# taz.de -- Neue Ausbildung für Hebammen: Schwere Geburt | |
> Hebammen sollen künftig studieren. Doch das ändert vorerst wenig an ihren | |
> schlechten Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern. | |
Bild: In der Klinik von Annabelle Ahrens kümmert sich um jede Frau eine Hebamme | |
Berlin taz | Josephine Neubert wollte auf Nummer sicher gehen. Als die | |
Berlinerin schwanger war, entschied sie, ihr Kind in einer Klinik zu | |
bekommen. Sie suchte ein Krankenhaus in ihrer Nähe aus, in der es eine | |
Intensivstation für Neugeborene gibt. Neubert sitzt in ihrer hellen, | |
freundlichen Wohnung in Berlin-Moabit, an den Wänden hängen Fotos von ihrem | |
Mann und ihrem Sohn. „Ich bin total optimistisch an die Geburt | |
herangegangen“, sagt die 33-Jährige, die als Fotografin arbeitet. „Aber mit | |
Betreten der Klinik ging es bergab.“ | |
Niemand habe Zeit gehabt, sich um sie zu kümmern, „ich musste betteln, um | |
überhaupt wahrgenommen zu werden“. Wenn alle ein, zwei Stunden eine neue | |
Person in das Zimmer kam, sei nicht auf sie eingegangen worden – im | |
Gegenteil sei es darum gegangen, möglichst schnell irgendetwas zu tun. Erst | |
wurde die Fruchtblase geöffnet, um die Geburt voranzubringen. Ein | |
Wehenhemmer folgte, um dem Baby doch noch etwas Zeit zu geben. Dann kam ein | |
Wehenverstärker. Um Blut aus dem Kopf des Babys zu nehmen, damit der | |
Sauerstoffgehalt und damit der Stresslevel des Kindes überprüft werden | |
konnte, wurde Neuberts Muttermund gedehnt, eine extrem schmerzhafte | |
Prozedur. Eine Betäubung von Rückenmarksnerven, die aber nicht wirkte, | |
folgte, dazu genervte Kommentare: Es könne gar nicht sein, dass Neubert | |
jetzt noch Schmerzen habe. | |
„Das war eine Kaskade medizinischer Maßnahmen, ein Abarbeiten von | |
Problemen, die Stunde um Stunde neue Probleme produzierten“, sagt Neubert. | |
[1][Hebammen] und ÄrztInnen seien selbst enorm gestresst gewesen, „die | |
hatten einfach keine Zeit, auf mich zu reagieren“. Sie habe es als extrem | |
erniedrigend empfunden, wie Menschen an und in ihr zugange waren, um die | |
Geburt abzuwickeln und sie ruhigzustellen. „Das war das Schrecklichste, was | |
ich je erlebt habe“, sagt Neubert. Und sie höre von Müttern und Hebammen, | |
mit denen sie im Gespräch sei, immer wieder: Ihre Erfahrung sei keine | |
Ausnahme. | |
Auch von vielen Hebammen wird eine Geburt, wie Josephine Neubert sie | |
erleben musste, als große Belastung empfunden. Von den rund 24.000 Hebammen | |
und den wenigen Entbindungspflegern in Deutschland arbeitet knapp die | |
Hälfte in Kliniken. Fast alle Babys kommen dort zur Welt, nur etwa 2 | |
Prozent in Geburtshäusern oder zu Hause. 2015 befragte der Deutsche | |
Hebammenverband knapp 1.700 in Kliniken angestellte Hebammen über ihre | |
Situation. Die Ergebnisse, vermutet Verbandspräsidentin Ulrike | |
Geppert-Orthofer, hätten sich seitdem nicht wesentlich verändert – und | |
wenn, dann eher verschlechtert. | |
## Gute Betreuung als seltener Glücksfall | |
Fast die Hälfte der Befragten gibt an, häufig drei Frauen während der | |
Geburt parallel betreuen zu müssen, oft seien es sogar vier oder mehr. | |
Kommunikative und psychosoziale Aspekte würden deshalb vernachlässigt – | |
obwohl gerade diese in der Geburtshilfe besonders wichtig sind, um auf | |
Ängste und Unsicherheiten der Frauen eingehen zu können. Jede fünfte | |
Hebamme kann ihre Abteilung nicht mehr als sicheren Ort, um ein Kind zu | |
