# taz.de -- Uber erschwert den Taxis das Geschäft: Taxifahrer fühlen sich ube… | |
> Seit zwei Jahren ist das Unternehmen Uber auf Berlins Straßen unterwegs. | |
> Die Taxifahrer der Stadt treibt das in finanzielle Not. | |
Bild: Haben mit Uber ein Problem: Taxis warten am Potsdamer Platz | |
Die Kamera filmt ihn heimlich von der Rückbank aus, drei Männer sitzen mit | |
im Auto. Der junge Mann fährt unsicher, mehrfach müssen seine Fahrgäste ihm | |
den Weg weisen. Er arbeitet noch nicht lange als Fahrer für das Unternehmen | |
Uber, kennt sich in Berlin nicht gut aus. Wie seine Arbeitskraft angemeldet | |
sei, fragen die drei Fahrgäste. Was er sonst mache, wie viel er verdiene. | |
Es ist ein regelrechtes Verhör, doch der Fahrer schöpft keinen Verdacht. Er | |
antwortet bereitwillig. | |
Die neugierigen Fahrgäste sind Taxifahrer, und sie kämpfen um ihr | |
wirtschaftliches Überleben. Die Konkurrenz durch das private | |
Dienstleistungsunternehmen Uber erschwert ihnen das Tagesgeschäft – vor | |
allem, weil Uber-Fahrer sich nicht an gesetzliche Regeln hielten, so der | |
Vorwurf der Taxifahrer. Mem Deisel, Berliner Taxi-Unternehmer, erklärt, | |
seine Umsätze seien innerhalb eines Jahres um 30 Prozent zurückgegangen. | |
Das gelte auch für andere Unternehmer der Branche. | |
Seit mittlerweile zwei Jahren sammelt eine Gruppe von Taxifahrern deshalb | |
Daten, die illegale Praktiken bei Uber und seinen Partnerunternehmen | |
beweisen sollen. Das heimlich gefilmte Video, das der taz vorliegt, ist | |
einer dieser Beweise. Außerdem haben sie jede Menge Fotos gesammelt, von | |
Uber-Fahrzeugen auf der Busspur oder wartend am Taxi-Stand beispielsweise. | |
Privilegien, die rechtlich der Taxibranche vorbehalten sind. | |
Eines der größten Ärgernisse in den Augen der Taxifahrer ist die fehlende | |
Durchsetzung der sogenannten Rückkehrpflicht. Sie gilt eigentlich für alle | |
privaten Fahrdienstleister und besagt, dass die Fahrer nur am Firmensitz | |
ihrer Arbeitgeber auf Aufträge warten dürfen. Sie dürfen nicht unterwegs | |
anhalten oder einen Umweg fahren, um die Zeit bis zu einem neuen Auftrag zu | |
überbrücken. Mit der Rückkehrpflicht soll nicht nur das Taxigewerbe | |
geschützt werden, sondern auch die Stadt vor noch mehr Autos, die ziellos | |
ihre Runden drehen. | |
## In den Straßen rund um Tegel | |
Uber ist in Berlin nicht Anbieter, sondern Vermittler von privaten | |
Fahrdienstleistungen. Örtlich ansässige Mietwagenunternehmen können sich | |
auf der Uber-Plattform registrieren und Fahrten anbieten, die Uber-Nutzer | |
buchen dann eine Fahrt in einem Mietwagen. Die Mietwagenfirmen bezahlen für | |
die Kundenvermittlung bis zu 25 Prozent ihrer Einnahmen als Provision an | |
Uber, sagt ein Sprecher des global tätigen Konzerns der taz. Man gehe davon | |
aus, dass die Partner-Unternehmen aus der Mietwagenbranche sich an | |
geltendes Recht hielten, und habe keine Erkenntnisse, dass dem nicht so | |
sei. | |
Solche Erkenntnisse haben dafür die Taxifahrer und belegen das mit | |
zahlreichen Fotos. Sie dokumentieren, wie Uber-Fahrzeuge über Nacht in | |
