| # taz.de -- Jens Spahn und die Hebammen: Geburtenkontrolle à la CDU | |
| > Dass Hebammen bald studieren, wird ihnen mehr Respekt bringen. Den lässt | |
| > aber der Gesundheitsminister Frauen gegenüber vermissen. | |
| Bild: Eine Mutter hält die Hand eines wenige Tage alten Kindes | |
| Bis zu fünf Frauen in den Wehen gleichzeitig, Schichtarbeit und | |
| Hierarchien, die eigenverantwortliches Arbeiten unmöglich machen: Der | |
| Klinikalltag in der Geburtshilfe ist teils unzumutbar. Das gilt für | |
| gebärende Frauen, die allein gelassen oder schlecht behandelt werden, | |
| genauso wie für die Hebammen selbst. Die Folge: In jedem deutschen | |
| Kreißsaal können im Schnitt mehrere Hebammenstellen nicht nachbesetzt | |
| werden. | |
| Die Dramatik der Situation wird durch das [1][Gesetz], das der Bundestag am | |
| Donnerstag beschließen will und mit dem Gesundheitsminister Jens Spahn auf | |
| den letzten Drücker eine EU-Richtlinie umsetzt, höchstens sehr, sehr | |
| langfristig gemildert. [2][Wenn Hebammen studiert haben], können sie | |
| weniger leicht zu Putzkräften degradiert werden. Doch die eigentlichen, | |
| frauenverachtenden Bedingungen in der Geburtshilfe kommen im Gesetz | |
| überhaupt nicht vor. | |
| Zwar mischt sich Spahn hoch motiviert [3][in den reproduktiven Lebenslauf | |
| von Frauen] ein, unterstellt ihnen, die Pille danach wie „Smarties“ | |
| einzuwerfen, warnt davor, Schwangerschaftsabbrüche zu „normalisieren“, und | |
| [4][lässt „psychische Störungen“ nach Abtreibungen untersuchen] – eine | |
| Idee, die längst als PR-Masche sogenannter LebensschützerInnen entlarvt | |
| wurde. Doch dass Frauen, wenn sie ihre Schwangerschaft austragen, aus den | |
| oft als gewaltvoll erlebten Geburten zum Teil traumatisiert in die erste | |
| Zeit mit Kind starten, spielt keine Rolle. Denn die Bedingungen für | |
| Gebärende zu verbessern würde mehr kosten, als ihre Sexualität zu | |
| sanktionieren. Und Frauen das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung | |
| zuzugestehen steht ohnehin nicht zur Debatte. | |
| Dabei sollten selbstbestimmte Geburten eine Selbstverständlichkeit sein. | |
| Eine 1:1-Betreuung in der Geburtshilfe, wie sie in anderen Ländern Standard | |
| ist, wäre ein erster Schritt. Spahn täte gut daran, diesen Schritt zu gehen | |
| und der psychischen und physischen Unversehrtheit von Frauen den nötigen | |
| Respekt entgegenzubringen. | |
| 26 Sep 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Patricia Hecht | |
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