bekommen, empfehlen. „Eine persönlich zugewandte Betreuung durch eine | |
Hebamme unter der Geburt“, heißt es in der Studie des Hebammenverbands, | |
„scheint eher ein Glücksfall zu sein als die Regel.“ | |
Über die Jahre sei für Hebammen eine Situation entstanden, sagt | |
Geppert-Orthofer am Telefon, die zu chronischer Überlastung führe. Außer | |
daran, dass Hebammen oft mehrere Frauen während der Geburt parallel | |
betreuten, liege das auch daran, dass sie immer mehr fachfremde Arbeiten | |
wie putzen, Telefondienst oder Verwaltung übernehmen müssten. Das führe | |
dazu, dass sie auch während der Geburt immer wieder aus der Situation | |
gerissen würden und die Frau allein lassen müssten. Das wiederum wollten | |
viele nicht verantworten, weshalb sie sich aus der Geburtshilfe in den | |
Kliniken in die Vor- und Nachsorge, in die Freiberuflichkeit oder ganz aus | |
dem Beruf zurückgezogen hätten. Die Folge: Die Kliniken können offene | |
Stellen nicht mehr besetzen. Im Durchschnitt fehlen in jedem deutschen | |
Kreißsaal mehrere Hebammen. | |
„In Deutschland“, sagt Kirsten Kappert-Gonther, „sind Frauen im Fall der | |
Geburt oft nicht gut versorgt“. Kappert-Gonther, helle Stimme, sanftes, | |
aber bestimmtes Auftreten, ist Gesundheitspolitikerin der Grünen im | |
Bundestag. Für ihre Partei begleitet sie derzeit die Umsetzung eines | |
Gesetzes, das sie für einen „Meilenstein“ hält. Es werde, so hofft sie, d… | |
Situation der Hebammen und damit der Gebärenden zumindest langfristig | |
verbessern: Noch in diesem Monat soll der Bundestag das | |
Hebammenreformgesetz beschließen. | |
## Hebammenausbildung: Uni statt Schule | |
Dieses Gesetz will, so heißt es auf der Seite des von Jens Spahn (CDU) | |
geführten Bundesgesundheitsministeriums, die Hebammenausbildung | |
„attraktiver und moderner“ machen. Ab Januar 2020 sollen Hebammen nicht | |
mehr wie bisher in Schulen ausgebildet werden, die für die Praxisteile etwa | |
mit Kliniken kooperieren. Stattdessen ist vorgesehen, die Ausbildung | |
[2][über ein duales Studium zu akademisieren]. | |
Sechs bis acht Semester soll dieses Studium dauern, gelehrt werden etwa | |
biowissenschaftliche Grundlagen und Frauenheilkunde. Die Praxisanteile, die | |
voraussichtlich rund die Hälfte der Zeit einnehmen, können in | |
Krankenhäusern, bei freiberuflichen Hebammen oder in Geburtshäusern | |
absolviert werden, der Abschluss wird ein Bachelor sein. Spahn setzt mit | |
diesem Gesetz eine EU-Richtlinie zur europaweiten Anerkennung von | |
Berufsqualifikationen um, die schon 2005 erlassen wurde. „In allen anderen | |
Ländern der EU werden Hebammen schon an Hochschulen ausgebildet“, sagt die | |
Abgeordnete Kappert-Gonther. „Nur Deutschland hinkt hinterher.“ | |
Um das zu ändern und um letzte Änderungen an dem Gesetz abzustimmen, kamen | |
Ende Juni im Gesundheitsausschuss des Bundestags ExpertInnen zusammen. | |
Neben dem Hebammenverband waren VertreterInnen von Verbänden wie der | |
Caritas, der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft oder der | |
Elternverein Mother Hood geladen. Und wie schon bei der Diskussion im | |
Plenum zeigte sich, dass Koalition, Opposition und ExpertInnen den | |
Gesetzentwurf selten einhellig befürworten. | |
Kirsten Kappert-Gonther sitzt auf einer Ledercouch in einer Gesprächsecke | |
des Bundestags, auch sie ist zufrieden. Mit der Akademisierung, davon geht | |
sie aus, werde sich der Beruf nach und nach verändern. Mit der | |