Berlins Straßen parken, obwohl an den entsprechenden Orten kein | |
Mietwagenunternehmen gemeldet ist. Im versteckt gefilmten Video fragen sie | |
den jungen Fahrer, wie das mit der Rückkehrpflicht funktioniert. Viele | |
Uber-Fahrer hielten sich nicht an die Regel, erklärt er. Am Flughafen | |
beispielsweise könne man immer problemlos ein Uber-Fahrzeug buchen, dabei | |
seien nur wenige Mietwagenunternehmen in der Gegend gemeldet. Die Fahrer | |
würden also in den Straßen rund um Tegel warten, bis eine Buchung sie | |
erreiche. | |
Die gängige Praxis in Sachen Rückkehrpflicht ist aufgrund einer rechtlichen | |
Einschränkung schwierig zu verhindern: Wenn während einer privaten | |
Fahrdienstleistung ein neuer Auftrag eingeht, darf der auch angenommen | |
werden, erklärt eine Sprecherin des Labo, des Berliner Landesamts für | |
Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, das für die Kontrolle von Fahrdiensten | |
wie dem von Uber zuständig ist. Uber erklärt, man könne die Einhaltung der | |
Rückkehrpflicht selbst gar nicht überprüfen. Die Mietwagenunternehmen seien | |
schließlich nicht exklusiv an Uber-Aufträge gebunden, sondern könnten auch | |
Aufträge annehmen, die sie nicht über die App, sondern zum Beispiel | |
telefonisch erreichten. | |
Dank seiner rein vermittelnden Rolle ist Uber rechtlich nicht zu belangen. | |
„Es besteht für eine Vermittlung von Fahraufträgen keine | |
Genehmigungspflicht“, erklärt eine Sprecherin des Berliner Verkehrssenats | |
der taz. „Aufgrund wiederholter Betriebsprüfungen bei Uber-Vertragspartnern | |
ist nach wie vor davon auszugehen, dass es sich bei UberX um eine reine | |
Vermittlungsplattform handelt.“ UberX ist das in Berlin aktive | |
Uber-Angebot. | |
## Funktionierende Kontrollen wichtig | |
Für das Fehlverhalten einzelner Fahrer ist Uber also nicht verantwortlich. | |
Umso wichtiger wären funktionierende Kontrollen des Labo. Deisel, der | |
Berliner Taxiunternehmer, sagt der taz: „Wir werden von der Politik im | |
Stich gelassen.“ Man habe dem Labo die Beweise, die der taz vorliegen, | |
ebenfalls präsentiert, passiert sei nichts. | |
Der junge Uber-Fahrer im Video sagt, auf das Labo angesprochen, nur | |
schulterzuckend: „Bestimmt gibt’s Kontrollen. Aber ich habe noch keine | |
erlebt.“ Deisel sieht deshalb auch die Verbraucher in der Pflicht. „Wird | |
die Rückkehrpflicht nicht eingehalten, fallen Parkplätze weg, es gibt mehr | |
Staus wegen der Mehrzahl an Fahrzeugen, die Umwelt wird belastet“, sagt er. | |
Uber-Nutzer müssten zudem damit rechnen, bei einem ähnlich | |
orientierungslosen Fahrer wie dem jungen Mann im Video einzusteigen. | |
Anders als Taxifahrer müssen Mietwagenfahrer keine Ortskundeprüfung | |
ablegen, sondern lediglich einen kleinen P-Schein beantragen. Der kostet 60 | |
Euro, hinzu kommen 100 Euro für eine verpflichtende ärztliche Untersuchung. | |
„Ein Antrag, das war es“, sagt der Uber-Fahrer im Video, während er gerade | |
falsch abbiegt. | |
11 Oct 2019 | |
## AUTOREN | |
Lukas Waschbüsch | |
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