgemeinmedizin momentan in Hänels Gießener Praxis macht. | |
## Die Arbeit der „students“ trägt schon Früchte | |
Immer weniger ÄrztInnen bieten Schwangerschaftsabbrüche als Leistungen an. | |
Auch ganze Kliniken [2][wie das geplante Zentralkrankenhaus in Flensburg | |
lehnen Abtreibungen aus moralischen Gründen ab.] Zudem werde deutlich, dass | |
sich auch die AbtreibungsgegnerInnen organisieren. Die „Ärzte für das | |
Leben“ etwa sprechen sich unter anderem gegen Schwangerschaftsabbrüche aus. | |
Dem wollen Baier und ihre MitstreiterInnen nun etwas entgegensetzen. | |
Erreichen wollen sie unter anderem einen besseren Austausch zwischen | |
ÄrztInnen aus verschiedenen Bundesländern, etwa über Fortbildungen zu | |
Schwangerschaftsabbrüchen. Auf der Website, die am Samstag online gehen | |
wird, soll es eine Nachwuchsbörse geben, durch die sich ÄrztInnen, die | |
Praktika anbieten oder NachfolgerInnen suchen, mit Interessierten vernetzen | |
können. | |
Neben einer besseren Sexualaufklärung und Verhütung als Kassenleistung will | |
der Verein künftig fordern, sachliche Informationen zu | |
Schwangerschaftsabbrüchen nicht zu kriminalisieren. Vor Beratungsstellen | |
und Praxen müsse es Schutzzonen geben, um Patientinnen und ÄrztInnen vor | |
Demonstrationen von AbtreibungsgegnerInnen zu schützen. Medizinische | |
Forschung zu Schwangerschaftsabbrüchen müsse gefördert werden und | |
Fortbildungen zu Abbrüchen in allen Bundesländern unterstützt. | |
Die Arbeit der „Medical Students for Choice“ trägt derweil Früchte: Seit | |
Oktober sind medizinische Inhalte zum Schwangerschaftsabbruch fest als | |
Lernziele im Lehrplan der Berliner Charité verankert. Und einen Tag vor der | |
Gründungsfeier von „Doctors for Choice“ bekommen die Studierenden am | |
Freitag den mit 15.000 Euro dotierten Margherita-von-Brentano-Preis der | |
Freien Universität Berlin. Gewürdigt werde das herausragende Engagement für | |
die Verbesserung der Lehre im Feld der Gendermedizin, heißt es in der | |
Begründung. | |
14 Nov 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Kristina-Haenel-ueber-Paragraf-219a/!5632534 | |
[2] /Keine-Abtreibungen-in-Flensburger-Klinik/!5635523 | |
## AUTOREN | |
Patricia Hecht | |
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