universitären Ausbildung würden Hebammen künftig zusätzliche Kompetenzen | |
erwerben. Anders als etwa in Großbritannien würden Hebammen in Deutschland | |
zum Beispiel noch kaum universitär forschen. Dies aber werde langfristig | |
ins System der Geburtshilfe zurückwirken: „Ein akademisierter Berufsstand | |
ist viel eher in der Lage, an geeigneten Arbeitsbedingungen mitzuwirken.“ | |
Nur an wenigen Stellen müsse noch nachgebessert werden, unbedingt etwa in | |
der Frage, wie sich Hebammen, die derzeit noch nicht akademisch ausgebildet | |
sind, nachqualifizieren können. | |
## Ärzte befürchten noch mehr Versorgungsdefizite | |
Grundsätzliche Kritik an dem Entwurf allerdings kommt aus der | |
ÄrztInnenschaft, die schwere Geschütze gegen das Gesetz auffährt. „Die | |
Forderung nach einer ausschließlichen Vollakademisierung ist eine | |
politische Forderung, die die Versorgung von Mutter und Kind nachhaltig | |
gefährdet“, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme des Berufsverbands | |
der Frauenärzte und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und | |
Geburtshilfe. Weder sei die Hochschulausbildung der Hebammen überhaupt | |
notwendig noch lasse sich das Problem des Hebammenmangels in Kreißsälen so | |
lösen. Im Gegenteil: Die Akademisierung werde zu noch mehr | |
Versorgungsdefiziten führen. | |
Frank Louwen, Leiter der Geburtshilfe und Pränatalmedizin im | |
Universitätsklinikum Frankfurt am Main und Vizepräsident der Deutschen | |
Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, fühlt sich missverstanden. | |
„Der Vorwurf, die Ärzte wollten die Akademisierung verhindern, ist grober | |
Unsinn“, sagt er. „Wir begrüßen jede Erweiterung im Bildungssystem.“ | |
Aber er bleibt dabei: „Wenn es so kommt, wie es sich Herr Spahn und die | |
Hebammenfunktionärinnen vorstellen, rennen wir in die Katastrophe.“ Wenn | |
die ersten Absolventinnen der Studiengänge 2024 fertig wären, würden nur | |
noch etwa halb so viele Absolventinnen wie bisher für die Kliniken | |
verfügbar sein. Wenn die Schulen nach und nach schließen, aber noch nicht | |
genügend Studiengänge an den Universitäten angeboten werden, werde sich der | |
jetzt schon akute Mangel an Hebammen in Kliniken noch weiter verschärfen. | |
„Die Folgen für Frauen während der Geburt“, prophezeit Louwen, „sind so | |
banal wie katastrophal.“ | |
## Auch die Arbeitsbedingungen müssen verbessert werden | |
Auch der Hebammenverband räumt ein, „dass die Zahl der Absolventinnen für | |
ein bis zwei Jahre etwas sinken“ könnte. Doch die noch für dieses Jahr | |
anvisierten 16 Studienstandorte sowie die Zahl der Studienplätze werde | |
schnell „massiv“ zunehmen, erklärt der Verband. „Und Fakt ist“, sagt | |
Präsidentin Geppert-Orthofer, „selbst wenn dreimal so viele Hebammen | |
ausgebildet werden könnten – wenn die Arbeitsbedingungen so schlecht | |
bleiben wie bisher, werden auch die nicht in die Kreißsäle gehen.“ | |
Die Kritik der ÄrztInnenschaft, vermutet die Bundestagsabgeordnete | |
Kappert-Gonther, habe ihren Grund darin, dass diese sich gegen einen | |
drohenden Machtverlust zur Wehr setze. Sie selbst hat 25 Jahre als Ärztin | |
gearbeitet. Es komme den PatientInnen zugute, sagt sie, wenn die | |
verschiedenen Berufsgruppen ihre Kompetenzen gleichberechtigt einbringen | |
würden. Doch in Deutschland sei die Geburtshilfe stark hierarchisiert. Zwar | |
muss eine Hebamme bei einer Geburt anwesend sein, und sie kann eine | |
natürlich verlaufende Geburt auch allein leiten. Erst bei Komplikationen | |
muss ein Arzt oder eine Ärztin hinzugezogen werden. In den vergangenen | |
Jahrzehnten allerdings habe sich der Bereich in eine Richtung entwickelt, | |
in der Hebammen immer weniger Einfluss haben, die lange männlich dominierte | |
Ärzteschaft dafür immer mehr. | |
Über die Jahre sei zudem ein „System von Fehlanreizen“ in den Kreißsälen | |
geschaffen worden, sagt Kappert-Gonther. Nicht Mutter und Kind stünden im | |
Mittelpunkt der Geburtshilfe, sondern der medizinische Aspekt der Risiken | |
und die Abläufe in den Kliniken: Wie werden die Schichtpläne gemacht, wie | |
funktioniert die Finanzierung? Dabei bringe jede Maßnahme, die die Geburt | |
beschleunigt, Geld. Wenn geschnitten wird oder es zu einem Kaiserschnitt | |
kommt, verdient die Klinik mehr. „Das bedeutet eine Missachtung zentraler | |
Bedürfnisse vieler Frauen“, sagt Kappert-Gonther. | |
Um wieder mehr Frauen in den Beruf zu bekommen, müssten die | |
Rahmenbedingungen geändert werden, sodass die Arbeit als Hebamme wieder | |
attraktiv sei, fordert sie: „Wir brauchen einen Kulturwandel, von der | |
Geburtsmedizin hin zur Geburtshilfe“. | |
Genau das sei auch ihre Kritik an dem Gesetz. Zwar sei es „wirklich gut“, | |
was die Akademisierung angehe. Doch all das, was die Situation in der | |
Geburtshilfe akut verbessern könnte, fehle. So sieht es auch der | |
Hebammenverband. Schon im Februar hat er deshalb eigene Eckpunkte für ein | |
Geburtshilfestärkungsgesetz vorgelegt. Hebammen, so der Verband, betreuten | |
in Deutschland mehr als doppelt so viele Gebärende wie in anderen | |
europäischen Ländern, etwa in England, Frankreich, Norwegen, der Türkei | |
oder der Schweiz. Die wichtigste Forderung des Verbands, um wieder | |
Vertrauen in das System zu schaffen: eine Verbesserung des | |
Personalschlüssels, bis eine Eins-zu-eins-Betreuung von Frauen während der | |
Geburt gewährleistet werden kann. „Sobald die Frau in der aktiven Phase der | |
Geburt ist“, fordert Geppert-Orthofer, „geht die Hebamme nicht mehr raus.“ | |
Zudem verlangen die Hebammen, dass die Krankenhäuser ihren jeweiligen | |
Betreuungsschlüssel veröffentlichen müssen, damit schwangere Frauen auch | |
auf dieser Basis entscheiden können, wo sie entbinden wollen. Hebammen | |
müssten von nicht berufsspezifischen Tätigkeiten wie putzen oder | |
Telefondienst entlastet werden. Und die Zusammenarbeit mit ÄrztInnen müsse | |
sich ändern. „Wir möchten, dass bei natürlich verlaufenden Geburten klar | |
ist, dass die Hebammen diejenigen sind, die den Ton angeben“, sagt | |
Geppert-Orthofer. | |
## Hebamme Annabelle Ahrens erzählt, wie es gehen kann | |
Im Sankt-Gertrauden-Krankenhaus in Berlin-Wilmersdorf werden einige dieser | |
Forderungen bereits umgesetzt. Die leitende Hebamme der Geburtshilfe, | |
Annabelle Ahrens, führt durch die Kreißsäle des Krankenhauses, drei Zimmer, | |
die von einem schlichten Flur abgehen. Eine Salzkristalllampe verströmt | |
warmes, gedämpftes Licht, neben flexibel verstellbaren Gebärbetten gibt es | |
eine Gebärwanne, Gymnastikbälle und ein sogenanntes Gebärseil. An diesem | |
Tuch, das an einem Haken an der Decke befestigt ist, kann sich die Frau | |
während der Wehen festhalten. | |
Freundlich und zugewandt erklärt Ahrens, wie hier gearbeitet wird. „Einen | |
typischen Tag gibt es nicht“, sagt die 44-Jährige. Sie hat an der | |
Evangelischen Hochschule in Berlin Hebammenkunde studiert, seit 2016 | |
arbeitet sie im Sankt-Gertrauden-Krankenhaus. „Wenn ich zur Arbeit komme, | |
weiß ich nie, ob ich wie heute einen leeren Kreißsaal vorfinde, ob ich eine | |
Erstgebärende mit Übungswehen habe oder ob ich in eine Akutsituation | |
springe und gleich ein Baby auffange.“ | |
Jahrelang sei auch in dieser Klinik in Unterbesetzung gearbeitet worden, | |
sagt sie. „Aber es ist doch nicht hinnehmbar, dass eines der reichsten | |
Länder der Welt es nicht schafft, Geburten so zu organisieren, dass Frauen | |
und Kinder dabei flächendeckend gut behandelt werden.“ Es sei nicht egal, | |
zitiert Ahrens den Arzt und Verfechter natürlicher Geburten, Michel Odent, | |
wie man geboren werde: Eine Geburt, die als selbstbestimmt und bestenfalls | |
sogar friedlich erlebt wurde, mache viel aus für das weitere Leben von | |
Eltern und Kind. | |
Auch Ahrens befürwortet die Akademisierung ihres Berufsstands. | |
Wissenschaftliches Arbeiten zu lernen, sich selbst Studien zu beschaffen | |
oder auch selbst zu forschen sei wichtig – ebenso wie das | |
Selbstverständnis, der studierten ÄrztInnenschaft in Kliniken auf Augenhöhe | |
begegnen zu können. So suchte Ahrens etwa das Gespräch mit ihrer | |
Klinikleitung. Und die sei bereit gewesen, sich auf das Experiment | |
einzulassen. Mit Erfolg: „Es mag paradox klingen, noch mehr Stellen zu | |
schaffen, wenn die vorhandenen nicht besetzt sind“, sagt Ahrens. „Aber in | |
dem Moment, in dem wir den Schlüssel hochgeschraubt haben, konnten wir alle | |
Stellen besetzen.“ | |
## 14 Hebammen für rund 900 Geburten im Jahr | |
Bald arbeiten 14 Hebammen im Sankt-Gertrauden-Krankenhaus, zwei von ihnen | |
haben studiert. Rund um die Uhr ist der mit bis zu 900 Geburten pro Jahr | |
kleinste Kreißsaal der Stadt mit zwei Hebammen besetzt, nachts hat eine von | |
ihnen Bereitschaftsdienst. In 95 Prozent der Fälle könne das Krankenhaus | |
mittlerweile eine Eins-zu-Eins-Betreuung während der Geburt gewährleisten. | |
„Voll besetzt zu sein und weitere Anfragen zu bekommen ist hierzulande eine | |
Seltenheit“, sagt Ahrens. „Aber es zeigt: Sobald sich die Arbeit auf | |
mehrere Schultern verteilt, sobald sich die Bedingungen verbessern, sind | |
die Hebammen auch wieder bereit, in der Klinik zu arbeiten.“ | |
Auch die vom Hebammenverband geforderte interprofessionelle Zusammenarbeit | |
versucht das Team des Sankt-Gertrauden-Krankenhauses zu verbessern. Einmal | |
im Monat bereitet entweder eine ÄrztIn oder eine Hebamme ein Thema vor, zum | |
Beispiel den Stand der Forschung zu Wassergeburten. „Dann gehen wir ins | |
Gespräch“, sagt Ahrens. „Oft stellt sich heraus, dass die | |
Diskussionslinien nicht zwischen ÄrztInnen und Hebammen verlaufen, | |
sondern quer zu den Berufsständen. Das ist doch schon mal ein guter | |
Anfang.“ | |
In einem anderen Berliner Krankenhaus kam Josephine Neuberts Sohn Lino nach | |
zwölf Stunden schließlich per Kaiserschnitt zur Welt, er ist heute drei | |
Jahre alt. „In der Zwischenzeit habe ich mich sehr viel mit dem Thema | |
auseinandergesetzt“, sagt Neubert. Sie hat den Geburtsbericht angefordert | |
und immer wieder Gespräche mit Hebammen geführt, um die Erfahrung | |
aufzuarbeiten. Gerade ist sie wieder schwanger. Dieses Mal soll die Geburt | |
anders laufen, sagt sie: Sie will ihr Kind zu Hause zur Welt bringen. | |
5 Sep 2019 | |
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